Jan Lorenzen aus Barmstedt hat schon als Schüler Sitzungen im Rathaus besucht

Seine Unterschrift hat mitbewirkt, dass ein deutscher Züchter seinen Kühen kein Muskelaufbaupräparat mehr ins Futter mischen darf. Jan Lorenzen hat sich auf der Internetseite www.avaaz.org angemeldet. Dort wird er regelmäßig über Projekte und Initiativen politisch aktiver Menschen informiert. Interessiert ihn eines besonders, kann der 18-Jährige sich mit einem Mausklick daran beteiligen. Meistens sind es Themen rund um Natur und Umweltschutz, die ihn bewegen. Wenn es darum geht, die Abholzung des Regenwaldes oder den Bau eines Kohlekraftwerkes zu verhindern, gibt der Barmstedter gern seine Stimme.

Es sind nicht nur die Wahlen, mit denen ein Bürger Einfluss auf die Politik nehmen kann. Er kann zum Beispiel über Bürgerbeteiligung seine Ideen, Bedenken und Einwände vorbringen und durch fundierte Argumente mitwirken, auch wenn der endgültige Beschluss bei der politischen Entscheidungsinstanz, zum Beispiel auf Gemeindeebene beim Gemeinderat bleibt. Oder er kann an einem Bürgerentscheid mitwirken. Jeder kann sich zudem auf Demonstrationen oder in Bürgerinitiativen Gehör verschaffen. Oder an den öffentlichen Ausschusssitzungen teilnehmen.

Wie Letzteres funktioniert, hat Jan Lorenzen, der seit dem 1. August 2013 den Bundesfreiwilligendienst beim Kreisjugendring in Barmstedt absolviert, schon in der Schule gelernt. In der gymnasialen Oberstufe haben er und seine Mitschüler im Barmstedter Rathaus in einem Ausschuss gesessen und so die lokalen Politiker aller Parteien in ihrer Heimatstadt kennengelernt. „Wir haben sogar politische Forderungen formuliert und vorgetragen“, sagt der Jugendliche.

Auch bei der Bürgermeisterwahl im vergangenen Sommer hat er es sich nicht nehmen lassen, zur Wahl zu gehen. „Ich habe mir fest vorgenommen, bei jeder Gelegenheit von meinem Wahlrecht Gebrauch zu machen“, sagt Lorenzen. Schließlich sei es ihm nicht egal, was um ihn herum geschehe. Zum ersten Mal durfte er sein Kreuz bei der Kommunalwahl am 26. Mai 2013 setzen. „Um mich darauf vorzubereiten, habe ich auch den Wahl-O-Mat genutzt“, sagt er. Mit für ihn überraschendem Ergebnis. „Demnach hätte ich die Piraten wählen müssen.“ Das kam für Lorenzen nicht in Frage. „Der Wahl-O-Mat hatte dennoch sein Gutes. Denn danach habe ich mich intensiv mit den Wahlprogrammen der Parteien ausein-andergesetzt.“

Allerdings besuchte er keine Wahlveranstaltungen. „Ich bin ein Internetmensch und habe mich auf den Webseiten der Parteien schlau gemacht“, sagt Lorenzen. Dabei achtete er darauf, auch die kritischen Kommentare in den Foren zu lesen, denn „Wahlversprechen kann schließlich jeder“. Mit seiner Familie hat er viel über die verschiedenen Wahlprogramme diskutiert. Schließlich war es auch für seine Zwillingsschwester Malin die erste Wahl. „Uns liegen Themen wie Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien am Herzen“, sagt er. Seine Familie hatte sich mit Anteilen bei Windkraftfirma Prokon beteiligt, der Insolvenz anmeldete, nachdem die Bundesregierung die Förderungen für Windenergie kürzte. „Ich verstehe nicht, warum die Regierung verstärkt auf Kohlekraftwerke setzt“, sagt Lorenzen. Auch dass sich kaum einer der großen Industrieländern an das Kyoto-Protokoll hält, macht ihn wütend. Das am 16. Februar 2005 in Kraft getretene Abkommen legt völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen fest. „Würden sie sich auch daran halten, könnte die Erderwärmung aufgehalten werden“, sagt Lorenzen.

Er denkt global. Deswegen wird er auch am 25. Mai an der Europawahl teilnehmen. „Die Bindung der EU-Staaten finde ich sehr wichtig“, sagt Lorenzen. Die EU fördere den Zusammenhalt zwischen den Ländern und sichere so langfristig den Frieden. Und selbst wenn er nicht wüsste, wen er wählen sollte, sei es immer noch besser, seine Stimme ungültig zu machen, als gar nicht erst zur Wahl zu gehen. Denn so würde man indirekt die extremistischen Parteien unterstützen.

Auch der Kreisjugendring, bei dem Lorenzen arbeitet, begleitet jede Wahl mit Aktionen. Mit Unterstützung des Landtagspräsidenten hat der Landesjugendring 20.000 Flyer mit Informationen zur Europawahl drucken können, die auch in Barmstedt ausliegen. Die Broschüre für Jungwähler gibt Informationen rund ums Wählen - egal, ob im Wahllokal oder per Briefwahl die Stimme abgegeben werden soll. Es wird geklärt, wer wählen darf, wer gewählt wird, wie viele Stimmzettel es gibt, wie der Stimmzettel aufgebaut ist und wann die Stimmen ungültig sind. Außerdem informieren sie über die wichtigsten Aufgaben des Europäischen Parlaments und Besonderheiten der Europawahl 2014 und nennt Links wie den Wahl-O-mat. Ziel ist es, junge Menschen ab 18 Jahre zu animieren, zur Wahl zu gehen.

Der Flyer kann auch im Schulunterricht eingesetzt werden. Für diejenigen, die noch zu jung sind, um bei der Europawahl mitbestimmen zu dürfen, gibt es die U18-Wahl. Bis zum 16. Mai dürfen alle unter 18 Jahren ihre Stimme abgeben. Die U18-Europawahl funktioniert fast wie die echte Wahl – mit Stimmzetteln, Wahlkabinen, Wahlurnen, Auszählung und Wahlparty. So erleben Kinder und Jugendliche direkt, wie Wählen geht.