Nach dem starken Abschneiden bei der DM kann Springreiterin Janne Meyer beim Großen Preis von Aachen die Nominierung klar machen.

Schenefeld. "Wir haben ein schönes Problem", sagt Bundestrainer Heinrich-Hermann Engemann, 52. "Unsere Springreiter siegen und siegen. Deshalb ist es eine schwierige Aufgabe, die beste Mannschaft für die Olympischen Spiele in London zu nominieren." Eine heiße Kandidatin ist Janne Friederike Meyer, 31, aus Schenefeld. Aber ein Platz im Olympiateam ist ihr trotz der überragenden Leistungen bei den deutschen Meisterschaften in Balve (Sauerland) noch nicht sicher. Der Sieg mit La Coco bei den Damen und Platz zwei mit Cellagon Lambrasco bei den Herren spielen da keine große Rolle.

"Die Entscheidung fällt am 9. Juli, einen Tag nach dem Großen Preis beim CHIO-Turnier in Aachen", bestätigte der in Bissendorf (Osnabrücker Land) beheimatete Bundestrainer Engemann dem Abendblatt. An diesem Tag tritt der Springausschuss des Deutschen Olympiadekomitees für Reiterei in Warendorf zusammen. Dann werden die Ergebnisse dieses Jahres gründlich analysiert und vier Reiter sowie ein Ersatzmann/-frau für Olympia Ende Juli in der britischen Metropole nominiert.

Carsten-Otto Nagel ist für London auch noch mit vorzumerken

"Ich habe Janne Meyer in Hamburg und jetzt in Balve aufmerksam beobachtet", sagt Heinrich-Hermann Engemann. "Sie ist schon sehr gut in Form und liegt gut im Rennen. Aber das trifft auch auf Mitbewerber wie Ludger Beerbaum, Christian Ahlmann, Philipp Weißhaupt und andere zu. Und dann haben wir ja auch noch Vize-Europameister Carsten-Otto Nagel." Wenn sich dessen WM-Stute Corradina, die gerade von ihrer Zahnoperation genesen ist, bei den Turnieren in Rotterdam und Aachen bewähre, sei der Team-Weltmeister aus Wedel auch wieder chancenreich.

Gleichwohl steht Janne Friederike Meyer bei den beiden Bundestrainern Otto Becker und Heinrich-Hermann Engemann hoch im Kurs: "Wir kennen sie ja schon lange", sagte Engemann. "Janne wurde über die Jahre behutsam aufgebaut und hat alle Chancen genutzt. Nun liegt es an ihr, in Aachen alles klar zu machen, um ihren Platz in der Olympia-Equipe zu erreichen." Im vergangenen Jahr hatten Janne Meyer und Lambrasco in der Aachener Soers für die große Überraschung gesorgt und vor 40 000 Zuschauern den Großen Preis gewonnen.

Schleswig-Holsteins "Sportlerin des Jahres" musste sich am Montag mit einigen Problemen beschäftigen. Bis zum späten Nachmittag wartete Janne Meyer vergeblich auf ihre Pferde. Der Lastkraftwagen mit ihren Vierbeinern an Bord, gesteuert von einer Pflegerin, war auf dem Rückweg von Balve stehen geblieben - Gaszug gerissen. Der ADAC kam, konnte allerdings nicht helfen.

Janne, schon zu Hause in Schenefeld bei den anderen Pferden, rief ihre Reiterkollegin Kathrin Müller an. Die von ihr bezwungene Vizemeisterin wohnt in der Nähe von Balve. Die schickte einen Bereiter, und der brachte Lambrasco, La Coco und Holiday by Solitour zurück nach Balve. Dort standen sie, bis sie abgeholt wurden.

Im Hinblick auf Olympia äußert sich Janne Meyer optimistisch: "Ich glaube, mit Lambrasco habe ich einen weiteren großen Schritt gemacht. Er hat gezeigt, dass er eines der verlässlichsten Pferde ist, egal ob auf Gras oder Sand. Das ist unsere Stärke." Lambrasco, in Balve ohne jeden Abwurf, wird jetzt nur noch bei einem Trainingsturnier - möglicherweise in Spangenberg - starten, danach nur noch in Aachen.

Glücklich ist die dreimalige deutsche Meisterin auch darüber, dass sie mit La Coco (neben Janne sind ihr Trainer Tjark Nagel und Jürgen Fitschen weitere Mitbesitzer) ein Pferd im Stall hat, das zu großen Hoffnungen berechtigt. "Die Stute, die ich erst ein halbes Jahr reite, hat viel Talent, aber dass sie in Balve schon so überragend gegangen ist, war für mich eine Überraschung", sagt Janne Meyer. "Ich werde ihr Zeit geben, sie soll langsam in den großen Sport hineinwachsen."

Einer der größten Fans von La Coco ist Willi Heineking aus Stolzenau im Landkreis Nienburg/Weser. Und das hat seine besondere Bewandnis. Der 68 Jahre alte Landwirt hatte am Montag in der Zeitung von Janne Meyers Sieg mit La Coco in Balve gelesen. "Darüber freue ich mich sehr", sagte Heineking.

Seine Freude war verständlich. Heineking züchtet seit vielen Jahren Oldenburger Pferde. Aus seiner Zucht stammt auch die zehnjährige Stute La Coco. "Dieses Pferd ist nicht sonderlich groß, aber es hat ein enormes Sprungvermögen", erklärt der Züchter. "Ich bin froh, dass die Stute nun von einer so guten Reiterin wie Janne Meyer geritten wird. Ich werde sie in den nächsten Tagen anrufen und sie fragen, ob ich, wenn La Coco irgendwann ihre sportliche Laufbahn beendet, sie zurückkaufen und in der Zucht verwenden kann." Darauf angesprochen, meinte Janne Meyer lächelnd: "Es gibt jetzt schon weitere Interessenten." Aus Heinekings Zucht kommen erstklassige Springpferde, so Lex Lugar, mit dem Carsten-Otto Nagel vor zwei Jahren das Deutsche Springderby in Klein Flottbek gewann.