Straßensanierung West statt Aufbau Ost, so die Idee aus Elmshorn. Viele andere Bürgermeister im Kreis finden das gut

Kreis Pinneberg. Der Vorschlag des Elmshorner Bürgermeisters Volker Hatje (parteilos), den Solidaritätszuschlag Aufbau Ost umzuwandeln und das Geld bundesweit für Straßensanierungen zu verwenden, kommt bei den Kollegen im Kreis gut an. Hatje hatte den „Schlagloch-Soli“ für Kommunen ins Gespräch gebracht, weil zwei Drittel der Straßen in Elmshorn dringend sanierungsbedürftig sind und Geld fehlt. „Wir stehen vor einem gewaltigen Sanierungsstau“, so Hatje. „Uns bröckeln die Straßen weg.“ Anfang des Jahres hatte Ministerpräsident Torsten Albig einen ähnlichen Vorschlag gemacht, er wollte alle Autofahrer zur Kasse bitten.

Quickborns Bürgermeister Thomas Köppl (CDU) kann der „Soli“-Idee einiges abgewinnen. „Es ist eine Tatsache, dass die Kommunen unterfinanziert sind. Es ist gut, deshalb Bundesmittel umzuschichten.“ Auch Köppl hat den Solidaritätszuschlag Ost im Auge: „Der Osten ist 24 Jahre lang gefördert worden und hat eine gute Infrastruktur. Jetzt brauchen wir wieder mehr Mittel für die westliche Infrastruktur.“ Auf Bundesebene müsse ein „Umdenken“ stattfinden. Quickborn gibt laut Köppl pro Jahr rund 3,2 Millionen Euro (Unterhaltung: 2,3 Millionen, Investitionen: 900.000 Euro) für Straßensanierungen aus. Aber: „Wir schaffen es damit nicht, das durchzuführen, was nötig wäre. Wenn dieser Etat um 30 Prozent höher wäre, könnte der Sanierungsstau beseitigt werden.“ Sanierungsbedarf gebe es besonders bei den Nebenstraßen, aber auch der Harksheider Weg müsse „grundsaniert“ werden.

Bei Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg (SPD) trifft Hatjes Vorschlag ebenfalls „auf offene Ohren“, wie sie sagt. „In Pinneberg haben wir Straßen, die dringend sanierungsbedürftig sind, deren Reparatur wir aber Jahr für Jahr verschieben.“ Beispiele seien der Akazienweg im Norden und die Parkstraße im Süden der Stadt. „Es schieben sich immer wieder andere Projekte davor, wie jetzt die Sanierung der Schulgebäude für 34,5 Millionen Euro“, sagt sie. Weitere wichtige Projekte seien der Bau der Westumgehung und die Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes. „Da gibt es kaum noch Spielraum für Straßensanierungen.“ Generell sei die Infrastruktur im Westen Deutschlands vielerorts marode. Eine Möglichkeit, das Problem zu lösen, wäre eine Umlenkung des Solidaritätszuschlages.

Positiv wird Hatjes Vorstoß auch in Barmstedt aufgefasst. „Für zusätzliche Geldquellen haben wir mit Sicherheit Sympathie“, sagt Stadtsprecher Wolfgang Heins. Denn Barmstedt habe „absolut nicht die Mittel, um alle Straßen richtig zu sanieren“. Pro Jahr versuche man, zwei bis drei Straßen zu reparieren. Aber: „Das ist alles Flickwerk.“ Ein neuer Finanztopf, ob aus Bundes- oder Landesmitteln, wäre laut Heins „eine immense Erleichterung, bei der wir sofort zugreifen würden“.

„Ich finde den Vorstoß von Herrn Hatje interessant“, sagt Andrea Hansen (SPD). Die frisch im Amt bestätigte Bürgermeisterin sieht in Uetersens Straßen zahlreiche Risse und Absenkungen, an denen dringend etwas gemacht werden müsste. „Und jeden Winter tun sich neue Löcher auf.“ Mit jährlich 100.000 Euro aus dem Haushalt der unter dem Rettungsschirm des Landes stehenden Stadt können man den Sanierungsstau nicht in den Griff bekommen. Ein „Schlagloch-Soli“ dürfe aber nicht auf dem Rücken der Kommunen im Osten ausgetragen werden. „Es müssten alle mit ins Boot geholt werden und nach einer Rangliste der Bedürftigkeit verteilt werden“, sagt Hansen.

Deutlich besser scheint die Lage in Tornesch zu sein. „Was die Gemeindestraßen angeht, sind wir relativ gut davor. Die Situation ist nicht dramatisch“, sagt Marion Grün, Leiterin des Bau- und Planungsamtes. Zwar habe die Gemeinde auch Probleme, die seien aber nicht so groß, dass man schon über einen „Schlagloch-Soli“ diskutiert habe. Als nächstes stehe die Sanierung einiger Anliegerstraßen an. Außerdem müsse die Kreisstraße 22 zwischen Uetersen und Tornesch dringend saniert werden.

In Schenefeld möchte man auch nicht von einem Sanierungsstau sprechen, obwohl zum Beispiel der Bereich Kiebitzweg und der südliche Abschnitt Lornsenstraße Mängel aufweist. „Die Politik stellt jedes Jahr 200.000 Euro für die rund 100 Gemeindestraßen zur Verfügung“, sagt Günter Leimert, Fachbereichsleiter Planen, Bauen und Umwelt. „Aber natürlich würden auch wir sehr gern auf eine weitere Finanzquelle zurückgreifen können.“

„Auch unsere Straßen sind geflickt“, sagt Rellingens Bürgermeisterin Anja Radtke (parteilos). Auch wenn diese „Flickschusterei“ nicht schön sei, halte sie einen „Schlagloch-Soli“ für nicht erforderlich. „Uns stehen andere Mittel zur Verfügung. Auch wenn das die Bürger nicht gern hören.“ Laut Kommunalabgabegesetz müssen die Anlieger sich gegebenenfalls an den Kosten einer Straßenerneuerung beteiligen. „Natürlich müssen wir von diesen Erschließungs- oder Ausbaubeiträgen Gebrauch machen, um die Gemeindestraßen in den Griff zu kriegen“, sagt Radtke. Zudem stelle die Politik jährlich 300.000 Euro für die Instandhaltung der Straßen bereit. Statt an dem Ausbau-Ost-Topf zu rütteln, würde sich Radtke eine Finanzspritze vom Land wünschen. Schleswig-Holstein hatte den Gemeinden und Städten mit dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) finanziell unter die Arme gegriffen. Aber der Topf sei leider schon leer, so Radtke.