An der Wassermühle am Rantzauer See befindet sich die größte natürliche Forellenzucht Schleswig-Holsteins. Behutsame Aufzucht

Barmstedt. Langsam waten die Männer mit Keschern durch das hüfthohe Wasser. Sie geben Gleichstrom ins Wasser ab. Das betäubt die Fische. Eine vorbeischwimmende Meerforelle lässt sich so leicht einfangen. Der Milchner, wie die männlichen Fische im Fachjargon heißen, ist gute fünf Pfund schwer und 60 Zentimeter lang. Die Forelle ist bräunlich gefärbt und hat am Unterkiefer einen Laichhaken ausgebildet – ein eindeutiges Zeichen, dass sie die Laichreife erreicht hat. Das Prachtexemplar wird vorsichtig in einen Wasserbottich gesetzt und zur Barmstedter Wassermühle gebracht. Dort befindet sich sich die größte natürliche Forellenzucht in Schleswig-Holstein.

„Ein Schulfreund hat mich auf die Idee gebracht“, sagt Henning Mohr, dessen Familie seit Generationen im Besitz der alten Wassermühle am Rantzauer See ist. In den 1970er-Jahren, als der Flughafen in Kaltenkirchen geplant wurde, entstand auch eine neue Schleuse. Die sei notwendig gewesen, um die erwarteten Wassermassen aufgrund der großen asphaltierten Fläche aufzufangen. „Nachdem er eine Meerforelle in der Krückau entdeckt hatte, war er so begeistert, dass er sich erfolgreich für eine Fischtreppe in der Schleusenau einsetzte“, so Mohr. Deshalb können Lachse und Forellen die drei Meter Höhenunterschied der Krückau am Rantzauer See flussaufwärts überwinden.

Die 40 Zentimeter hohen Stufen bleiben für die meisten anderen Fische ein unüberwindbares Hindernis. Barben und Barsche aus der Krückau können nicht flussaufwärts schwimmen, um dort zu laichen. Weil man gern Neunaugen, die auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen, ansiedeln wollte, sollte die Fischtreppe zunächst durch eine technische, dann durch eine große biologische Sohlgleite ersetzt werden. Das drei Millionen Euro teure Projekt wurde 2013 durch einen Bürgerentscheid verhindert und muss nun umgeplant werden.

Mohr, Naturbeauftragter im Sportanglerverein Elmshorn-Barmstedt, und seine Anglerkollegen sorgen seit fast 30 Jahren auf ihre Weise für Fischreichtum in den hiesigen Flüssen. Sie nutzen jedes Jahr den natürlichen Lauf der Fische auf ihrem Weg zum Laichplatz und streifen vorsichtig den Rogen ab – rund 5000 Eier pro Fisch. Sie werden behutsam mit der Fischmilch verrührt. Die befruchteten Eier werden in flache Sammelbecken gegeben. „Wir haben eine Kapazität von bis zu 100.000 Fischeiern“, sagt Mohr. 90 Prozent seien Meerforellen, jeweils fünf Prozent Bachforellen und Lachse. Nach dem Ablaichen werden die geschwächten Fische sofort zurück in den Fluss gesetzt. „Anders als die Atlantischen Lachse sterben sie nicht, sondern sind in der Lage, sich mehrmals im Leben fortzupflanzen.“

Die Becken werden direkt vom Bach mit sauerstoffreichem Wasser versorgt. Bei einer Temperatur von 4,5 Grad brauchen die Eier einhundert Tage. „Würden wir das Wasser auf neun Grad erhöhen, ginge es doppelt so schnell“, sagt Mohr. Doch es kommt den Männern darauf an, die Fische natürlich aufzuziehen. Ein UV-Sterilisator hält das Wasser sauber, auf Medikamente wird verzichtet. „Die Eier können schnell verpilzen“, sagt er. Deswegen müsste jeden Tag jemand nach der Brut sehen und die schlechten Eier mit einer Pipette herausholen. „Die Prozedur ist mit dem Umweltministerium in Kiel abgestimmt“, sagt Mohr. So unterliegt Elektrofischerei beispielsweise strengen Regelungen und muss jedes Jahr neu genehmigt werden.

Wenn sich bei den Zöglinge der Dottersack zurückgebildet hat, gehen die Angler mit Eimern die Flüsse der Umgebung auf und ab. Meist geschieht das im März. „Wir setzen die Brütlinge nicht nur in von uns gepachtete Gewässer aus“, sagt Mohr. Sie gelangen so in Krückau, Pinnau, Mühlenau, Bilsbek und Gronau. Dass sie später zum Teil an Mündungen in den Stellnetzen professioneller Fischer landen, sorgt hin und wieder für Unmut. Doch manche erreichen ein hohes Alter und stolze Ausmaße. „Wir haben eine Forelle gefangen, die war 1,20 Meter groß und zu unhandlich zum Abmelken“, sagt Mohr. Der Gigant schwimmt noch immer irgendwo in der Krückau.