Zehn Minuten vor Schluss kassiert der SV Rugenbergen aufgrund einer fragwürdigen Strafstoß-Entscheidung den 1:1-Ausgleich in Meiendorf.

Bönningstedt. Im Zweifel für den Angeklagten, heißt es so schön in der deutschen Rechtsprechung. Angeklagter Kevin Beese, was haben Sie zu Ihrer Verteidigung vorzubringen? Ach, nur ein hilfloses Achselzucken, einen unschuldigen Blick und die Fragezeichen in Ihren Augen, was sie eigentlich verbrochen haben? Angeklagter Beese: Ich verurteile Sie zu einem Elfmeter und am 1:1 (1:0) des SV Rugenbergen auswärts gegen den Meiendorfer SV schuldig gewesen zu sein.

So also büßten die Bönningstedter Oberliga-Fußballer zehn Minuten vor dem Abpfiff zwei wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt ein. Schiedsrichter Murat Yilmaz (FC Türkiye) ahndete einen Zweikampf von Beese und dem eingewechselten Lennard Bahn mit Strafstoß, den Hannes Niemeyer zum Ausgleich verwandelte. Bahn hatte sich beim Versuch eines Seitfallziehers in den Gegenspieler hineingedreht, sollte sich der Jungverteidiger da in Luft auflösen?

Die Bönningstedter Raucherfraktion (Manager Andreas Lätsch, Trainer Ralf Palapies, Co-Trainer Knut Aßmann) zog nach Spielende entnervt an ihren Glimmstengeln. Keiner verspürte große Lust zu reden, erst einmal musste der Schmerz verarbeitet werden. "Der Schiedsrichter hat den Meiendorfern ein Geschenk gemacht", presste Aßmann zwischen den Lippen hervor.

Etwas weiter ging noch Oliver Engl, der in der 13. Minute nach einem Eckball das 1:0 der Gäste geköpft hatte. "So, wie ich Yilmaz kennen gelernt habe, mag er es, Mittelpunkt zu sein", urteilte der erfahrene Manndecker, der sich am Saisonende aus Unzufriedenheit über häufiges Reservistendasein vom SVR verabschieden wird, "aber so, dass wir uns immer in die Augen gucken können."

Allerdings meinte es Yilmaz auch einmal nicht gut mit den Meiendorfern, nämlich in der 88. Minute, als er MSV-Stürmer Sanchez Arboleda wegen eines gewöhnlichen Fouls an Kevin Lohrke die Gelb-Rote Karte zeigte. Gleich darauf war Schluss, wieder diskutierten die Bönningstedter mit Yilmaz. "Weil er trotz etlicher Unterbrechungen nur ein paar Sekunden nachspielen ließ. Wir hätten gerne noch ein bisschen mehr Zeit gehabt, unsere Überzahl auszuspielen", ärgerte sich Daniel Brehmer, der als "Sechser" in überzeugender Manier agierte.

Der Abstiegskampf nagt an den Nerven. Chefcoach Palapies musste sich nicht zum ersten Mal dieser Serie trotz vorheriger Ermahnung wegen ungebührlichen Verhaltens hinter die Barriere verziehen (85.). Am liebsten würde er ja mitspielen, das war zu sehen, als Beese den Ball nach einem schönen Zusammenspiel von Dennis von Bastian und Matthias Chmielewski überhastet das Ziel verfehlte (48.). Wie mit Sprungfedern unter den Füßen turnte er da in seiner Coaching-Zone herum. "Wenn ich mich im TV sehe, erschrecke ich mich", räumte der Dortmunder Meistertrainer Jürgen Klopp, 44, kürzlich ein. Dem drei Jahre jüngeren Palapies würde etwas mehr Gelassenheit auch gut zu Gesicht stehen.

Die Vorentscheidung hatte zuvor schon von Bastian verpasst, der den Ball nach Beeses Rückpass nicht sauber traf und aus 13 Metern links am Tor vorbei schoss (25.). Die Meiendorfer Angriffsbemühungen prallten zumeist ab, ein Verdienst vor allem von SVR-Abwehrchef Tim Vollmer, der sogar den schnellen Arboleda immer wieder clever ausbremste. Torwart Dennis Schultz organisierte seiner Vorderleute professionell und musste deshalb nur eine Glanztat verrichten.

Das war in der neunten Minute, als Chmielewski den Ball bei einem Freistoß in die verkehrte Richtung köpfte. Schultz verhinderte das Selbsttor mit einem Sturzflug in seine rechte Ecke. Einige Meiendorfer Halbchancen schlossen sich zwischen der 60. und 70. Minute noch an, insgesamt aber schienen die Bönningstedter dem MSV-Ansturm Stand halten zu können.

Dann bescherte ihnen ein fragwürdiger Pfiff weitere Zitterpartien gegen Eintracht Norderstedt, beim Oststeinbeker SV und gegen Bergedorf 85. Wer sicher nicht absteigen will, benötigt die klassischen 40 Punkte, der SV Rugenbergen hat erst 35.