Nach Tod der 18-Jährigen und Festnahme eines Tornescher Schülers sind Seelsorger und Psychologen im Einsatz

Tornesch/Pinneberg. In stiller Trauer und mit Hunderten von Kerzen haben am Dienstagabend knapp 500 Menschen vor dem Feuerwehrhaus in Tornesch-Ahrenlohe Abschied von der getöteten Lisa Marie B. genommen. Freunde, Bekannte und Bürger aus den Nachbarorten kamen zu der Gedächtnisfeier, um der 18-Jährigen zu gedenken und den Eltern ihr Mitgefühl auszusprechen.

„Zwei Familien sind zerstört worden“, sagte sichtlich bewegt Gemeindewehrführer Dirk Lolies. Der Leiter der Feuerwehrstation kannte die 18-Jährige, die am Montagnachmittag erwürgt in einem Feld gefunden wurde, durch ihre Arbeit in der Feuerwehr sehr gut, ebenso wie zahllose andere Feuerwehrkameraden in Tornesch und Umgebung. Der Schock über das Geschehene sitze bei allen tief.

Kinder, Jugendliche und Erwachsene brachten Briefe, Stofftiere, Blumen, Fackeln und Kerzen und legten sie in ein Herz, das die Feuerwehrkameraden mit roten Feuerwehrschläuchen gebildet hatten. Dieses Herz des Andenkens soll auch die kommenden Tage bestehen bleiben. Die Tornescher Stadtverwaltung und die Feuerwehrführung haben auf einer Sitzung am Mittwoch beschlossen, den Ort der Trauer auch für die kommenden Tage zu erhalten. Bürger können dort Kerzen niederlegen und der Getöteten gedenken.

„Wir haben von der Idee, ein Kondolenzbuch aufzustellen, Abstand genommen“, sagt Inga Ries, Büroleiterin bei der Stadt Tornesch. Die Veranstaltung in Ahrenlohe werde von allen Seiten als angemessene Trauerform angesehen und solle daher als alleinige beibehalten werden. „Es war sehr schön, was die Bürger an diesem Abend gemacht haben, es gab allem einen würdigen Rahmen. Für die große Anteilnahme sind alle sehr dankbar“, so Ries.

An der Klaus-Groth-Schule, wo der 16 Jahre alte mutmaßliche Täter zur Schule ging, läuft derzeit laut dem Landesbildungsministerium die psychologische Betreuung der Schulklassen. Es bestehe Gesprächsbedarf, sowohl bei Schülern als auch bei Lehrern. Zwei Schulpsychologen seien im Einsatz, ebenfalls sei ein Pastor eingeschaltet sowie die Hilfsorganisation Wendepunkt, die sich um traumatisierte Menschen kümmert. Die Schulklasse, in die der 16-Jährige bis zu seiner Festnahme durch die Polizei ging, hat am Mittwoch frei bekommen. Damit solle der Druck von den Schülern genommen werden, so eine Ministeriumssprecherin. Für derartige Fälle gebe es ein Standardprozedere an Hilfsmaßnahmen, die in die Wege geleitet würden. Dieser Mechanismus sei an der Klaus-Groth-Schule vorbildlich in Gang gesetzt worden. Am Montag wird laut Ministerium eine Sitzung des Schulelternrates mit den Lehrern stattfinden, bei der das weitere Vorgehen besprochen werden soll.

Um die Eltern der getöteten Lisa Marie kümmern sich Ehrenamtliche des Weißen Ringes. „Die Familie befindet sich in einer absoluten Ausnahmesituation“, sagt Peter Wieruch, kommissarischer Leiter der Pinneberger Außenstelle. „Wir versuchen, sie mit Rat und Tat zu stützen und soweit wie möglich Trost zu spenden.“ Der Verein vermittelt psychologische Hilfe und kümmert sich um einen Anwalt für die Nebenklage. „Wir werden den Fortgang des Prozesses begleiten und im Prozess an der Seite der Familie sein.“ Auch die Kirche in Tornesch ist in die Seelsorge der Betroffenen mit eingebunden.

In Pinneberg kamen am Dienstagabend etwa 100 Jugendliche, Frauen und Männer zusammen, um an Lisa Marie zu erinnern. Sie zündeten Kerzen auf den Stufen der Drostei an und gedachten der Tornescherin still. Aufgerufen zu der Trauerfeier hatte die Pinnebergerin Constanze Dahms im sozialen Netzwerk Facebook. „Ich bin selbst Mutter einer 19 und einer 13 Jahre alten Tochter“, sagt Constanze Dahms. „Wir zünden Kerzen an, um den Eltern von Lisa Marie ein wenig Kraft zu geben.“

Auch der Propst des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein, Thomas Drope, war auf den Drosteiplatz gekommen. „Viele Menschen verleihen ihrer Trauer und Erschütterung Ausdruck“, sagte der Protestant. „Die evangelische Kirche steht den Trauernden im Kreis Pinneberg mit einem guten Netz von Notfallseelsorgern zur Seite.“ Christian Hild, Pastor der Erlöserkirchen-Gemeinde in Uetersen, sagte, der Tod der 18-Jährigen sei „grässlich und unfassbar. Ich spüre eine große Sprachlosigkeit. Bei meinen Konfirmanden herrscht das blanke Entsetzen.“

Itzehoes Oberstaatsanwalt Uwe Dreeßen geht davon aus, dass voraussichtlich innerhalb von drei Monaten Anklage gegen den 16-Jährigen erhoben wird. Der Junge war am Montag in der Tornescher Schule von den Ermittlern abgeholt worden. Ob es eine Anklage wegen Mordes oder wegen Totschlags geben wird, sei derzeit noch unklar, weil die Ermittlungen noch liefen. In beiden Fällen drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.