Medienexperte: Wer Gewaltvideos sieht wird nicht automatisch zum Gewalttäter

Kreis Pinneberg. Von dem geständigen 16-Jährigen existiert ein Profil unter seinem Namen auf der Internetplattform Youtube, auf dem Gewaltdarstellungen verlinkt sind. Haben die Videos, in denen Frauen gewürgt werden, ihn zu der Tat bewogen?

Thomas Voss, Bereichsleiter Programmmedienkompetenz an der Landesmedienanstalt in Schleswig-Holstein und Hamburg, warnt davor, voreilige Schlüsse zu ziehen. „Das Schauen von Gewaltvideos fördert grundsätzlich nicht Sozialverhalten“, sagt der Medienexperte. „Es ist aber falsch anzunehmen, wer Gewaltvideos konsumiert, wird auch Gewalt anwenden.“ Es gebe keine einfachen Reiz-Reaktion-Mechanismen. „Dass jemand zum Täter wird, ist von vielen äußeren und inneren Faktoren abhängig.“ Allerdings könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich ein Täter in Gewaltvideos Anregungen für eine Straftat holt. „Er könnte lernen, wie eine bestimmte Gewalthandlung vollzogen wird.“ Es sei nicht egal, was man sieht. Wer sich häufig Gewaltszenen anschaue, könnte diese irgendwann als normal empfinden. Das heiße nicht, dass jemand, der sich Würgevideos ansieht, auch Frauen erwürge.

Oft werde vom Täter auch nur die Schutzbehauptung aufgestellt, die Gewaltdarstellungen in Videos habe ihn veranlasst, ein Verbrechen zu begehen. So muss er nicht die volle Verantwortung übernehmen. „Dann muss genau geprüft werden, welche anderen Motive eine Rolle spielen“, sagt Voss.

Voss weist darauf hin, dass jeder gewaltverherrlichende Darstellungen im Internet bei der Landesmedienanstalt, Polizei oder Staatsanwaltschaft anzeigen kann. Außerdem würde Youtube und damit Google in sehr kurzer Zeit auf Nutzerbeschwerden reagieren und Videos mit problematischen Inhalten sperren. Auch wenn sich der amerikanische Anbieter nicht an deutsches Recht halten muss, gehe er sehr problembewusst mit der Thematik um.