Pinneberg. Eine Errungenschaft aus Wien hat sich ein Pinneberger während der Einwohnerversammlung am Dienstagabend für seine Stadt gewünscht. Er will das „Ein-Euro-Ticket“. Dort können die Bürger eine Jahreskarte für den Wiener Linien genannten städtischen Verkehrsbetrieb für 365 Euro erwerben. Die Einführung 2012 ist eine Erfolgsstory: In der 1,9-Millionen-Einwohner-Metropole verfügen mittlerweile mehr als 800.000 Menschen über das Ticket.
80 Pinneberger sind in die Rübekamphalle gekommen, um unter dem Motto „Gemeinsam mobil“ über die Zukunft des Verkehrs in der Stadt zu diskutieren. In Workshop-Atmosphäre werden die Ideen unter der Leitung der Moderatorin Kerstin Schulenburg entwickelt. Reichlich Verbesserungsbedarf wird ausgemacht: Mehr und breitere Fuß- und Radwege, die bereits bestehenden müssen ordentlich in Stand gehalten werden. Und ein Mietfahrradsystem ähnlich dem Hamburger Bike + Ride wollen die Bürger.
Radler und Fußgänger erobern den öffentlichen Raum
Die bereits bestehenden Velorouten sind vernünftig auszuschildern. Ein Bürger will Tempo 30 zur Regelgeschwindigkeit in Pinneberg machen. Paketsammelstellen sollen eingerichtet werden, damit nicht mehr so viele Sprinter von DHL, Hermes und Co. durch die Wohngebiete fahren. Beim Thema ÖPNV wird ein bessere Anbindung nach Hamburg sowie in Richtung Norden gefordert.
Bürger wollen einen Shuttleservice zum Bahnhof, weil es dort nicht genügend Parkraum gibt. Die Kommunikation zwischen den einzelnen ÖPNV-Anbietern ist zu verbessern, damit beispielsweise der Bus wartet, wenn sich die Bahn verspätet. Mehrere Bürger verlangen, die Verkehrspolitik stärker an ökologischen Belangen auszurichten.
Zur Versammlung ist der Ingenieur Konrad Rothfuchs vom Büro Argus eingeladen worden, um über Trends der modernen Verkehrsplanung zu berichten. Aus seiner Sicht ist die Zeit vorbei, da der öffentliche Raum hauptsächlich dem Straßenverkehr zur Verfügung gestellt wird. „Straße ist Leben“, sagt Rothfuchs und präsentiert den New Yorker Times Square, auf dem heute die Menschen flanieren können.
Die Digitalisierung macht neue Mobilität möglich, etwa die Nutzung von Mietautos, Lieferservices und Radverleih per Smartphone. Kompakt gebaute Stadtteile wie das Pinneberger Mühlenauquartier oder die Hamburger Hafencity, machen es leichter, Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurückzulegen. 48 Prozent der Verkehre sind kürzer als drei Kilometer. Wenn dort ein Umsteuern vom Auto auf Rad- und Fußwege gelingt, würde dies auch eine wesentliche Entlastung des Straßenverkehrs bedeuten. Sein abschließender Rat an die Pinneberger: „Viel mehr ausprobieren.“
Von dem Vortrag und den intensiven Diskussionen beflügelt, werden aus dem Kreis der Bürger zehn Anträge gestellt. Sie spiegeln einige der zuvor präsentierten Ideen wider und werden einstimmig oder mehrheitlich angenommen. Die Politik muss sich jetzt damit befassen, muss den Ideen der Bürger jedoch nicht folgen.
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