Die A-Junioren von Blau-Weiß 96 blicken auf ein lehrreiches Fußballjahr mit dem ehemaligen St. Pauli-Profi Thomas Meggle als Trainer zurück.

Schenefeld. Zur zweiten Halbzeit hat sich Thomas Meggle, 37, am Imbiss noch rasch einen Becher Kaffee besorgt. Nach fast jedem Schluck ist ein Ruf aufs Spielfeld zu hören: "Kommt Leute, feuert euch an. Gut so, Pascal. Ne Gelbe auf Zuruf, meine Fresse. Jan Galke, hör auf zu bolzen." Etwas eingeschüchtert wirkt der Schiedsrichter, als sich Meggle nach dem Abpfiff vor ihm aufbaut: "Du hast meinen Jungs einen Traum genommen." Unruhig flackert sein Blick noch später hin und her, die Füße scheinen ja gar nicht still stehen zu können. "Ich gebe 100 Prozent, genau wie die Spieler", sagt der Mann, der während seiner aktiven Zeit beim FC St. Pauli einst als Welt-Pokalsieger- Besieger Fußball-Geschichte schrieb.

Ein aufregendes Spiel und eine lehrreiche Zeit liegen hinter den A-Junioren von Blau-Weiß 96. Mit riesigem Vorsprung stehen sie schon vor dem nahenden Saisonende als Meister der höchsten Hamburger Spielklasse (Verbandsliga) fest. Im Oddset-Pokal verpassten sie den Einzug in das Halbfinale mit einer 1:2 (0:0)-Niederlage gegen den Hamburger SV, der die Saison in der Bundesliga, Staffel Nord/Nordost, als Dritter beenden wird.

200 Zuschauer, doppelt so viele wie zu den meisten Punktspielen des Herrenteams in der Landesliga, durften in der 55. Minute, als Pascal Haase einen Eckball von Gary Voorbraak einköpfte, auf eine Sensation hoffen. Dann aber brachte Trainer Thomas Meggle kein Verständnis dafür auf, dass der Unparteiische ein Handspiel im HSV-Strafraum, das einem Torerfolg von Daniel Alvarez entgegenstand, weder mit Rot noch mit Elfmeter ahndete (58.). Mit zwei späten Treffern führten die Hamburger die Wende herbei. "Ich werd wahnsinnig", schimpfte Meggle.

Der Wahnsinn begann für die Schenefelder Talente vor einem Jahr, als der damalige Trainer Guido Krenzk als Nachwuchs-Koordinator zu TBS Pinneberg wechselte. Auf dessen Tipp hin kam es zur Kontaktaufnahme mit Thomas Meggle, "mit dem wir uns schnell einig wurden" (Abteilungsleiter Andreas Wilken). Kapitän Jan-Niclas Galke, der aufgrund besserer sportlicher Perspektiven vor zwei Jahren von Holsatia/EMTV an die Düpenau gewechselt war, zeigte sich vom kumpelhaften Auftreten des Neuen angetan: "Wir durften gleich Thomas oder Trainer zu ihm sagen."

Dem gebürtigen Münchener in Hamburg haftet das Image eines Stars an

Dabei haftet dem gebürtigen Münchener in Hamburg das Image eines Stars an, nachdem er 75 Erstligaspiele und 92 Partien in der 2. Liga, vorwiegend für den FC St. Pauli, bestritt. Zu den Höhepunkten seiner Laufbahn zählte das 2:1 über Bayern München während der Saison 2001/2002, als er das 1:0 erzielte und sich damit am Millerntor unsterblich machte.

Was ihm in Schenefeld neben dem sportlichen Erfolg hoch angerechnet wird: Er hat den Jungspunden, unterstützt von Spielervater Danny Voorbraak, Disziplin eingeimpft. Jan-Niclas Galke kann sich jedenfalls an keine Rote Karte erinnern. Und Meggle hat jeden Einzelnen mit viel Arbeit ausschließlich am Ball, dreimal die Woche, ein Stück weiter gebracht. Galke, Gary Vorbraak, Frederik Steen, Tobias Trulsen, Florian Härter und Christian Rohwedder werden zukünftig für die Schenefelder Herren in der Landesliga kicken.

Stürmer Pascal Haase entschied sich für ein Angebot des SV Rugenbergen (Oberliga), vier weitere Akteure konnten dem Begehren des SV Lurup (Oberliga-Aufsteiger) nicht widerstehen. Interessenten stehen nach Aussage von Andreas Wilken Schlange, die Lücken zu schließen. Es hat sich herumgesprochen, dass bei Blau-Weiß 96 gute Nachwuchsarbeit geleistet wird.

Schon ihre Abschlussfahrt am 16. Juni in die Nähe von Lübeck und die fernere Zukunft der Schenefelder A-Junioren finden allerdings ohne Thomas Meggle statt. Der gehört zu den wenigen Privilegierten, die in Bad Honnef die Fußball-Lehrer-Lizenz des DFB erwerben dürfen. Am 4. Juni geht's los, immer von montags bis mittwochs, zehn Monate lang.

Zudem arbeitet Meggle weiterhin als Co-Trainer des FC St. Pauli und ist mit der Beobachtung von gegnerischen Mannschaften beauftragt. Nach der Trennung von Helmut Schulte erklärte er seine Bereitschaft, sich vorübergehend die Aufgaben des Sportchefs gemeinsam mit weiteren ehemaligen Liga-Größen (Jens Duve, Stefan Studer) aufzubürden. Die Schenefelder aber werden "Mr. 100 Prozent" als Freund, der auch im Stress immer für sie Zeit hatte, verabschieden. Jan-Niclas Galke: "Alle Spieler haben seine Telefonnummer. Wenn wir Rat brauchen, können wir ihn anrufen."