Rellingen. Solidarität mit der Ukraine: Elektronik-Unternehmensgruppe schickt in die Krisengebiete, was die Menschen dringend benötigen.

Auf Werbeartikel geben viele Menschen ja gar nichts mehr. Ob Kugelschreiber oder USB-Stick, schnell verschwinden sie in der nächsten Schublade. Anders wird es wohl den Merchandise-Rucksäcken aus Andreas Bautz’ Lager ergehen. Sie wurden im Rekordtempo mit Dingen befüllt, die die Menschen in den Krisen- und Kriegsgebieten der Ukraine gerade am nötigsten haben. Schon bald sollen die 50 Rucksäcke auf ihre Reise gen Osten gehen.

Ukraine-Krieg: Rellinger in „Schockstarre angesichts des Leids“

Bautz, Geschäftsführer der Getronic-Unternehmensgruppe in Rellingen, spendet nicht zum ersten Mal. Erst im vergangenen Jahr sammelte er mehr als 60.000 Euro für ein Kinderhospiz. „Da stand für uns schnell fest, wir müssen auch etwas für die Ukraine tun“, sagt er. Weil die Freundin seines Sohnes ukrainische Wurzeln hat, betrifft ihn der Krieg ein Stück weit persönlich, wie er erzählt: „Ich bin in Schockstarre angesichts des Leids in den Krisengebieten.“

Solidarität mit der Ukraine zu bekunden, ist für Bautz Pflicht. Die blau-gelbe Landesflagge, die er kürzlich bestellt hat, um sie auf dem Firmendach zu befestigen, reicht ihm dabei nicht. „Aber auch mit Geld allein ist es nicht getan“, hätten er und seine rund 30 Mitarbeiter für sich beschlossen.

Gemeinsam mit dem Team seiner Unternehmensgruppe, die ihm zufolge als „Fachdistributor für erklärungsbedürftige Industrieelektronikprodukte“ beschrieben werden kann, machte er sich Gedanken darum, wie sie den Menschen in der Ukraine am besten helfen könnten. Da hatte der im Einkauf tätige Patrick Kutschera die zündende Idee: Warum nicht einfach die 50 Rucksäcke, eigentlich Werbegeschenke, aus dem Lager holen und mit allem bepacken, was in dem Land gerade dringend benötigt wird? Die Rucksäcke könnten die Flüchtenden auf ihrer schweren Reise, zum Beispiel nach Deutschland, begleiten und unterstützen.

Ukraine-Krieg: Rellinger Firma packt Hilfsgüter in Rucksäcke

„Dann haben wir im Umlaufverfahren eine Liste erstellt mit dem Allernotwendigsten, das zum Beispiel eine flüchtende Frau mit Kind benötigt“, berichtet Bautz. Bald zählte der Zettel Posten von Hygieneartikeln wie Tampons und Binden über Masken und Snacks bis zu Buntstiften für Kinder auf. Rund 50 Euro Warenwert sollten am Ende in jedem Rucksack stecken. „Hoffentlich passt das alles rein“, sagt Bautz, der einige seiner Mitarbeiter gerade mit einer ganzen Menge Bargeld zum Einkaufen in den Großhandel geschickt hat. Seine Frau Brigitte ist derweil mit dem Google-Übersetzer zugange. Sie fertigt Listen auf Englisch und Ukrainisch an, die die einzelnen Artikel aufzählen und quasi als Inhaltsangabe in die Rucksäcke kommen sollen.

Anschließend werden die Säckle in einer Art Packstraße, bestehend aus aneinandergereihten Bierbänken, befüllt. „Dafür sind sogar unsere halbtags Beschäftigen noch einmal in die Firma zurückgekommen. Die wollten unbedingt mitmachen“, freut sich Bautz über den Korpsgeist, der in seinen Unternehmen herrscht. An jedem Rucksack haben die Mitarbeiter ein Herz in den Flaggenfarben der Ukraine befestigt. Darauf steht das hoffnungsspendende Motto der Aktion, „Ein Licht für dich“, auf Ukrainisch. Außerdem ist auf jedem Rucksack vermerkt, wer ihn gepackt hat.

Ukraine-Krieg: Geschäftsführer will andere motivieren

Keine zwei Tage sind zwischen der Idee und Umsetzung der Ukraine-Hilfe vergangen. „Wir sind einfach eine pfiffige Truppe. Wenn andere eine Idee haben, sind wir schon fertig“, so der Geschäftsführer ohne falsche Bescheidenheit. Harald Poppner von der Stabsstelle Wirtschaftsförderung der Gemeinde Rellingen habe bei Bautz bereits angefragt, ob er die Idee übernehmen dürfe. „,Na klar, habe ich da gesagt. Wir haben da ja kein Copyright drauf“, so Bautz.

Eine Frage ist allerdings noch zu klären: Wie kommen die Rucksäcke zu den Flüchtenden in Polen beziehungsweise an der ukrainischen Grenze? Einen möglichen Transport haben Bautz und sein Team bereits verpasst. „Aber wir bekommen so viel Liebe von allen Seiten. Immer wieder melden sich Menschen, die die Rucksäcke transportieren könnten“, berichtet er. So stünden etwa ein Ruderklub und eine Spedition derzeit als Transporteure zur Debatte. Andreas Bautz schätzt, dass die 50 Rucksäcke bis Freitag auf jeden Fall auf der Reise sind. „Wichtig ist, dass sie bei der Caritas vor Ort ankommen. Selber darf man nämlich nicht einfach so etwas verteilen. Dafür braucht es eine Hilfsorganisation“, sagt der Geschäftsführer.

Zwei Wünsche hat Bautz: einerseits, dass die Rucksäcke gut ankommen. Andererseits hofft er, die Idee weiterverbreiten zu können: „Vielleicht sehen ein paar Leute die Aktion und packen dann ebenfalls Rucksäcke. Das wäre unser größter Wunsch.“