Bönningstedter Jäger will an der Kreisstraße 5 blaue Warnzeichen fürs Wild anbringen. Doch der Kreis pocht auf 14 Auflagen

Bönningstedt/Kreis Pinneberg. Auf der Bundesstraße 4 zwischen Quickborn und Bilsen verhindern sie seit sieben Jahren Unfälle mit Wildtieren. Und auf der Norderstedter Seite der Kreisstraße 5 sind jetzt bis zur Kreisgrenze nach Bönningstedt blaue Reflektoren an den Straßenbegrenzungspfählen angebracht, die Rehe, Hasen, Hirsche und Wildschweine davon abhalten sollen, nachts und in der Dämmerung über die Straße zu laufen, wenn sich Autos nähern. Darum wollte auch Jagdpächter Jan-Willem Jurgens, der für das 550 Hektar große Gebiet zwischen Bönningstedt und Norderstedt zuständig ist, etwas Gutes für die Verkehrssicherheit von Mensch und Tier tun. Er beantragte bei der Straßenverkehrsbehörde des Kreises Pinneberg ebenso wie jenseits der Autobahn sein Norderstedter Kollege, blaue Reflektoren an die Leitpfosten der Norderstedter Straße anzuschrauben, damit die K5 künftig vollständig vor Wildunfällen gesichert wäre.

Doch da hat der Bönningstedter die Rechnung ohne den Elmshorner Amtsschimmel gemacht, der sprichwörtlich wieder mal kräftig wiehert. So schickte ihm die Mitarbeiterin des Fachdienstes Straßenbau und Verkehrssicherheit zwar prompt die Erlaubnisverfügung, die etwa 80 Straßenpfähle mit den Reflektoren zu versehen. Doch was dann in dem dreiseitigen Schreiben an Auflagen für diese „Sondernutzungserlaubnis“ folgt, vergraulte dem Jägersmann sein Ansinnen wieder. 14 einzelne Bedingungen müsse er erfüllen, sonst könne dieser Antrag nicht genehmigt werden, heißt es darin.

„Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen“ wundert sich Jurgens. Allein schon den Begriff „Sondernutzungserlaubnis“ hält er für falsch. Er nutze doch gar nichts. „Den Nutzen haben doch die Autofahrer, die Tiere und der Kreis Pinneberg, wenn auf dieser Straße künftig nicht mehr jedes Jahr acht Wildunfälle geschehen.“ Inzwischen sei wissenschaftlich nachgewiesen, dass blaue Reflektoren die Wildtiere kurzfristig erschrecken, wenn sie angestrahlt werden, und sie so daran hindern, die Straße zu überqueren. Um bis zu 70 Prozent sind die Unfälle zurückgegangen, wo solche Reflektorpfähle stehen. Das verschont die Tiere, die oft schwerste Verletzungen oder gar den Tod erlitten, wenn sie vom Pkw erfasst würden, weiß Jurgens nur zu gut aus eigener Erfahrung, weil er verendete Tiere regelmäßig von der Straße holt. Aber auch die Autofahrer müssten nicht abrupt bremsen, weil sie plötzlich ein wildes Tier im Scheinwerferlicht sehen, was sie oft zu riskanten Bremsmanövern verleitet und im Straßengraben landen lässt.

Unweit von der Stelle, wo Jurgens seine ersten Reflektoren anbringen will, ist ein Holzkreuz mit dem Namen einer Frau in den Boden gesteckt. Für Jurgens ein mögliches Zeichen für einen Wildunfall, bei dem ein Mensch ums Leben kam. Aber nun wird wohl nichts aus seiner hehren Idee, die jeweils sechs Euro teuren Reflektoren auf eigene Kosten an die Pfähle zusätzlich anzubringen. Dass er sie fachgerecht anbringen soll, die Erlaubnis zu widerrufen ist, er sie nicht an Dritte übertragen darf und der Kreis keine Haftung übernehmen will, falls sie kaputtgehen – damit könnte Jagdpächter Jurgens noch leben. Aber die Auflagen des Kreises, sie auf seine Kosten unterhalten, sie bei Bedarf wieder entfernen und mögliche Schäden dem Kreis erstatten zu müssen, hält er doch für zu viel der Bürokratie. „Jeden Pfahl ersetzen zu müssen, kann für mich teuer werden“, ahnt der Bönningstedter und lehnt es ab, diese Bedingungen zu erfüllen.

Offenbar stecke hinter diesen forderungen der Glaube, Jäger seien privilegiert und das Wild gehöre ihnen, also seien sie gefälligst auch für dessen Sicherheit verantwortlich. „Aber es ist umgekehrt“, sagt Jurgens. „Die Straßenverkehrsbehörde ist für die Sicherheit auf unseren Straßen zuständig. Sie müsste das eigentlich selbst machen.“ In Norderstedt hätten sie dies erkannt. Dort habe die Stadt auf eigene Kosten und mit eigenem Personal die blauen Reflektoren angebracht. Im Nachbarkreis Pinneberg werde dagegen freiwilliges Engagement von mitdenkenden Bürgern durch sinnlose bürokratische Auflagen im Keim erstickt. „Das ist schade“, findet Jurgens.

Hermann Maaß-Hell, Leiter des Hegerings zwischen Barmstedt und Elmshorn, will dagegen an seinem Vorhaben festhalten, die dortigen 1350 Leitpfähle mit blauen Reflektoren zu versehen. Eine Genehmigung dazu hat er allerdings noch nicht. „Die Auflagen sind für mich kein Problem“, sagt er. Maaß-Hell hat aber auch Erfahrung mit der Straßenbehörde, da er im Auftrag der Straßenmeistereien Winterdienste und Reinigungsarbeiten auf Autobahnen macht.

Angela Biermann, Teamleiterin in der Straßenverkehrsbehörde, gibt zu, dass die erteilte Erlaubnis etwas bürgerfreundlicher ohne Textbausteine hätte formuliert werden können. „Wir erkennen ja auch die Sinnhaftigkeit dieser Reflektoren an, um Wildunfälle zu verhindern.“ Aber der Kreis müsse sich absichern, um nicht regresspflichtig zu werden, falls sich jemand an diesen Reflektoren verletze oder diese beim Reinigen der Leitpfosten kaputt gingen.