Torhüter Claus Reitmaier patzt bei seiner Premiere in der Anfangsphase, rettet der SV Halstenbek-Rellingen später aber das 1:1 gegen Bergedorf 85.

Halstenbek. Wer zu spät kommt, den bestraft der Gegner mit einem Kopfballtor. In der Fußball-Oberliga ist das nicht anders als in der Bundesliga. Der frühere Profi-Keeper Claus Reitmaier merkte das beim Debüt für die SV Halstenbek-Rellingen im Heimtreffen gegen Bergedorf 85 (1:1). Schon in der fünften Minute schlug es bei ihm ein, ohne dass der Mann im grauen Pullover und der weißen Hose den Ball vorher auch nur einmal berührt hatte.

Erfahrung von 335 Erstligaspielen zahlt sich zwangsläufig aus

Der Bergedorfer Spielmacher Sascha de la Cuesta schlug einen Freistoß aus halblinker Position an die Fünfmeter-Linie. Reitmaier eilte dem Ball entgegen und verfehlte ihn mit der rechten Faust, möglicherweise von der tief stehenden Sonne geblendet. Die Gäste feierten Torschütze Ishmael Brown. Sascha Meß, Innenverteidiger des TSV Sparrieshoop, der vorher gegen die HR-Zweite (3:3) gespielt hatte, sprach aus, was alle dachten: "Wenn der Torwart rauskommt, muss er ihn haben."

Auch Reitmaiers zweite Aktion - ein unsauberer Befreiungsschlag - erzeugte noch Stirnrunzeln. Mit der Erfahrung von 47 Jahren und 335 Erstligaspielen aber steckte die prominente Halstenbeker Neuerwerbung beide Fehler weg. In der neunten Minute pflückte er einen Kopfball von Andreas Akyol wie selbstverständlich lässig mit einer Hand herunter. In der 70. Minute warf er sich tollkühn Michael Meyer vor die Füße und bewahrte sein Team so vor dem neuerlichen Rückstand. Von diesem Moment an schienen die Bergedorfer beim Anblick des Torwarts wie das Kaninchen vor der Schlange zu erstarren. Mehrfach noch verfehlten sie aussichtsreich Reitmaiers Arbeitsplatz. Negative und positive Aktionen gegeneinander aufgerechnet darf man Reitmaiers Comeback also als geglückt bezeichnen. Trainergattin Marion Bliemeister nahm eine klare Pro-Reitmaier-Haltung ein: "Wir sollten mal alle froh sein, dass wir ihn haben. Wer hätte denn sonst die Pfosten bewachen sollen, etwa Co-Trainer Andreas Hermeling? Außerdem besteht Mannschaftssport meines Wissens darin, die Fehler seines Teamgefährten auszubügeln." Das hätte Ehemann Thomas Bliemeister nicht besser formulieren können.

Als Richert per Strafstoß ausgleicht, geht es für Reitmaier erst richtig los

Zumindest der Ausgleich ist den Halstenbekern in der 32. Minute dann ja auch gelungen. Nach einem schönen Solo setzte Cihad Karakas zum Schuss an, da wurde er von Oliver Ioannou gerempelt. Es gab Gelb für den Bergedorfer und Strafstoß für die Spielvereinigung, den Sascha Richert mit einem platzierten Schuss in die Ecke rechts unten sicher verwandelte. Reitmaier im anderen Strafraum klatschte kurz in die Hände, spuckte in die Torwartschuhe und rieb sich mit dem Ärmel die Nase: "Jetzt geht's los . . ." Zumindest gab es noch eine Szene, in der sich die HR-Fans unter den 220 Besuchern die Haare rauften. Im Strafraumgetümmel drehte sich Hendrik Boesten um Tobias Braun herum, der wie ein Maikäfer am Boden zappelte. Boesten musste den Ball nur noch ins leere Tor schießen, doch dann flog der Ball rechts vorbei (55.). Vielleicht lag es ja daran, dass der Torjäger überhaupt nicht ins Spiel eingebunden war. Umso häufiger landete der Ball bei Regisseur Berkan Algan, dem aber - zumeist sofort von zwei Gegenspielern attackiert - gar nichts gelingen wollte.

Claus Reitmaier stellte sich noch zu einem Radio-Interview, nachdem ein Video-Team von Kicker TV ihm und der Mannschaft bereits am Donnerstag einen Besuch abgestattet hatte. Die jungen HR-Keeper Thomas Brandt und Maximilian Rohrbach, beide verletzt, können ihn mal fragen, wie er es geschafft hat, sein Missgeschick auszublenden und Ruhe auszustrahlen.