Nach dem 0:1 gegen Vorwärts/Wacker übt Rugenbergens Trainer Ralf Palapies schonungslose Kritik an Sebastian Obe.

Bönningstedt. Der Frühling erwacht, das Betriebsklima wird rau bei den Oberliga-Fußballern des SV Rugenbergen, die den Punktspielbetrieb nach der Winterpause mit einer 0:1 (0:0)-Heimniederlage gegen den bisherigen Tabellenvorletzten Vorwärts/Wacker Billstedt aufnahmen.

Noch lange nach dem Abpfiff hockte Sebastian Obe auf der Bank der Bönningstedter und wusste nicht, was ihm mehr Schmerzen bereitete: In der 66. Minute das entscheidende Gegentor von Juro Julardzija mit einem Fehlschuss verschuldet zu haben oder von Trainer Ralf Palapies in selten krasser Form an den Pranger gestellt worden zu sein. "Diese Aktion war eine bodenlose Unverschämtheit. Wir müssen Klartext reden", diktierte der aufgebrachte Coach dem Reporter in den Notizblock. Damit begann Palapies dann auch sofort, als sich Obe mit gesenktem Kopf dazu gesellte und um Vergebung bitten wollte.

Der Sündenbock soll sich im Training wieder anbieten

"Du ziehst den ganzen Klub runter", brüllte der Trainer dem Spieler ins Gesicht. Widerspruch zwecklos. Der erfahrene Obe, 28, einer der Aufstiegshelden von 2010, setzte sich wort- und fassungslos zum verletzten Fin Heidebrecht und dem ausgewechselten Sören Lühr. Noch Stunden nach dieser harten Kritik wollte Palapies von Versöhnung nichts wissen. Der Trainer erklärte, warum: "Seit Monaten sprechen wir darüber, wie wir uns im Abstiegskampf zu verhalten haben. Wir waren uns einig, dass es nicht reicht, sich für Fehler zu entschuldigen, sondern dass wir diese Fehler vermeiden müssen."

Minutenlang hatten Palapies und Co-Trainer Knut Aßmann vor dem Beginn der zweiten Halbzeit auf Obe eingeredet, ihm genau erklärt, was sie von ihm nach seiner Einwechselung auf der rechten Seite anstelle des angeschlagenen Sören Lühr erwarteten. Oberste Prämisse: "Keine Risiken eingehen." Genau das aber machte Obe für den Geschmack des Trainergespanns mit seinem wirren Abspiel ohne jede Not. Julardzija lief noch einige Schritte mit dem Ball auf das Tor von Dennis Schultz zu und ließ dem SVR-Keeper mit seinem wuchtigen Schuss keine Abwehrmöglichkeit. "Basti, worüber reden wir die ganze Zeit? Reiß dich zusammen", rief Palapies über den ganzen Platz.

Der Druck, der auf ihm lastet, muss riesig sein, wenn er einen Einzelnen derartig bloß stellt. In den vergangenen Tagen gingen gleich drei Oberligatrainer über Bord. Wer garantiert dafür, dass es eines Tages nicht auch den bislang unumstrittenen Palapies trifft? Der Abstand zu den Billstedtern beträgt nur noch drei Punkte, vor allem aber könnte eines Tages noch der USC Paloma nachdrängen. Klare Traineransicht: "Jetzt stecken wir mittendrin im Sumpf."

War es das letzte Spiel von Sebastian Obe, der im Sommer nach abgeschlossenem Studium und vor seinem Eintritt ins Berufsleben eine dreimonatige Auszeit im Ausland nimmt, im Trikot des SV Rugenbergen? Worte und Mimik des Spielers deuten darauf hin: "Meinen bitteren Fehler sehe ich natürlich ein. Wie aber soll ich bloß auf diese scharfe Kritik reagieren?" Palapies: "Wir trainieren die nächste Woche viermal. Dann kann er sich wieder anbieten. Wenn nicht, ist mir das auch egal."

Die Teamgefährten hätten Obe aus der Schusslinie nehmen können. Dann aber versagten auch die meisten anderen, und zwar gegen ein harmloses Billstedter Team, das mit Ausnahme von Torwart Bernd Kruschewski niemals Oberligaansprüchen genügte. Matthias Chmielewski und Christian Dirksen "krönten" ihre schwachen Leistungen in der 38. Minute mit dem Auslassen einer Doppelchance. Tibor Nadj - konstruktives Debüt als Spielmacher vor der Abwehr, bevor ihn die Kräfte verließen - hatte Pech mit einem 16-Meter-Schuss, drüber (55.). Im Getümmel drückte Tim Vollmer den Ball an den linken Pfosten (73.).

Lediglich 18 Punkte sorgen in Bönningstedt für Alarmstimmung

Trotz einer Gelb-Roten Karte für ihren Manndecker Kim Liebermann, der erst den ansonsten beinahe unsichtbaren Daniel Brehmer foulte (44.) und dann Dirksen zu Boden zog (79.), und obwohl zum Schluss sogar Dennis Schultz stürmte, retteten sich die Gäste über die Zeit. Palapies: "Wir haben alles verkehrt gemacht. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass wir dieses Spiel noch drehen würden." Wenn schon keiner dem anderen Trost spendet, dann vermag dies auch nicht die Statistik. In der vergangenen Serie hatte der SV Rugenbergen nach 19 Partien 25 Punkte auf dem Konto, diesmal sind es erst 18 - Alarm.