Quickborn. Der Kultmoderator aus Quickborn soll nur noch vorproduzierte Sendungen liefern. Warum sich die TV- und Radiolegende dagegen wehrt.

Der legendäre Radio- und TV-Moderator Carlo von Tiedemann ist am Boden zerstört: Wie der NDR offiziell bestätigt, wird er künftig nicht mehr für Livesendungen beim Radiosender NDR 90,3 eingesetzt. Der 79 Jahre alte Quickborner wird aber nicht ganz aus dem Programm verschwinden: Er soll vorproduzierte Beiträge für die Sonnabendvormittag-Sendung liefern. Noch hofft der Kult-Moderator auf eine Meinungsänderung seines Arbeitgebers.

Seit 52 Jahren ist Carlo von Tiedemann, ein Nachfahre des Dramatikers Heinrich von Kleist, die Stimme des NDR. Nach seiner Zeit beim Hamburger Abendblatt ist er seit 1971 als freier Mitarbeiter für den Hörfunk und das Fernsehen tätig. 1971 begann er als Reporter beim „Mittagskurier“ von NDR 2. Zur damaligen Zeit war sein Onkel Heinrich von Tiedemann „Erster Redakteur“ der Hauptabteilung Politik Hörfunk beim NDR.

Seit über 20 Jahren ist er für NDR 90,3 im Landesfunkhaus Hamburg tätig, wo er bis zu seiner Herzoperation von Montag bis Freitag täglich live moderierte. Hinzu kam die Sonnabendsendung „Große Freiheit“, die er zuletzt am 1. Juli von 10 bis 14 Uhr moderierte.

NDR: Carlo von Tiedemann darf nicht mehr live senden

Doch damit ist jetzt vorbei. Bereits nach seiner Herzoperation im Februar – Carlo von Tiedemann leidet an der Herzkrankheit Amyloidose, bei der der Körper nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt wird – sei ihm von Funkhausdirektor Hendrik Lünenborg und Programmchefin Ilka Steinhausen mitgeteilt worden, dass er künftig nicht mehr live moderieren solle, berichtet Carlo von Tiedemann in einem Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt.

„Carlo hatte zuletzt mit gesundheitlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, worüber er sich ja auch mehrfach öffentlich geäußert hat“, teilt NDR-Sprecherin Lara Louwien mit. „Deshalb sind die Programmverantwortlichen einvernehmlich mit ihm übereingekommen, dass er nicht mehr live moderiert.“ Allerdings soll er weiterhin für seine Fans bei NDR 90,3 präsent sein.

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere: Von 1984 bis 1986 präsentierte Carlo von Tiedemann sonnabends „Show & Co mit Carlo“ im ZDF.
Auf dem Höhepunkt seiner Karriere: Von 1984 bis 1986 präsentierte Carlo von Tiedemann sonnabends „Show & Co mit Carlo“ im ZDF. © imago stock&people

Der NDR weiß: Carlo ist Kult

Lara Louwien: „Ab sofort ist Carlo immer am Sonnabendvormittag bei Ilka Petersen zu Gast mit seiner neuen Rubrik ,Carlo kennt sie alle…’. Dort erzählt er viel von dem, was er seit vielen Jahrzehnten mit den Stars und Sternchen der Showbranche erlebt hat. Kaum ein Moderator hat so viele Bands, Sängerinnen und Sänger getroffen, wie Carlo von Tiedemann. Das eine oder andere dieser Geheimnisse teilt er nun mit uns.“ Denn der Sender wisse: „Carlo ist Kult!“

Was die Verantwortlichen des Senders mit einem Federstrich erledigt haben, empfindet Carlo von Tiedemann, mit bürgerlichem Namen Carl Ferdinand Hanns-Joachim Franz Friedrich von Tiedemann, als Katastrophe. „Wir leben in eiskalten Zeiten“, sagt der Radio- und Fernsehmann, der in Quickborn mit Frau und Tochter ein Reihenhaus bewohnt. Die Entscheidung der Programmverantwortlichen erschüttert ihn umso mehr, da man ihn während seiner akuten Krankheitsphase „großartig“ unterstützt habe. Jetzt aber folge mit dem Hinweis „Du bist krank!“ quasi sein Rauswurf.

Victoria Voncampe und Carlo von Tiedemann: Sie präsentierten die „Aktuelle Schaubude“ gemeinsam 1977 und 1978.
Victoria Voncampe und Carlo von Tiedemann: Sie präsentierten die „Aktuelle Schaubude“ gemeinsam 1977 und 1978. © imago/teutopress

Carlo von Tiedemann sieht finanzielle Probleme auf sich zukommen

Das will der Moderator so nicht stehen lassen: „Ich bin gesund!“ Und er fügt selbstbewusst hinzu: „So etwas macht man mit einer Legende nicht.“ Er habe über 52 Jahre live gesendet. Vorproduzierte Beiträge seien für ihn kein Radio mehr. „Es tut weh.“

Psychische Schmerzen bereitet ihm die Entscheidung der Programmleitung auch aus anderen Gründen: Carlo von Tiedemann befürchtet finanzielle Probleme, wenn ihm seine Sendungen entzogen werden. Zwar bezieht er, wie jeder andere ehemals Berufstätige in seinem Alter, Rente, aber die reicht offenbar nicht aus, um den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu bestreiten.

Wie viel er als Moderator beim NDR verdient hat, verrät Carlo, wie er von fast allen genannt wird, nicht. Aber er lässt durchblicken, dass eine erhebliche Summe auf sein Konto überwiesen wurde. „Wenn man mich fragt, was ich verdient habe, dann sage ich nur: Die Summe, die ich künftig bekommen soll, habe ich nicht verdient.“

NDR: Carlo von Tiedemann darf nicht mehr live senden

Carlo von Tiedemann hofft, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist: In den nächsten Tagen werde es ein Gespräch mit Hendrik Lünenborg und Ilka Steinhausen geben. „Ich gehe davon aus, dass wir uns einigen werden.“

In die Schlagzeilen ist der NDR-Moderator erst in den vergangenen Tagen geraten, weil bekannt wurde, dass er auch um seinen Führerschein bangen muss. Nach einem selbstverschuldeten Unfall im Januar muss er jetzt ein ärztliches Attest beim Amt einreichen, das bestätigt, dass er fahrtauglich ist. Der Fachdienst Straßenverkehr des Kreises Pinneberg fordert von ihm eine „Überprüfung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen“.