Tagesmutter bekommt Verstärkung im Kampf gegen Neuregelung der Kindertagespflege im Kreis Pinneberg

Kreis Pinneberg. Sind Kind und Karriere im Jahr 2014 in Deutschland möglich? Daniela Asmus atmet ein. Es ist das erste Mal während des Gesprächs, dass die sonst so selbstbewusste und kämpferische Mutter etwas verzweifelt wirkt. Sie überlegt, dann platzt die ernüchternde Bilanz fast aus ihr heraus: „Wir sind von einer Vereinbarkeit von Familie und Beruf weit entfernt.“ Dazu muss man wissen, dass Asmus im Kreis Pinneberg lebt. Zusammen mit ihrem Mann und ihrem 16 Monate alten Sohn Luïc wohnt sie in Tornesch. Die 38-jährige Akademikerin arbeitet in der Hafencity für ein Schifffahrtsunternehmen. Sie bekleidet eine leitende Position im kaufmännischen Bereich und erwartet im Dezember ihren zweiten Sohn. Es klingt so, als hätte sie Familie und Beruf wunderbar unter einen Hut bekommen. Wäre da nicht das Betreuungsproblem.

Seit Wochen liefert sich Asmus einen Papierkrieg mit der Pinneberger Kreisverwaltung. Es geht um die Kosten für die Betreuung ihres Sohnes Luïc, der von einer Tagesmutter in Tornesch umhegt wird, während seine Mutter arbeitet. Im März wurde er eingewöhnt, seit Mai ist er fester Bestandteil der Gruppe und wird 40 Stunden pro Woche von der Tagesmutter betreut. Einen Platz im Kindergarten bekam Asmus nicht, die auf der Warteliste mehrerer Einrichtungen stand. In Tornesch war für den unter Dreijährigen kein Platz frei, außer bei einer Tagesmutter. Mit dieser Betreuung ist Asmus jetzt sehr zufrieden. So sehr, dass sie bereit ist, dafür vor Gericht zu ziehen.

Noch in dieser Woche wird Angela Heinssen ein weiteres Normenkontrollverfahren gegen die neue Kindertagespflegesatzung des Kreises Pinneberg einleiten. Das kündigt die Anwältin jetzt an, die bereits die Moorreger Tagesmutter Claudia Plötz im Kampf gegen die Regelung vertritt. „Die Rechtsbetroffenheit der Eltern ist anders“, erklärt Heinssen den Schritt. Die Juristin vertritt nach eigenen Angaben bislang etwa 30 Eltern, die vor dem Schleswiger Verwaltungsgericht klagen wollen. Sie werfen dem Kreis Pinneberg unter anderem zu hoch berechnete Elternbeiträge vor und halten die komplette Regelung für rechtswidrig, weil sie dem gesetzlich verankerten Wunsch und Wahlrecht der Eltern entgegensteht.

Asmus ist eine von denen, die sich wehren wollen. Aus ihrer Sicht lässt ihr der Kreis Pinneberg keine Wahl zwischen der Betreuung in der Kita oder bei der Tagesmutter. Denn die seit August gültige Neuregelung sieht vor, dass Eltern alle halbe Jahr nachweisen müssen, dass sie keinen Platz für ihren Nachwuchs in einer Kita gefunden haben. Gibt es den doch, entfällt die staatliche Förderung für den Platz bei einer Tagesmutter. Entweder kommen die Eltern dann selbst für die Kosten auf oder sie geben das Kind in die Krippe.

Aus Sicht der Kreisverwaltung besteht damit ein Wunsch- und Wahlrecht zwischen der Betreuung in einer Kinderkrippe und der Betreuung bei einer Kindertagespflegeperson, wie Birgit Köhnke als derzeitige Sprecherin des Kreises betont – aber mit Blick auf das bereits laufende Normenkontrollverfahren nicht weiter ins Detail gehen kann. Asmus kann darüber nur den Kopf schütteln. Sie kann keine Wahlfreiheit erkennen für Eltern und fühlt sich schlechter gestellt als Eltern, deren Kinder in der Kita sind. „Ich finde es ungeheuerlich, von uns als Eltern zu verlangen, uns alle paar Monate bei der Stadt zu erkundigen, wie die Situation gerade ist und unser Leben dann komplett umzukrempeln. Und das mit Kleinkindern“, sagt sie. Luïc sei so glücklich bei der Tagesmutter, Asmus will ihn dem nicht entreißen. Doch nach der neuen Regelung müsste sie genau das tun.

In Tornesch ist ein Krippenplatz frei, das erfuhr sie kürzlich im Rathaus, als sie sich die von der Kreisverwaltung geforderte Bestätigung zur Erstattung der Kosten holen wollte. Dabei hatte man ihr vor ein paar Monaten schriftlich bestätigt, dass vor Juli 2015 nichts zu machen sei. Eine Hiobsbotschaft für die hochschwangere Mutter. Ihr Mann verlor, kurz nachdem er in seiner Firma erklärte, dass er ein Jahr Elternzeit nehmen wolle, seinen Job. Eine betriebsbedingte Kündigung, die laut Asmus nur ihren Mann in der Abteilung traf und in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Elternzeit-Wunsch stand.

Hinzu kommt, dass die Familie seit Mai auf einen Bescheid der Kreisverwaltung wartet. Es geht um 240 Euro pro Monat, die die Familie derzeit vorstreckt. Laut Gebührenordung des Kreises Pinneberg kostet eine 40-Stunden-Betreuung in der Krippe 439 Euro, bei der Tagesmutter sind es 692 bei einem Stundenlohn von vier Euro. Die Differenz muss laut Gesetz der Kreis erstatten. Weil die Kreisverwaltung aber im Verzug ist und rund 200 Anträge auf Kostenübernahme nicht abgearbeitet werden konnten, müssen die betroffenen Eltern warten. Zumindest das soll sich ändern. Der Jugendausschuss beschließt in seiner Sitzung am diesem Donnerstag, 18. September, über die Aufstockung des Verwaltungspersonals.

Und Asmus? Die will Luïc nicht aus der Tagespflege nehmen und kämpfen, auch wenn das ein finanzieller Kraftakt wird. „Mir ist es das wert. Dafür verzichten wir eben auf andere Dinge, wir gehen nicht essen oder ins Kino.“