Bund der Baumschulen sucht in Ellerhoop nach Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz. EU-Fördergeld ist für vier Projekte beantragt

Ellerhoop/Kreis Pinneberg. Not macht erfinderisch. Diese Aussage beschreibt recht gut die jüngsten Strategien, mit denen die Gartenbau- und Baumschulbranche dem Klimawandel und der Bodenmüdigkeit begegnen will.

So stellten die Landesverbände des Bundes deutscher Baumschulen (BdB) und des Gartenbauverbandes-Nord auf ihrer Hauptversammlung in Ellerhoop am Montagabend vier Projekte vor, für die sie eine halbe Million Euro an EU-Fördergeldern beantragt haben und die den Gartenbaubetrieben helfen sollen, auch in Zukunft für ein blühendes Wachstum auf ihren Feldern zu sorgen.

Zu diesen Forschungsprojekten gehört die neue Methode, mit Hitzedampf Schädlinge im Boden zu bekämpfen, die den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln überflüssig machen könnte, sowie der Plan, Straßenbäume zu züchten, die Autoabgasen und anderen Immissionen besser trotzen.

Grund für die Suche nach anderen Methoden im Pflanzenschutz sei die Tatsache, dass Baumschuler und Gärtner in diesem Jahr nicht mehr das Mittel Basamid einsetzen dürfen, das bislang ermüdete Böden wieder für Pflanzen fruchtbar machte, sagt BdB-Geschäftsführer Frank Schoppa. Ob und wann dieses chemische Mittel wieder eine EU-Zulassung erhält, sei offen. „Darum müssen wir uns dringend Alternativen überlegen.“ So sei man auf die Dampfmethode gekommen, die nun speziell für die Baumschulen auf ihre Anwendung, Praxistauglichkeit und Wirtschaftlichkeit hin im Gartenbauzentrum Ellerhoop untersucht werden soll.

Denn damit der heiße Dampf die Schädlinge im Boden vollständig abtöten kann, müsse er 30 bis 40 Zentimeter tief in den Boden gepresst werden, erklärt Schoppa. Dies könnte mit Hilfe von Pflugscharen gelingen, die über Düsen den Dampf in den Boden verteilen. Steffen Koch aus Waiblingen bei Stuttgart hat für solche Einsätze bereits entsprechende Geräte konstruiert und auf der jüngsten Baumschulmesse vor zwei Jahren in Ellerhoop vorgestellt. „Mobildampf ist mein Hobby“, sagt der Gärtner. Etwa 100.000 Euro koste sein mobiler „Combimixer“, der mit Hilfe von Heizöl jeweils 50 Liter Wasser in Dampf für einen Kubikmeter Erde verwandelt. Dies sei aber ein sehr langsamer Prozess. „Wir schaffen damit 120Meter in der Stunde und brauchen 50 Stunden für einen Hektar Land.“ Auch reiche sein Dampf bislang nur bis zu 15 Zentimeter tief in den Boden.

Darum müsste diese Methode nun dahingehend untersucht werden, ob sie wirklich für den großflächigen Einsatz im größten zusammenhängenden Baumschulgebiet Europas geeignet ist, das der Kreis Pinneberg mit seinen 300 Betrieben darstellt, sagt Schoppa. Dazu gehörten Antworten auf die Fragen, bei welchen Temperaturen wie viele der Schädlinge erreicht werden und ob ein einmaliger Einsatz ausreicht. Auch die Wirtschaftlichkeit werde eine große Rolle spielen. So könnte die Dampf-Methode mit bis zu 30.000 Euro je Hektar viermal so teuer sein als das bisher bewährte, aber nun verbotene Basamid-Verfahren. Im Sommer soll das Projekt starten und dann drei Jahre laufen, kündigt der BdB-Chef an.

Ein weiteres Projekt für eine nachhaltige Zukunftsstrategie der Gartenbaubranche soll die Untersuchung sein, welche Baumarten den Klimawandel am ehesten überstehen können. Immer mehr Straßenbäume hätten heute Probleme zu überleben. „Wir haben zurzeit keine Erkenntnisse, welche Baumarten das am besten bewältigen können.“ Dies soll nun gezielt mit verschiedenen Bäumen in Hamburg, Husum, Lübeck und Kiel im Straßengrün untersucht werden. Den Kommunen sollen die Ergebnisse künftig die Entscheidung erleichtern, welche Bäume sie in ihren Stadtgebieten anpflanzen sollten. Auch hierfür ist eine EU-Förderung beantragt, über deren Mittelvergabe das Landwirtschaftsministerium in Kiel voraussichtlich im April entscheiden wird.

Ein drittes Projekt betrifft den Zierpflanzenanbau, der so regional wie möglich vermarktet werden soll, um die Wertschöpfungskette vom Anbau über den Handel bis zum Kunden im lokalen Bereich zu halten, sagt Schoppa. Speziell für den Kohlanbau in Dithmarschen soll zudem erforscht werden, inwieweit die Düngung mit Stickstoff umweltverträglich und dennoch bedarfsgerecht gestaltet werden kann.