Kirchengemeinden im Kreis kämpfen mit Mitgliederschwund. Um ihre Arbeit dennoch auf Dauer finanzieren zu können, gehen sie neue Wege

Halstenbek/Pinneberg. Seit vielen Jahren verlieren die Kirchen Mitglieder. Das führt zwar dank der guten Wirtschaftslage zurzeit noch nicht dazu, dass die Einnahmen aus der Kirchensteuer sinken. Doch um ihre Arbeit auch in Zukunft finanzieren zu können, müssen die Kirchengemeinden neue Einnahmequellen auftun. Eine Möglichkeit ist das Freiwillige Kirchgeld, das fast alle der 24 Gemeinden in der Propstei Pinneberg erheben.

Wobei „erheben“ der falsche Begriff sei, sagt Pastor Norbert Dierks aus Halstenbek. „Unser Kirchgeld ist ausdrücklich eine freiwillige Zahlung.“ Er führte es bereits vor 16 Jahren ein – heute ist die Vorreitergemeinde auch diejenige, die damit den größten Erfolg verbuchen kann. Etwa 50.000 Euro kommen durch das Freiwillige Kirchgeld jedes Jahr zusammen. Zum Vergleich: Die Kirchengemeinde mit ihren 5600 Mitgliedern erhält jährlich etwa 250.000 Euro aus der Kirchensteuer.

Die Idee kam dem Halstenbeker Pastor während eines Besuches in München. In Süddeutschland ist das Kirchgeld schon lange üblich. Es wie der dortige Kollege mit Gehaltstabelle ausgerüstet einzusammeln, war für Dierks unvorstellbar. „Wir fordern es weder ein, noch geben wir eine Summe vor.“

Wichtig ist allein, dass die Zahlungen regelmäßig eingehen. Nur das gibt der Kirchengemeinde die notwendige Planungssicherheit. Denn in Halstenbek werden mit den Zusatzeinnahmen jeweils zwei Drittel der beiden Stellen für Kirchenmusik und Diakonie finanziert. Der Rest kommt aus Kirchensteuermitteln. Die Arbeit von vier Mitarbeitern wird auf diese Weise gesichert.

„Ohne dieses Instrument müssten wir hauptamtliche Stellen von Kirchenmusikern, Küster, Diakon oder Sekretärinnen zumindest reduzieren“, so Dierks. Seit der Einführung liegt der Schwerpunkt auf Kirchenmusik und Jugendarbeit. Diese Arbeitsbereiche seien gut geeignet, Menschen zu freiwilligen Zahlungen zu ermuntern. So werden mit dem Geld beispielsweise die Kinder- und Jugendfahrten gefördert, drahtlose Mikrofone für die Chöre sowie Möbel für den Jugendraum im Gemeindezentrum angeschafft. Auch eine Broschüre zur Trauerarbeit wurde so finanziert. Direkten Einfluss auf die Verwendung haben die Kirchgeld-Zahler nicht. Darüber entscheidet der Kirchengemeinderat. „Die Leute geben das Geld der Gemeinde“, sagt der Pastor. „Sie haben Vertrauen, dass wir es sinnvoll verwenden.“ Dreimal im Jahr informiert er sie per Brief, wofür das Geld eingesetzt wurde, einmal im Jahr lädt er sie zur Gemeinderatsversammlung ein.

337 Menschen geben derzeit einen freiwilligen Beitrag für die Arbeit der Halstenbeker Kirchengemeinde. Viele seien Rentner, die keine oder nur geringe Kirchensteuer zahlen müssten, sagt Dierks. 76 Zahler, fast jeder vierte, seien nicht Kirchenmitglied. „Viele Menschen fühlen sich der Kirchengemeinde verbunden, lehnen das Kirchensteuersystem aber ab“, sagt Dierks. Zwar freue er sich, wenn sie dennoch einen Beitrag leisten wollten. Er rate aber keinesfalls zum Austritt. Das Steuersystem sei vernünftig, gerecht und bringe den geringsten Verwaltungsaufwand mit sich.

Wenn Martje Brandt hört, dass jemand statt Kirchensteuer lieber einen freiwilligen Betrag zahlen will, kann die Pastorin der Pinneberger Lutherkirche schon einmal laut werden. „Wem Kirche wichtig ist, zahlt Steuern“, sagt sie. „Wer austritt, wendet der Kirche den Rücken zu.“ Doch auch in Pinneberg gibt es seit etwa zehn Jahren das Freiwillige Kirchgeld. Es komme vor allem von Rentnern, aber auch von Menschen anderer Konfessionen, die sich der Gemeinde verbunden fühlten, so Brandt. Die Höhe der regelmäßigen Zuwendung kann jeder selbst wählen. Mit den etwa 10.000 Euro, die jährlich zusammenkommen, wird die Küsterstelle mitfinanziert. „Unser Küster Klaus Vater ist die gute Seele des Hauses“, sagt Brandt. „Es ist nicht vorstellbar, dass er nicht da ist.“ Über die Zusatzeinnahmen sichere die Gemeinde diesen Arbeitsplatz.

In Haselau können Spender aus vier Bereichen wählen, in die ihr Beitrag fließen soll. So werde die Kinder- und Jugendarbeit, die Kirchenmusik, aber auch der Erhalt des Kirchengebäudes mitfinanziert, so Pastor Andreas-Michael Petersen. „Dieser nicht ganz unbedeutende Betrag hilft uns über die Runden“, sagt er. Dabei sei es egal, ob eine Rentnerin fünf Euro gebe oder ein vermögender Bürger 100 Euro. Die Gemeinde der Klosterkirche Uetersen erhält über das Freiwillige Kirchgeld jedes Jahr etwa 6000 Euro, ebenfalls vor allem von Rentnern. „Das fließt in unsere Gemeindearbeit, für Dinge, die sonst nicht einfach drin sind“, sagt Pastorin Kirsten Ruwoldt. So werde die Jugend- und Kindergartenarbeit unterstützt, auch seien neue Möbel fürs Gemeindehaus und ein Notensystem angeschafft worden. „Wir wollen, dass möglichst viele etwas davon haben, von Kindern bis zu Senioren.“

In der Kirchengemeinde Halstenbek werden die Stellen mittlerweile auch mithilfe der Rücklagen finanziert. „Im Moment ist die Steuerlage gut“, sagt Pastor Dierks. „Aber um unsere Arbeit so zu erhalten, müssen die Einnahmen auf Dauer weiter steigen.“