Palliativmedizin war Thema einer hochkarätigen Runde

Barmstedt. Sterbehilfe – Segen oder Gefahr? Am Donnerstagabend wurde im Barmstedter Humburg-Haus darüber diskutiert, ob gar eine Gesetzesänderung notwendig ist – und Sterbehilfe womöglich zugelassen werden sollte. 80 Interessierte erlebten eine lebendige Diskussion einer hochkarätig besetzten Runde. Hintergrund war eine aktuelle Debatte im Bundestag über das Thema.

Der ambulante Hospizdienst Pinneberg-Uetersen hatte die Kontroverse aufgegriffen – und ein hauptsächlich mit älteren Menschen voll besetztes Humburg-Haus bewies, dass das Thema am Bürger nicht vorbei geht. Den Besuchern wurden Einblicke in die Palliativpflege gewährt. Zudem wurde herausgearbeitet, welche Formen der Sterbebegleitung die aktuelle Rechtsprechung in Deutschland zulässt.

Pastorin Antje Stümke übernahm die Moderation. Auf dem Podium saßen neben dem SPD-Bundestagsabgeordneten Ernst Dieter Rossmann auch Propst Thomas Drope und der Palliativmediziner Dr. Kai-Florian Mehrländer aus Barmstedt. Kerstin Frohn und Maike Jorek, beide in der Hospizarbeit tätig, ergänzten die Runde. Es fehlte allerdings ein Verfechter von aktiver Sterbehilfe oder der „Tötung auf Verlangen“. Deren Gefahren wurden aufgezeigt, zu einer eindeutigen Positionierung dafür mochte sich niemand durchringen.

Stattdessen herrschte die Meinung vor, dass die palliative Arbeit sehr weit fortgeschritten sei – und dass Pfleger und Ärzte per Gesetz besser geschützt werden müssten. Palliativmedizin sei schließlich auch eine Form der Sterbehilfe, sie begleite die Sterbenden und Angehörigen. „Das ist schon eine Erleichterung“, so Propst Drope. Wichtig sei, dass die Menschen darüber aufgeklärt würden. Laut Frohn ist die Sterbebegleitung in den vergangenen Jahren optimiert worden: „Die Pfleger haben nun mehr Zeit, auch für die Angehörigen.“ Das Publikum durfte während der Diskussion Fragen und Ängste zum Thema formulieren.

Die Beiträge waren vielfältig. Geäußert wurde etwa die Angst, allein in der Wohnung zu sterben. Ein Gast bezeichnete den Unwillen zur aktiven Sterbehilfe als „Scheinmoral mit Schmerzen“. Ein Besucher klagte, dass das Gesetz keinen Spielraum für individuelle Entscheidungen lasse.

Das Individuelle im Sterben beschäftigt auch den Arzt Mehrländer, wenn aber in einer anderen Richtung. Der Tod dürfe gar nicht erst in Regeln eingefasst werden. „Jeder Tod ist einzigartig“, so Mehrländer. Den Ärzten dürfe man nicht die Entscheidung über Leben und Tod übertragen, sagte Rossmann. Sie sei auch nicht mit ihrem Eid vereinbar.

Aktive Sterbehilfe berge die Gefahr, dass der Tod kommerzialisiert werde. Und dass Unternehmen den Tod gegen Geld ermöglichten. Im ganzen Saal herrschte Einigkeit, dass dergleichen nicht passieren dürfe. Mehrländer wählte mahnende Worte: „Wenn man Sterbehilfe erlaubt, könnte ein Anspruch darauf entstehen. Keiner ist Arzt geworden, um Menschen umzubringen.“ Allerdings stellte auch klar: „Wenn ein Mensch große Schmerzen hat, bekommt er von mir so viele Schmerzmittel, wie er benötigt.“ Selbst, wenn das das Leben verkürze, dieser Weg der Sterbehilfe sei für Ärzte legal.

Maike Jorek wandte gegen Ende der Diskussion ein, dass Angehörige dem Wunsch nach Tod auf Verlangen aus dem Bedürfnis zu helfen, nachkommen würden. Es gebe einen anderen Weg: Angehörige könnten dazu beitragen, dass auch schwer Kranke wieder an Lebensqualität gewinnen. Sie habe Patienten betreut, die ihren Lebenswillen wiederentdeckt hätten.