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Quickborner Hochstaplerin ist Weltklasse

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Frederik Büll
Finja Hollin (rechts) belegte bei der Weltmeisterschaft im Sport Stacking den dritten Platz

Finja Hollin (rechts) belegte bei der Weltmeisterschaft im Sport Stacking den dritten Platz

Foto: Privat / HA

Finja Hollin aus Quickborn baut Türme aus Plastikbechern. So weit, so gut. Doch wie schnell sie dies kann, ist phänomenal.

Quickborn.  „Egal, wie schnell du bist: Irgendein Kind aus Asien ist immer schneller“, sagt die Quickbornerin Finja Hollin. Die Elfjährige nahm kürzlich an der Weltmeisterschaft in Speichersdorf (Bayern) teil und belegte bei den Frauen in der Gesamtwertung den dritten Platz. Ihr Sport ist das Sport Stacking, vereinfacht gesagt das Stapeln von Plastikbechern. Die neue Weltmeisterin stammt aus Taiwan, die Silbermedaille gewann eine Südkoreanerin. Insofern hat sich die These von Deutschlands bester Becherstaplerin bewahrheitet: Die Asiatinnen dominieren in dieser Sportart.

Unter 113 weiblichen Teilnehmern bei der eigenen WM-Premiere auf Rang drei zu landen, ist dennoch ein großer Erfolg, zumal Finja mit der Staffel auch einmal Gold und zweimal Silber abgriff. In ihrer Altersklasse sprangen darüber hinaus noch drei Silbermedaillen heraus.

„3-3-3“ und „3-6-3“ heißen Varianten, in denen Finja die Pyramiden besonders schnell wieder auf- und abbaut. Für den sogenannten Cycle – die Königsdisziplin – benötigte sie 6,186 Sekunden. Dabei werden ein Dreier-, ein Sechser- und noch ein Dreier-Stapel blitzschnell aufgestellt. Nach dem Abbau folgen zwei Türme aus sechs Bechern und zum Abschluss eine Zehner-Pyramide inklusive Demontage. „Keine Deutsche war bisher in einer offiziellen Wertung so schnell“, sagt Finjas Vater Ralf Hollin, 46.

Zum Vergleich: Er selbst braucht für den Cycle 11,2 Sekunden. Ralf Hollin begann 2013, ein Jahr später als seine Tochter, mit dem Geschicklichkeitssport. Zusammen traten beide bei der WM auch im Eltern-Kind-Doppel an. Dabei benutzt ein Partner die rechte Hand, der andere die linke. Es reichte zum 18. Platz unter 40 Duos.

„Beim Sportstacking stellt sich relativ schnell Erfolg ein, aber bei einem gewissen Zeitlevel bleibt man dann hängen“, sagt Ralf Hollin. Das Ziel eines jeden ambitionierten Becherstaplers ist die Bewältigung eines Cycles in einer Zeit unter sechs Sekunden.

Zumindest für die Sechstklässlerin von der Gesamtschule Rugenbergen ist dies keine Utopie. „Stacking ist wie eine Sucht. Man will immer schneller werden“, sagt sie. Dafür übt Finja täglich zwei Stunden. Manchmal auch mehr. Ihre Mutter Kim nennt es dann auch schon mal „ballern“.

Nach der Schule dröhnt oft das Klappern der Becher durch das Reihenhaus der Familie. „Anfangs habe ich mich schon gefragt, was dieser Blödsinn soll, aber mittlerweile fiebere ich bei Turnieren auch richtig mit“, sagt die Mutter. Seit Finja auf dem Quickborner Stadtfest 2012 zum ersten Mal das blitzschnelle Becherstapeln ausprobierte, lässt sie die Faszination nicht mehr los.

„Man braucht aber auch Geduld. Von 100 Trainingsversuchen klappen vielleicht 20, wenn man gut drauf ist“, sagt die Quickbornerin. 2013 nahm sie erstmals an einem Turnier teil. Den Ostsee-Cup konnte Finja gleich gewinnen. Seitdem sammelt sie fleißig Trophäen. Auch bei der diesjährigen deutschen Meisterschaft in Höxter (Nordrhein-Westfalen) triumphierte sie.

„Die Koordinationsfähigkeit steigert sich, der Kopf wird beansprucht. Ich kann mich auch dadurch besser in der Schule konzentrieren“, sagt die Finja Hollin. Weil die Hände permanent kreuzweise an der Körpermitte vorbeigreifen, würden beide Gehirnhälften gleichzeitig beansprucht. Seit rund zwei Jahren trainiert sie tagtäglich – auch zur Entspannung. Selbst im Urlaub sind ihre liebsten Sportutensilien stets im Gepäck.

Etwa 1000 andere Deutsche betreiben ebenfalls das Hoch- und Tiefstapeln als Sport. In den USA ist es sogar Teil des Schulunterrichts. Auch im asiatischen Raum ist Sportstacking weit verbreitet. Im nördlichsten Bundesland eher weniger: Finja und ihr Vater sind Teil des einzigen Zusammenschlusses in Schleswig-Holstein. Das rund 20-köpfige Sportstacking-Team Quickborn trainiert – mit Ausnahme des ersten Freitags im Monat – einmal wöchentlich gemeinsam freitags von 17 bis 19 Uhr in den Räumen der Arbeiterwohlfahrt an der Kampstraße. Gäste sind jederzeit willkommen.

Doch eines muss jedem Anfänger klar sein. Geld zu verdienen ist mit Sport-Stacking unmöglich. Auch für Weltklasse-Könner wie Finja. Die Reisen zu internationalen Turnieren werden aus der Familienkasse finanziert. Gerade 2017 wird es kostspielig. Die Weltmeisterschaft findet dann in Taiwan statt.

Zum Schluss hat Finja noch einen Tipp für Menschen, die sich auch mal im Becherstapeln mit anderen messen wollen: „Ich mache meist erst einmal einen schnellen, aber sicheren Versuch“, sagt sie. Meist sei dann mindestens ein gültiger darunter. Die Asiaten beispielsweise würden nur Vollgas kennen. Aber wer weiß: Vielleicht ist Finja Hollin ja trotzdem bald noch schneller als ihre größten Konkurrentinnen.

Wie unglaublich schnell Finja Hollin und ihre Mitstreiter ihre Becher auf- und wieder abbauen, lässt sich im Internet bestaunen. Ein Video der Quickbornerin beim Becherstapeln gibt es hier.

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