Stadtwerke klagen: Neue Steuerrichtlinie kostet Kommunen, die Bäder unterhalten, Zehntausende Euro im Jahr

Barmstedt/Kreis Pinneberg. Das neue Steuerrecht benachteiligt Kommunen, die Hallenbäder betreiben und diese den Schulen zum Schwimm-unterricht überlassen. Das mussten jetzt die Stadtwerke in Barmstedt bei der regelmäßigen Betriebsprüfung durch das Finanzamt feststellen. Demnach ist das Schulschwimmen nicht mehr steuerlich absetzbar. Das heißt, das städtische Unternehmen kann die Gewinne, die es aus dem Strom- und Gasverkauf erzielt, nicht mehr mit den Verlusten verrechnen, die die Badewonne mit dem Schulschwimmen macht. Dies kostet die Stadtwerke Barmstedt 30.000 Euro zusätzlich an Steuern. In Pinneberg sind es 60.000 Euro, in Elmshorn sogar 100.000 Euro, die diese neue Steuerrichtlinie des Bundesfinanzministeriums den dortigen Stadtwerken und damit die Kommune kostet.

„Das trifft die Falschen“, ärgert sich Elmshorns Werkleiter Sören Schuhknecht. Dabei sei es doch so wichtig, dass Kinder früh schwimmen lernten. Rickmer Timm, kaufmännischer Leiter der Stadtwerke Barmstedt, bringt es auf den Punkt: „Es wäre günstiger für uns und die Stadtkasse, wenn wir die Schwimmhalle leer stehen ließen statt sie den Schulen zur Verfügung zu stellen.“ Aber diese perfide Konsequenz könne keiner wollen, der Schwimmunterricht als Pflichtaufgabe begreife – auch der Gesetzgeber nicht, der diese unsinnige Richtlinie erlassen habe. Dadurch würden alle Kommunen, die Schwimmhallen betreiben, zusätzlich benachteiligt, kritisiert Timm. Schuhknecht fordert: „Das sollte noch mal überprüft werden.“

Städte im Kreis machen im Jahr bis zu zwei Millionen Euro Verlust mit Bädern

Grundsätzlich können Kommunen ihre Aufwendungen für Energie, Verkehr und Wasser steuerlich miteinander verrechen. In der Regel läuft dies über kommunale Stadtwerke. Die Verrechnungsmöglichkeit von Gewinnen und Verlusten der einzelnen Betriebs-sparten gilt zwar weiterhin. Ausgenommen werden muss nun aber das Schulschwimmen, das vom Bundesfinanzministerium als hoheitliche Aufgabe und damit als steuerbefreit eingestuft wird. Würde mit dem Schulschwimmen ein Gewinn erzielt, müsste er nicht versteuert werden, erklärt Timm die Rechtslage. Doch das sei illusorisch, weil jedes kommunal geführte Schwimmbad rote Zahlen schreibe. „Eher würde ein Kamel durchs Nadelöhr laufen, als dass ein Schwimmbad Gewinn abwirft.“ In Barmstedt sind es mit 250.000 Euro relativ geringe Verluste. Elmshorn, Pinneberg und Wedel machen mit ihren Bädern jedes Jahr jeweils bis zu zwei Millionen Euro Verlust.

Weil der Verkauf von Strom und Gas in aller Regel höhere Gewinne abwirft, mindern diese Verluste den jährlichen Betriebsgewinn, der in Barmstedt 2012 bei einem Umsatz von 32,9Millionen Euro 515.541,10 Euro ausmachte. Für 2013 sinkt er um 110.000 Euro, weil Barmstedt Steuern in dieser Höhe rückwirkend für vier Jahre an das Land abführen muss, weil der Betriebsprüfer das Schulschwimmen herausgerechnet hat. Pro Jahr sind es künftig etwa 30.000Euro Mehrbelastung in Barmstedt.

Der Betriebsverlust des Bades senke die Steuerlast um 30 Prozent, rechnet Timm vor. Die 250.000 Euro, die die Badewonne die Stadtwerke mehr kostet als sie bei einem Umsatz von 210.000Euro an Einnahmen bringt, mindere also die Steuerlast für den Gesamtbetrieb um 75.000 Euro. Dieser Betrag verringert sich nun um 30.000 Euro im Jahr.

Aber die zusätzlichen Steuern sind es nicht allein, die den Stadtwerken Ärger bereiten. Nun müssen sie mit hohem Aufwand für alle Ausgaben den Anteil berechnen, den das Schulschwimmen verursacht. So sei der Anteil beim Stromverbrauch geringer, weil die Wellenbadanlage für Schüler nicht in Betrieb sei, als bei der Heizungsanlage, die ständig gleich laufen müsse. „Wenn nun eine Kloschüssel erneuert wird, muss die Buchhaltung klären, ob die fürs Hallenbad oder fürs Freibad ist, wo es kein Schulschwimmen gibt. Das ist ein unglaublicher Aufwand.“ Auch die Umsatzsteuer müsse für den Schulanteil jeweils herausgerechnet werden.

Die Kommunen mit Schwimmbädern tragen auch die Steuerlast fürs Umland

Damit nicht genug. „Diese neue Steuerregelung nimmt uns in Sippenhaft“, sagt Timm. So müssten die Stadtwerke die Steuerlast tragen, egal, ob es einheimische oder auswärtige Schüler sind, die Schwimmunterricht haben. Immerhin kamen 2013 von 8712 Schulschwimmern, die die Badewonne 720 Stunden nutzten, 2536 Schüler aus anderen Gemeinden. Barmstedt werde also doppelt bestraft, indem es auch fürs Umland den Steueranteil übernehme. Dabei sei dies die hoheitliche Aufgabe jeder Gemeinde. „Das ist ein Skandal“, sagt Werkleiter Fred Freyermuth. „Die kommunalen Spitzenverbände müssen den Bund auffordern, diese steuerliche Benachteiligung zurückzunehmen.“