Jens Schwedler bestreitet am Sonnabend nach 25 Jahren das letzte Titelrennen seiner Laufbahn. Das Abendblatt sprach vor der DM mit ihm.

Ellerbek. Es war 1986, da wurde in Berlin ein 18 Jahre alter Schlacks im Trikot des Radsport-Clubs Preetz deutscher Jugendmeister auf der Straße. 25 Jahre später will der inzwischen 43-jährige in Kleinmachnow am Rande von Berlin am Sonnabend noch einmal deutscher Meister werden. Danach beendet Jens Schwedler aus Ellerbek seine Rennfahrer-Karriere. In der hat er sich allein im Cross-Sport sechs nationale Titel und zwei Weltmeisterschaften erkämpft. Das Hamburger Abendblatt sprach mit dem Mann, der seit einem Jahrzehnt den Querfeldeinsport in Deutschland prägt, repräsentiert und entscheidend nach vorne gebracht hat.

Hamburger Abendblatt:Herr Schwedler, insgesamt acht deutsche Meistertitel, davon sechs im Cross-Sport: Aus welchen Tiefen ihrer Persönlichkeit entspringt dieser Ehrgeiz seit einem Vierteljahrhundert?

Jens Schwedler: (am 8. Februar 1968 in Neumünster geboren) Ich war neun Jahre alt, da bin ich die ersten Rennen gefahren. Von frühester Jugend an zählt für mich: Wenn ich trainiere, möchte ich mich auch mit anderen messen. Wenn ich mich mit anderen messe, will ich auch der Beste sein.

Auf was sind Sie neben der stolzen Titelsammlung am meisten stolz?

Schwedler: Auf die Siege und Titel der Radsportler, die ich als Trainer und Teamchef betreue und führe. Beim Radhersteller und -Händler Stevens habe ich 1998 zunächst das Mountainbike-Team und 2003 das Cross-Team übernommen. In diesen Jahren haben wir an die 80 deutsche Meisterschaften gewinnen können.

Sie leben also nicht nur für, sondern auch vom Radsport?

Schwedler: Genau, als Selbständiger aber. Ich hatte meine eigene Kleiderkollektion, habe bei Stevens auch die Cross-Räder mit entwickelt, die ein Erfolgsschlager geworden sind.

Mit 43 Jahren, da stellt man sich ja gerne mal hin: Mein Haus, mein Auto, meine Frau, meine Kinder ...

Schwedler: Nein, so materialistisch bin ich nicht eingestellt. Vom Denken her zählt für mich nicht das Geld, sondern der Sport zuerst. Und der Erfolg und damit auch die Hingabe zum Sport.

Sind Sie ein großer Junge geblieben?

Schwedler: Ja, definitiv! Ich bin auch nach wie vor mit viel Idealismus bei der Sache. Das gehört zu meinem Leben dazu, genau wie der Spaß und auch die Treue zu den Sportler, die ich betreue, manche von ihnen schon seit zehn und mehr Jahren.

Was aber ist mit Familie und Kindern?

Schwedler: Verheiratet bin ich nicht. Aber da ist Annika, meine 13-jährige Tochter. Die lebt bei ihrer Mutter in Bonn.

Und ist völlig unsportlich?

Schwedler: Im Gegenteil. Als Schwimmtalent beim Bonner SC zählt sie in ihrem Jahrgang zu den Top drei in Deutschland. Vom Sommer an wird sie das Sportinternat in Essen besuchen.

Persönlich hatten Sie Sich auf die Fahnen geschrieben, den Querfeldeinsport in Deutschland wieder populär zu machen. Ist Ihnen das geglückt?

Schwedler: Als ich vor zehn Jahren das erste Mal deutscher Meister wurde, waren in diesem Elite-Rennen 35 Fahrer am Start. Bei den Titelkämpfen am Wochenende in Kleinmachnow werden es mehr als 100 sein, und das allein im Eliterennen. Insgesamt nehmen mehr als 450 Fahrer daran teil. Es gibt ohnehin heute mehr als doppelt so viele Veranstaltungen im Jahr, und es gibt immer häufiger auch Cross-Rennen für Jedermänner. Frauen und Männer über 40, die sich für ihre Fitness abstrampeln, wechseln immer häufiger von der Straße in den Wald. Der Cross-Sport boomt, auch in Deutschland.

Aber Glanz in die Augen bekomme deutsche Fahrer erst, wenn sie von Rennen in Belgien erzählen.

Schwedler: Dort, im flämischen Teil des Landes vor allem, sind Querfeldreinrennen so populär wie bei uns die Fußball-Bundesliga. Da kommen bis zu 50 000 Besucher, die Veranstaltungen werden als großes Spektakel aufgezogen. Die Stars der Szene haben eigene Fernseh-Shows und gehören zu den Einkommens-Millionären.

Wird einer Ihrer Radsportlehrlinge auch einmal das große Geld verdienen können?

Schwedler: Ja, der Hamburger Ole Quast beispielsweise hat durchaus Ansätze dafür. Allerdings, ein Talent muss nach Belgien gehen, nur von dort aus kann man zum großen Star aufsteigen.

Wird es den Rennfahrer Jens Schwedler nach dieser deutschen Meisterschaft wirklich nicht mehr geben?

Schwedler: Trainieren werde ich noch, auch als sportlicher Leiter mit den Stevens-Fahrern. Aber ich will mir keine Rückennummer mehr anheften lassen.

Also beginnt für Sie nun ein ganz neues Leben?

Schwedler: Nein. Mein Leben wird sich weiter um Fahrräder und um den Cross-Sport drehen. Aber ich werde für Stevens mehr Repräsentationen und Events organisieren.

Wenn Sie am Sonnabend um 14 Uhr im weißen Trikot des Titelverteidigers in der ersten Reihe starten ...

Schwedler: ... dann will ich meinen neunten und letzten deutschen Meistertitel gewinnen.