Ein Drittel der Oberstufenschüler nicht zur Prüfung zugelassen. Eltern machen Direktorin verantwortlich

Elmshorn. Fünf Monate vor dem Abitur kam die Hiobsbotschaft: Ihre Söhne seien nicht zur Prüfung zugelassen. Dabei waren ihre bisherigen Noten mit einem Durchschnitt von 2,5 gar nicht schlecht. „Wir fielen aus allen Wolken“, sagen Stefanie Schmitz und Sabine Pohlmann. Ihre Söhne sind damit nicht allein. Von 71 Oberstufenschülern der Leibniz Privatschule in Elmshorn dürfen lediglich 48 die Abiprüfungen ablegen. 16 Schüler haben die Leibniz-Schule mittlerweile verlassen, fünf wurden in den elften Jahrgang zurückgestuft, weitere fünf haben sich gegen die Empfehlung der Schule doch zum Abitur angemeldet. Eine Schülerin hat sich noch nicht entschieden, wie es weitergehen soll, ein anderer muss aus gesundheitlichen Gründen pausieren.

Wie konnte es zu dieser desaströsen Bilanz kommen? Schon im Sommer 2014 sorgte die Privatschule bei Schülern und Eltern für einen ersten Schock, als die Ergebnisse des ersten Abiturjahrganges der Leibniz Privatschule bekannt wurden. Von 59 Abiturienten erlangten nur 45 das Abitur. Die Aufregung war groß. Aus diesem Grund fand im August 2014 ein Infoabend für Eltern statt. „Die Schulleiterin teilte uns mit, dass sich die schlechten Ergebnisse nicht wiederholen sollten und die Schule deshalb bestimmte Maßnahmen ergreifen würde“, sagt Pohlmann. „Sie sagte uns auch, dass ein großes Manko im letzten Jahrgang viele Fehlzeiten bei einigen Schülern gewesen seien.“

Im Herbst schrieben die Jugendlichen des zweiten Abiturjahrgangs dann ihre Vorprüfungen. „Uns war klar, dass sich der nächste Abiturjahrgang, auch im Hinblick auf die staatliche Anerkennung des Gymnasialzweiges, bewähren muss“, sagt Schmitz. Ihr Sohn habe daher auch an den von der Schule zusätzlich angebotenen Trainingseinheiten am Wochenende und in den Ferien teilgenommen, so die Quickbornerin. Auch Pohlmanns Junge habe davon Gebrauch gemacht. Genützt hat es nichts.

Am 5. Dezember wurden der gesamten Oberstufe die Ergebnisse der Vorabiturklausuren in Mathe, Deutsch, Englisch und dem profilgebenden Fach verkündet. Die Ergebnisse waren erschreckend. 18 Schüler hatten die erforderlichen 20 Punkte nicht erreicht. Ihnen wurde mitgeteilt, dass sie nun die Möglichkeit hätten, sich ein Jahr zurückstufen zu lassen. „Kurz darauf beschloss die Schulleiterin, dass weitere elf Schüler, die 21 bis 25 Punkte im Vorabi erzielt hatten, sich innerhalb von zwei Tagen auf zwei mündliche Prüfungen in den Fächern Geschichte und Spanisch beziehungsweise Biologie und WiPo auf Abiturniveau vorbereiten müssen“, so Pohlmann. Wer mit mindestens sechs Punkten bestand, sollte zum Abi zugelassen werden. Nur eine kleine Gruppe schaffte dies.

Die beiden Mütter kritisieren, dass sie nicht rechtzeitig über etwaige Lernschwierigkeiten ihrer Kinder informiert worden sind. Die Eltern sehen zudem in der hohen Fluktuation der Lehrer einen Grund für das Abi-Desaster. So wechselten gleich zu Beginn des neuen Schuljahres in der Klasse 12b die Lehrer in Deutsch, Geschichte und Erdkunde, im Oktober der Mathematiklehrer und im November der Klassenlehrer, welcher gleichzeitig der Profilfachlehrer war. Fünf neue Lehrer in drei Monaten in der Oberstufe – ein mehr als unglücklicher Umstand. „Wir haben das Vertrauen in die Arbeit der Schule verloren“, sagt Pohlmann. „Unsere Kinder wurden der notwendigen Erfolgsquote geopfert, damit die Schule die staatliche Anerkennung bekommt.“ Sie lösten deshalb zum 31. Dezember 2014 die Schulverträge auf und prüfen nun Schadensersatzansprüche. Andere gingen mit anwaltlicher Hilfe gegen die Entscheidung vor und erreichten, dass ihre Kinder doch zugelassen wurden.

Schulleiterin Barbara Manke-Boesten sieht den Hauptgrund in einer Ungleichbehandlung. „Die Externenprüfung durch die staatliche Schulaufsicht ist viel schwieriger als das Abitur an staatlichen Schulen“, sagt sie. Zudem können die Vornoten nicht eingebracht werden, die Prüfung werde zur Momentaufnahme. „Wir sind der Meinung, dass Schüler, die entweder Lücken in der Vorbereitung haben und dem Druck der mündlichen Prüfungen nicht gewachsen sind, gut beraten sind, zurückzugehen und ein Jahr zur gründlichen Vorbereitung zu nutzen, statt einen Fehlversuch zu riskieren.“ Im Übrigen entscheide die oberste Schulaufsichtsbehörde, an die die Anmeldung zu richten ist, über die Zulassung.

Hilfe fanden Betroffene an umliegenden staatlichen Gymnasien. Deren Direktoren hatten sich im Dezember zusammengesetzt und beraten, wie sie die Schüler unterbringen können. „Wir nehmen sie an den öffentlichen Gymnasien auf“, sagt Peter Rosteck, Leiter der Bismarckschule Elmshorn. „Allerdings müssen sie die Oberstufe noch einmal wiederholen und verlieren zwei Jahre.“ Das Problem: Laut Schulgesetz haben sie offiziell keine Oberstufe besucht, weil der Leibniz-Schule die staatliche Anerkennung fehlt. Da jene staatliche Anerkennung der Privatschule als Gymnasium ein laufendes Verwaltungsverfahren ist, äußerte sich das Bildungsministerium nicht zum Fall.