Britta Ernst zu Gast bei „SPD im Dialog“ im Pinneberger Rathaus. Schulen im Kreis erhalten 24 neue Lehrerstellen

Pinneberg. Der Unmut der Lehrer, Schulleiter und Eltern im Publikum war spürbar. Zu wenig Personal, zu viel Unterrichtsausfall, marode Schulgebäude, mangelhafte Ausstattung – an Pinnebergs Schulen herrscht der Mangel. Die Stadt steht unter dem Rettungsschirm des Landes und muss deswegen kräftig sparen – Inklusion hin oder her.

Britta Ernst, seit Mitte September Ministerin für Schule und Berufsbildung in Schleswig-Holstein, stellte sich am Montagabend im Ratssitzungssaal des Pinneberger Rathauses den vielen Fragen zu Inklusion, Lehrermangel und der Gestaltung des Übergangs von Schule in den Beruf. Eingeladen hatten die Pinneberger Sozialdemokraten. Der Besuch der Ministerin (SPD) bildete den Auftakt für die Veranstaltungsreihe „SPD im Dialog“.

Viele der Zuhörer engagieren sich in der Pinneberger Schulallianz. Sie hatten kurz vor dem Rücktritt von Britta Ernst Vorgängerin Waltraud Wende einen Vier-Punkte-Plan in Kiel vorgestellt. In dessen Mittelpunkt steht der Vorschlag, Kosten für Kredite im Bildungsbereich aus dem Pinneberger Haushalt auszuklammern und die Forderung nach Inklusionszuschüssen vom Bund. Denn für den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern sind barrierefreie Räume notwendig. Zudem hoffen Eltern, Schulleiter und Bürgermeisterin Urte Steinberg auf günstige Kredite vom Land und die Wiederbelebung des 2008 abgeschafften Landesschulbaufonds. „Als Träger der Schulen hat die Stadt für gute Rahmenbedingungen zu sorgen“, sagte Steinberg auf dem Podium. An den elf Schulen habe man noch keinen guten Standard erreicht.

Vom Vier-Punkte-Plan der Schulallianz hatte Britta Ernst, die erst seit sieben Wochen im Amt ist, zuvor noch nichts gehört. Sie versprach aber, sich mit dem Konzept auseinanderzusetzen. Die Ministerin wurde zudem nicht müde zu betonen, dass die Vorgängerregierung von CDU/FDP einen massiven Lehrerstellenabbau eingeleitet hatte.

„Die jetzige Landesregierung hat bei Amtsübernahme sofort 300 Lehrerstellen ins System gegeben“, sagte Ernst und versprach weitere Entlastung für Lehrer. Bis 2017 sollen 728 Lehrerstellen in Schleswig-Holstein geschaffen werden. Als Soforthilfe zum Schuljahresbeginn in diesem Jahr gab es 228 Stellen, für 2015 sind weitere 200 Stellen angekündigt, 2016 noch einmal 100 und im Jahr 2017 erneut 200. „Zudem liegt die Inklusionsrate in Schleswig-Holstein schon heute bei 60 Prozent“, sagte sie. Das Land nehme damit eine Vorreiterrolle ein. Sie sieht aber auch die Grenzen. So räumte die Ministerin ein, sich ein schwerst behindertes Kind, schwerlich in der sechsten Klasse einer Regelschule vorstellen zu können. Daher begrüße sie die Entscheidung, Förderzentren zu erhalten.

Möglich wird die Investition in Lehrerstellen dadurch, dass der Bund ab dem kommenden Jahr die BAföG-Kosten für Studenten von 36,4 Millionen Euro übernimmt. Das Geld investiert das Land vor allem in die Sekundarstufe I (fünfte bis zehnte Klasse), um eine Grundlage für die Ausbildungs- und Studierfähigkeit der Kinder zu schaffen. Im Kreis werden in den kommenden Jahren 24,85 Lehrerstellen geschaffen. 9,1 Stellen werden auf die 15 Gymnasien verteilt, 11,75 Stellen an die Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe, von denen es 14 im Kreis gibt, und vier Stellen entstehen an den vier Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe.

Insgesamt fließen mehr als 49 Millionen Euro in die schleswig-holsteinischen Schulen. „Dem Schülerrückgang von mehr als 10,6 Prozent an den allgemeinbildenden Schulen steht danach nur ein Lehrerstellenabbau von 2,9 Prozent gegenüber“, sagte Kai Vogel, schulpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und früherer Konrektor der Klaus-Groth-Schule in Tornesch.

13,2 Millionen Euro aus dem Programm „Geld statt Stellen“ sollen genutzt werden, um zum kommenden Schuljahr 314 schulische Assistenzstellen vor allem an Grundschulen zu schaffen, denn dort sind die Heterogenität und die Herausforderungen aus Sicht der Landesregierung am größten. Wie viele davon im Kreis Pinneberg ankommen, ist noch unklar. „Zur regionalen Verteilung können wir noch gar nichts sagen“, sagt Thomas Schunck, Sprecher im Bildungsministerium. Auch darüber, welche Qualifikation die Assistenten mitbringen sollen, herrscht bislang Uneinigkeit. Zugleich soll laut Schunck der Schulsozialdienst gestärkt werden: Während sich der Bund aus der Finanzierung zurückziehe, lasse das Land 17,7 Millionen Euro in diese einfließen.