Zahl der Abbrüche erreicht Tiefststand seit zehn Jahren – nicht zuletzt aufgrund vorbildlicher Aufklärungsarbeit

Kreis Pinneberg. Immer weniger Frauen treiben ab. In Schleswig-Holstein sank die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche zuletzt sogar auf den Tiefststand seit zehn Jahren. So entschieden sich Frauen im Jahr 2013 3186 Mal gegen eine Schwangerschaft. Zum Vergleich: Im Jahr 2004 waren es noch 3627 Eingriffe – ein Rückgang um 13 Prozent. Für den Kreis Pinneberg liegen keine gesonderten Daten vor.

Welche Gründe hinter dem bundesweiten Abwärtstrend stehen, geht aus der Statistik zwar nicht hervor, doch lässt sich vermuten, dass deutlich weniger Frauen ungewollt schwanger werden. Den Rückgang allein auf einen demografischen Wandel zurückzuführen, hält auch Lisa Schnelten vom Frauentreff Elmshorn für zu kurz gedacht. „Vergleicht man Statistiken weltweit, so wird deutlich, dass in den Ländern, in denen gute Aufklärungsarbeit geleistet wird, die Abtreibungszahlen stark rückläufig sind“, sagt die Beraterin.

Das Netz an Hilfsangeboten sei beispielsweise im Kreis Pinneberg engmaschig und in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut worden. „Wir bieten Frauen und Paaren eine Beratung an, die unsicher hinsichtlich der Entscheidung für oder gegen die Fortsetzung der Schwangerschaft sind, die ungewollt schwanger sind und die Beratungsbescheinigung für einen Schwangerschaftsabbruch benötigen.“ Eine Frau, die in Deutschland abtreiben möchte, muss sich mindestens drei Tage zuvor bei einer Schwangerschaftskonfliktstelle beraten lassen.

Zudem habe sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich verbessert, so Schnelten. Die Einführung des Elterngeldes habe dazu beigetragen. „Es ist zu beobachten, dass die Männer zunehmend ihre Vaterrolle wahrnehmen und beispielsweise Elternzeit nehmen, auch wenn seitens der Unternehmen noch nachgebessert werden muss“, sagt die Expertin. Durch die bessere Rollenverteilung und die finanzielle Unterstützung würden berufstätige Frauen entlastet und zur Schwangerschaft ermutigt.

„Wenn sich die Frauen wohlfühlen, entscheiden sich auch mehr für Kinder“, sagt sie. Und im Gegensatz zu Frauen aus Entwicklungsländern, die deutlich mehr Kinder zur Welt bringen, auch um sich im Alter abzusichern oder weil ihnen der Zugang zu Verhütungsmitteln fehlt, könnten sich hierzulande Frauen frei entscheiden.

Auch im Bereich der Prävention werde vorbildliche Arbeit geleistet. „An den Schulen werden die Jungen und Mädchen mehrfach über Verhütung aufgeklärt“, sagt Schnelten. Gemeinsam mit dem Sozialdienst katholischer Frauen in Elmshorn betreut der Frauentreff auch das Projekt „Elternschaft auf Probe“. Es wurde 2005 ins Leben gerufen. „Damals gab es einen Trend, dass vermehrt sehr junge Frauen Mütter wurden“, sagt sie.

In einem einwöchigen Elternpraktikum erfahren Achtklässler hautnah, was es bedeutet, sich rund um die Uhr um einen Säugling zu kümmern. Drei Tage und zwei Nächte müssen sie ein Computerbaby füttern, wickeln, trösten, waschen und anziehen. Die Eltern auf Zeit tragen einen Computerchip am Handgelenk, über den registriert wird, wie gut die Aufgaben erfüllt wurden.

Die Rund-um-die-Uhr-Versorgung der Simulationspuppe zerrt an den Nerven und die meisten Schüler sind froh, wenn sie ihr „Baby“ wieder bei Geburtsvorbereiterin und Familienplanerin Saskia Ehlert-Sartori abgeben können. Die ist überzeugt, mit dem Projekt ungeplanten Schwangerschaften vorzubeugen. „Wir möchten die Jugendlichen anregen, sich mit ihrer Lebensplanung auseinanderzusetzen“, sagt die siebenfache Mutter. Dank der Finanzierung durch die Stadt Elmshorn mit rund 7000 Euro kann das Projekt auch 2015 weitergeführt werden. Offenbar entsprechende Angebote Erfolg. Auch bei den Minderjährigen geht die Zahl der Abbrüche zurück.