Elektrobus-Award für Lamla, der nach Absetzung als KViP-Chef erfolgreich vor Gericht klagte

Kreis Pinneberg. Es hätte eine herausragende Auszeichnung für die jahrelange Vorreiterrolle des Kreises Pinneberg bei der Elektromobilität im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) werden können. Doch nun ist es „nur“ die persönliche Ehrung von Hans-Jürgen Lamla für seine Pionierarbeit in Sachen emissionsfreier Busverkehr geworden. Lamla, der vor zwei Jahren im Kreis Pinneberg den ersten Elektrobus im Linienverkehr in Deutschland einsetzte, ist dafür jetzt von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt mit dem bundesweiten E-Bus-Award in Köln belohnt worden, dem deutschen Umweltpreis für den ÖPNV, der jetzt zum zweiten Mal verliehen wurde.

Doch zwischen Lamla und dem Kreis Pinneberg ist das Tischtuch zerschnitten. Still und heimlich ist er im Sommer als Geschäftsführer der Kreisverkehrsgesellschaft (KViP) abgesetzt worden, der er 18 Jahre lang war. Danach musste er seinen Schreibtisch in Uetersen räumen und Platz machen für den neuen KViP-Chef in Teilzeit, Thomas Becker, der hauptamtlich die etwa 20-mal so große Busgesellschaft Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) mit Sitz in Bergedorf leitet. Ein Arbeitsgerichtsstreit zwischen Lamla und seinem langjährigen Arbeitgeber Kreis Pinneberg, den der Ex-Geschäftsführer gewann, kostete ihn nun seine verdiente Verabschiedung, die Landrat Oliver Stolz ihm bei der Jubiläumsfeier zum 20-jährigen Bestehen der KViP im Mai noch vor 200 geladenen Gästen versprochen hatte.

Nun fürchten Insider, die KViP könnte in ihrer zukünftigen Entwicklung behindert, die Elektrobus-Aktivitäten gar auf Eis gelegt werden. Dafür spricht, dass ein batteriebetriebener Gelenkbus im Sommer trotz hoher Zuschusszusagen vom Land nicht beschafft wurde und der vorhandene Elektrobus seit Monaten zur Reparatur in der Werkstatt ist. Gleichwohl betonen Stolz als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der KViP und sein Aufsichtsratsvorsitzender Hans-Werner Quast, dass an der Elektromobilät für den Kreis Pinneberg unbedingt festgehalten werden solle.

Wie konnte es zu diesem überraschenden Abgang Lamlas kommen? Der gelernte Eisenbahner und Omnibusexperte, der als Nahverkehrsbeauftragter des Kreises auch die ständige Schiffsverbindung Helgolands zum Festland mit der Reederei Cassen Eils aushandelte, sollte dieses Jahr wegen Vollendung seines 70. Lebensjahres als KViP-Chef abgelöst werden – mit der Maßgabe, seinem Nachfolger bis zum Jahresende beratend zur Seite zu stehen.

So war es vertraglich vereinbart. Doch daraus wurde nun nichts. „Ich wollte Lamla solange an Bord halten, wie wir ihn brauchen“, sagt KViP-Aufsichtsratschef Quast. Als aber zum 1. Juli mit VHH-Chef Becker „ein ausgesprochener fachlich versierter Profi“ als neuer KViP-Geschäftsführer für die nächsten zwei Jahre bestellt werden konnte, sei die beratende Funktion Lamlas überflüssig geworden. Das empfand Becker offenbar ebenso, der Lamla Ende August kurzerhand vor die Tür setzte. Vor dem Arbeitsgericht setzte Lamla allerdings durch, dass er noch bis Ende des Jahres bei der KViP beschäftigt ist, aber freigestellt bleibt.

Beide Seiten haben über diesen juristischen Vergleich Stillschweigen vereinbart. Darum wollen sich weder der Betroffene noch Landrat Stolz oder Quast offiziell zu der Anglegenheit äußern. Stolz und Quast betonen vielsagend: „Eine offizielle Verabschiedung von Herrn Lamla ist nicht geplant.“ Beide loben aber seinen unermüdlichen Einsatz für die Elektromobilät, die ja nun mit dem E-Bus-Award bundesweite Anerkennung fand. „In dieser Hinsicht war er Pionier und hat Großartiges für den Kreis Pinneberg geleistet“, sagt Stolz. Auch der neue KViP-Chef Becker lobt seinen Amtsvorgänger: „Dieser Preis sei ihm gegönnt. Er hat ihn verdient.“

Dass der elektrisch betriebene Gelenkbus nicht angeschafft wurde, sei allein wirtschaftlich begründet, betonen Stolz und Quast. „Das finanzielle Risiko für den Kreis wäre zu groß gewesen.“ Trotz der 200.000 Euro, die Lamla als Zuschuss vom Land dafür losgeeist hatte, hätte der Kreis 450.000 Euro tragen müssen für einen Bus, von dem man nicht gewusst hätte, ob er den Anforderungen im Linienverkehr gerecht würde. „Um das auszutesten, sind wir als KViP zu klein“, begründet Stolz die Absage, die er zuvor mit den Vorsitzenden aller Kreistagsfraktionen abgestimmt hätte.

Diese Besprechung bestätigt SPD-Fraktionschef Hannes Birke. Der Gelenkbus sei technisch noch nicht ausgereift, lautete die Verständigung zwischen Verwaltungsspitze und Politiik. „Das ist aber keinesfalls ein Ausstieg aus der Elektromobilität, der wir uns als Kreis Pinneberg verschrieben haben“, betont Birke. Auch der neue KViP-Chef Becker sieht in der abgasfreien Technologie die Zukunft für seine Branche. Gerade habe er als VHH-Vorstand den ersten Elektrobus für den Linienverkehr in Hamburg-Blankenese in Betrieb genommen. Die Stadt Hamburg wolle ohnehin von 2020 an nur noch abgasfreie Omnibusse anschaffen. „Elektrobusse haben eindeutig eine große Zukunft“, ist Becker überzeugt.

Dass es Interessenskonflikte zwischen seinen beiden Ämtern geben könnte, glaubt Becker nicht. Die KViP mit ihren 30 Bussen sowie 70 Mitarbeitern und die VHH mit ihren 550 Bussen und 1700 Mitarbeitern seien seit vielen Jahren eng verbandelt mit einer Reihe von Dienstleistungsverträgen, etwa der Werkstattnutzung für die KViP in Elmshorn. Auch der vorhandene Elektrobus solle so schnell wie möglich auf die Straße, sein Einsatz werde dann wissenschaftlich begleitet, kündigt Becker an. Er werde seiner Aufgabe für die KViP voll gerecht werden und einmal die Woche in Uetersen sein. So sei es auch vertraglich geregelt. Der Kreis spart mit dieser Billiglösung „mehr als 50.000 Euro im Jahr“, sagt KViP-Aufsichtsratschef Quast. Neun Millionen Euro investiert der Kreis Pinneberg im Jahr in den kreisweiten ÖPNV. „Die Leitung der KViP ist kein Fulltime-Job.“ Das dürfte Lamla anders sehen.