Tornesch. Jahrzehntelang hat sich Torneschs Verkehrsinfrastruktur am Automobil orientiert. Denn Tornesch liegt im Schnittpunkt zwischen Uetersen, Heidgraben, Prisdorf und Ellerhoop. Eine Autobahn ist vor den Toren der Stadt gebaut worden, neue Wohn- und Gewerbegebiete mit zugehörigen Straßen wurden erschlossen, und ein Tunnel im Zentrum der Stadt führt unter der Bahnlinie hindurch.
Radfahren, so wirkt es, das wurde so nebenbei erledigt. Doch nun, da die Stadt am zunehmenden Verkehr zu ersticken droht, wird umgedacht. Mehr und mehr wird das Radfahren in den Fokus gerückt. Das neueste Projekt: Ein moderner Radweg, der Uetersen, Tornesch und die Gewerbegebiete an der Autobahn verbinden soll.
„Es wird höchste Zeit, etwas in Tornesch zu unternehmen“, sagt Sozialdemokrat Artur Rieck. Ein Blick auf die täglichen Staus zeige, dass die Stadt dringend alternative Verkehrskonzepte fördern müsse. Radfahren ist eines davon. Radwege sind günstiger als Autostraßen, sie entlasten die Straßen, sie ermöglichen eine andere Art der Mobilität und: Radfahren kommt der Gesundheit der Bürger zu Gute – aktiv und passiv. „Inzwischen ist auch das E-Bike recht verbreitet“, bemerkt Rieck. Daher müsse die Stadt allmählich Ideen entwickeln, wie der Radverkehr besser organisiert werden könne, wie bessere Anreize geschaffen werden können, damit Bürger für kurze Strecken lieber das Rad als das Auto benutzen. „Dass wir die Fahrradgarage sanieren, ist ein erster wichtiger Schritt“, sagt er. Doch mehr sei nötig und auch möglich.
Rainer Lutz, Stabschef Umwelt bei der Stadt Tornesch gibt Rieck recht. „Es muss ein Klima fürs Radfahren erzeugt werden.“ Einzelne Schritte gebe es bereits dafür. Die besagte Sanierung der Fahrradgarage sei ein Punkt, und dass ein Radschnellweg von Elmshorn nach Hamburg geplant sei, der durch Tornesch führen soll, ein weiterer. Und dass sich der ADFC in Tornesch gegründet habe, sei ein zusätzliches Zeichen, dass der Fokus auf dem Radfahren liegen müsse.
Die SPD möchte langfristig ein umfassendes Konzept erstellen lassen, das dem Radverkehr eine Zukunft gibt. „Wir brauchen klare Ideen, wo und wie Radwege sinnvoll gebaut werden könnten“, sagt Rieck. Er glaubt, ein entsprechender Auftrag an ein Planungsbüro, der eine Bestandsaufnahme beinhalte, könne das leisten und neue Blickwinkel aufzeigen. Denn frische Ideen zu entwickeln, sei nicht immer leicht: Wo soll der Radverkehr fließen? Soll er nahe den Hauptverkehrsstraßen oder abseits davon eingerichtet werden? Separate Radwege oder lieber Radfahrspuren auf bestehenden Straßen? Ein kompetentes Planungsbüro könne hier sicher sinnvolle und verkehrlich entlastende Ideen aufzeigen, schätzt er.
Das Problem: Ein solcher Schritt kostet Zeit und Geld. 20.000 Euro wäre der SPD das wert. Die CDU hingegen würde dieses Geld lieber direkt in den Radwegeausbau stecken, anstatt in eine Untersuchung, deren Ergebnisse erst in einigen Jahren vorliegen könnten. „Wir glauben, dass ein Gutachten nicht notwendig ist. Wenn der Radverkehr höchste Priorität erhalten soll, dann muss jetzt investiert werden“, befindet Christdemokrat Friedrich Meyer-Hildebrand.
Rainer Lutz sieht das anders. „Wenn wir ehrlich sind, für 20.000 Euro bekommt man nicht viel“, sagt er und regt daher an, einen Teil des Geldes in neue Wettbewerbe zu investieren. „Es gibt die Option, die Achse Uetersen-Tornesch-Oha, die für uns wichtig ist, in ein Bundesprogramm zu hieven“, sagt Lutz. 8000 Euro kostet die Bewerbung in einem ersten Schritt. Der Clou: Sollte Tornesch mit solch einem übergreifenden Radwegekonzept in einem derzeit ausgeschriebenen Bundeswettbewerb in die Endauswahl gelangen, würde der Bund den Bau der Radstrecke mit 75 Prozent bezuschussen. „Der Bau eines solchen Radweges kostet Millionen von Euro. Wie wollen wir so etwas finanzieren? Der Wettbewerb könnte für uns ein Riesengewinn werden“, sagt der Stabschef. Billiger ginge es nicht.
Die Stadt will nun mit Rückendeckung der Politik ein entsprechendes Projektpapier festzurren und die Bewerbung nach Berlin schicken. Zugleich wird die Verwaltung in Absprache mit den Parteien nach weiteren Förderprogrammen suchen, die die Radinfrastruktur fördern. Wenn die Stadt es schaffe, weitere Fördertöpfe aufzutun, sagt Rieck, dann gebe es eine echte Chance dafür, dass sich Tornesch zu einer Vorzeigekommune in Sachen Radfahren entwickeln könne.
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