Rellingen. Nach nur sechs Monaten geht Wirtschaftsförderin Susanne Popp in Rellingen. Nachfolger ist ein Bekannter von der Insel. Die Gründe.

Das ging schnell: Marketingfachwirtin Susanne Popp war erst im Juli des Vorjahres als Wirtschaftsförderin in Rellingen vorgestellt worden. Doch noch während der Probezeit wurde der Vertrag wieder gelöst, „im gegenseitigen Einvernehmen“, wie es nicht nur bei Star-Scheidungen so schön heißt. Eine Nachfolge ist nun aber bereits gefunden: Sven Siemens ist seit dem 1. Februar 2024 der neue Wirtschaftsförderer in Rellingen.

Der 52-Jährige ist auf Helgoland aufgewachsen, lebt aber schon seit 2015 mit Frau und zwei Kindern (6 und 7 Jahre) in Rellingen. Er soll den Wirtschaftsstandort Rellingen weiterentwickeln und Neuansiedlungen von Betrieben fördern. Erste Betriebe hat Siemens bereits in den ersten beiden Wochen als neuer Wirtschaftsförderer aufgesucht und sich den Unternehmern und Gewerbetreibenden vorgestellt.

Rellingens neuer Wirtschaftsförderer hat bei der Sparkasse gelernt

Schwerpunkt seiner Arbeit wird die Vermarktung der Flächen im neuen Gewerbegebiet B70 in der Tangstedter Chaussee, das die Gemeinde als grünes Gewerbegebiet bewirbt, da unter anderem Photovoltaik-Anlagen, Wärmepumpen und Gründächer geplant sind. Auf dem Areal sollen sich örtliche Handwerker ansiedeln. Die Flächen werden demnächst zur Entwicklung von der Gemeinde europaweit ausgeschrieben.

Hier noch mit Susanne Popp als Wirtschaftsförderin: Bürgermeister Marc Trampe (v.l.), Tom Rasmussen, Steffen Böhm-Rupprecht und Paul Raab von der IHK zu Kiel stehen im Maisfeld. An der Tangstedter Chaussee in Rellingen soll ein Gewerbegebiet für ortsansässige Handwerker entstehen.
Hier noch mit Susanne Popp als Wirtschaftsförderin: Bürgermeister Marc Trampe (v.l.), Tom Rasmussen, Steffen Böhm-Rupprecht und Paul Raab von der IHK zu Kiel stehen im Maisfeld. An der Tangstedter Chaussee in Rellingen soll ein Gewerbegebiet für ortsansässige Handwerker entstehen. © Pinneberg | Anne Dewitz

Der gebürtige Helgoländer hatte nach der Schule eine Ausbildung zum bei der Kreissparkasse Pinneberg (heute Sparkasse Südholstein) zum Bankkaufmann absolviert. Er pendelte zwischen Festland und Nordseeinsel, die Berufsschule war in Hamburg. Es folgte eine kurze Anstellung bei der Sparkasse und die Wehrpflicht beim Jägerbataillon.

Sven Siemens: „Auf Menschen zugehen, das kann ich.“

„Danach holte ich in Elmshorn mein Abitur nach und studierte Politikwissenschaften an der Universität in Hamburg“, sagt Siemens. Es folgt ein PR-Volontariat und eine Tätigkeit als Pressereferent bis 2005. Dann machte sich Siemens selbständig als Immobilienmakler und später als Personalvermittler in Hamburg.

Es folgte eine Anstellung als Researcher bei einem Personalvermittler, für den Siemens bis 2015 die Kaltakquise machte. „Auf Menschen zugehen und eine nette Gesprächsatmosphäre schaffen, kann ich“, sagt Siemens, der in Rellingen längst seine Heimat sieht.

Sven Siemens trat zweimal zur Bürgermeisterwahl auf Helgoland an

Als 2016 seine Tochter zur Welt kommt, entschließt er sich, zu Hause zu bleiben und nutzt die Zeit, sich auch auf politischer Ebene zu engagieren. Er trat der FDP in Rellingen bei, wird auch auf Kreis- und Landesebene aktiv. Zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2017 trat er als bürgerliches Kreistagsmitglied für den Wahlkreis 23 (Uetersen, Wedel, Amt Geest und Marsch Südholstein) an, erhielt aber kein Mandat. Mittlerweile ist Sven Siemens wieder aus der FDP ausgetreten.

Zweimal stellte sich Sven Siemens auch als Bürgermeisterkandidat auf seiner Heimatinsel Helgoland zur Wahl. 1998, damals noch Student, verlor er gegen Frank Botter, gegen den er 18 Jahre später noch einmal antrat. Das war 2016. Siemens trat erneut zur Bürgermeisterwahl an, dieses Mal gegen den damaligen Amtsinhaber Jörg Singer und dem ehemaligen Bürgermeister Frank Botter. Siemens erreichte nur 9,4 Prozent und Jörg Singer blieb mit eindeutiger Mehrheit im Amt.

Wirtschaftsförderung Rellingen hilft, Fördertöpfe anzuzapfen

Die Wirtschaftsförderung Rellingen arbeitet eng mit den Wirtschaftsförderungen des Kreises Pinneberg, den Landesministerien, der Investitionsbank Schleswig-Holstein, der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH und der Hamburg Invest Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH zusammen.

Rellingens Bürgermeister Marc Trampe an seinem Schreibtisch im Rathaus. 
Rellingens Bürgermeister Marc Trampe an seinem Schreibtisch im Rathaus.  © Anne Dewitz | Anne Dewitz

„Auf diese Weise halten wir uns über die aktuellen Fördermöglichkeiten aus EU-, Bundes- und Landesebene auf dem Laufenden und können Unternehmen, von der Existenzgründung bis hin zum multinationalen Konzern, eine individuelle Fördermittelrecherche, und Beratung anbieten“, sagt Marc Trampe.

Gemeinde Rellingen zählt aktuell rund 1800 Unternehmen

Die gute Anbindung an die A23 und die Nähe zu Hamburg zeichnen die Gemeinde mit ihren drei großen Gewerbegebieten aus. Die knapp 14.000 Einwohner zählende Gemeinde Rellingen zählt rund 1800 Unternehmen. Täglich würden mehr Menschen nach Rellingen zur Arbeit kommen, als herausfahren würden, um zu arbeiten, betont Trampe.

Rellingen zählt elf der 10.000 wichtigsten Mittelständler Deutschlands an seinem Ort. Damit liegt Rellingen bundesweit auf Rang 132. Darunter auch Hidden Champions wie die Firma Hofmann. Das Unternehmen baut Spezialmaschinen für die Fahrbahnmarkierung.

Rellingen hat Weltmarktführer und Hidden Champions

Rellingen hat auch deutsche Weltmarktführer an seinem Standort, wie beispielsweise die Autoflug GmbH. Das Unternehmen stellt unter anderem Schleudersitze in Militärflugzeugen her. Das Unternehmen Yamaha Music Europe GmbH ist mit 821 Arbeitnehmern der größte Arbeitgeber.

Rellingen hat im vergangenen Jahr rund 21 Millionen Euro an Gewerbesteuern eingenommen. „Das ist viel für eine Gemeinde unserer Größe“, sagt Marc Trampe. Allerdings ließen sich die kommenden Einnahmen schlecht vorhersagen. Die Unternehmen hätten teilweise harte Jahre hinter sich.

Siemens: Die wirtschaftliche Lage in Rellingen ist etwas eingetrübt

„Wir befürchten einen Einbruch“, so Trampe. Daher sei der Hebesatz für die Gewerbesteuer auch nur moderat von 120 auf 125 Prozent angehoben worden. Die Gewerbesteuern seien im Vergleich zu Umlandgemeinden immer noch niedrig.

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„Die wirtschaftliche Lage ist etwas eingetrübt“, sagt Siemens. Die Rellinger Unternehmen und der Einzelhandel würden spüren, dass das Geld bei den Konsumenten nicht mehr so locker sitze. Auch der Fachkräftemangel sei ein großes Thema.

Fachkräfte könnten von Caspar-Voght-Schule kommen

Um dem entgegenzuwirken, arbeite man unter anderem eng mit der Caspar-Voght-Schule zusammen, habe dort eine Praktikumsbörse initiiert, um den Schülern in den Betrieben vor Ort Praktika zu vermitteln. Formate wie die Ausbildungsmesse vor zwei Jahren oder ein Berufsspeeddating würden gemeinsam mit der Caspar-Voght-Schule, an der rund 1200 Schüler unterrichtet werden, entwickelt.

Vom Wirtschaftsförderer erwartet Bürgermeister Trampe, dass er den Kontakt zu den Unternehmern hält, ein offenes Ohr für ihre Nöte und Sorgen hat. Der Ortskern solle weiter attraktiv bleiben und der Wirtschaftsförderer auch die Vernetzung zwischen den Unternehmern fördern. „Mit Sven Siemens hat Rellingen einen Fachmann, der die Gemeinde und die Schwerpunkte und Herausforderungen vor Ort kennt“, sagt Trampe.