Veraltete Schlüssel für Personalberechnung und Verwaltungsaufwand werden geprüft

Elmshorn. Wer sein Kind zu früh zu lang in die Krippe gibt, der erzieht es zu einem bindungsunfähigen Erwachsenen. Diese These, die Christine Scholz, Fachbereichsleiterin für Kindertagesbetreuung der Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Kreis Pinneberg am Sonnabend im Kreishaus in Elmshorn aufstellte, sorgte bei den dort versammelten 39 Sozialdemokraten für kontroverse Diskussionen. Die Landtagsabgeordnete Beate Raudies sprang für berufstätige Eltern in die Bresche, deren Alltag nun mal auf flexible Öffnungszeiten in Krippen und Kitas angewiesen sei. Scholz berief sich auf pädagogische und psychologische Fachstudien.

Sie war als Fachexpertin von den Sozialdemokraten im Kreis eingeladen worden, um über die Anforderungen an Erzieher und Qualität von Kindertagesstätten zu sprechen. Die Politiker wollen mit politischen Initiativen auf Kreis-, Stadt- und Gemeindeebene bedarfsgerechte Angebote von Kitas schaffen, um Familie und Beruf in Einklang zu bringen und fordern dies auch von Land und Bund. Nach dem Ausbau an Betreuungsplätzen müsse es nun stärker um deren Qualität gehen. „Schließlich muss Kita nicht nur Betreuung, sondern auch Bildung leisten“, sagte SPD-Kreisvorsitzender Thomas Hölck in seiner Eingangsrede. „Denn dort beginnt die Chancengleichheit.“

Der Konferenz war ein Treffen mit Vertretern verschiedener Kita-Träger vorausgegangen. Sie machten deutlich: Das Berufsbild des Erziehers ist alles andere als attraktiv. Zu wenig Personal, eine hohe Fluktuation, ein enormer bürokratischer Verwaltungsaufwand, zu große Gruppen, schlechte Bezahlung bei gestiegenem Anspruch, kaum Aufstiegschancen. Sozialpädagogische Assistenten, die sich an der Kasse im Supermarkt etwas dazu verdienen müssen, um über die Runden zu kommen. Dabei wird ihrer Arbeit gesellschaftlich große Bedeutung zugemessen.

„Wir müssen die Beurteilung und Förderung von Bildung in Kitas diskutieren, ohne die finanzielle Schere im Kopf“, sagte Hans-Helmut Birke, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. Der Kreis müsse Verantwortung übernehmen. „Wir werden als erstes das Thema Personalberechnung angehen“, sagte er. Bisher kommen ein Erzieher und eine Sozialpädagogische Assistentin (begrenzt auf 30 Stunden) auf 20 Kinder. Das sei vor 25 Jahren festgelegt worden und entspreche den derzeitigen Anforderungen nicht mehr. So berichtete Scholz, dass bei dieser Berechnung für jeden Erzieher fünf Tage Krankheit berücksichtigt wurden.

Die Wirklichkeit sehe anders aus. Ein Erzieher falle durchschnittlich 13 Arbeitstage aus, viele auch langfristig mit Burn-out. „Doch wir dürfen erst nach sechs Wochen eine Vertretung einstellen“, sagte die Awo-Expertin. Auch das sei schwierig, da durch den Ausbau von Betreuungsplätzen die Auswahl an geeigneten Fachkräften gering sei. Deutlich wurde auch, dass die Ausnahme, vorübergehend mehr als 20 Kinder in einer Gruppe zu betreuen, immer häufiger die Regel sei.

„Hier werden wir künftig strenge Maßstäbe ansetzen und die Einhaltung stärker kontrollieren“, sagte Birke. Auch der zunehmende bürokratische Aufwand solle geprüft werden. Birke sieht hier das Land in der Verantwortung, Richtlinien nach ihrem Sinn zu beurteilen. Zudem, so der Vorschlag des Landtagsabgeordneten Ernst Dieter Rossmann, solle aufgeschlüsselt werden, welche Kommune wie viel in die Elementarpädagogik investiere. „Hier gibt es sehr große Unterschiede“, sagte Scholz. Sie sah auch Verbesserungsbedarf, bei den Übergängen von Kita und Schule. Das Land regele dies zwar sehr gut, doch die Vorgaben seien noch nicht in allen Kitas angekommen. Besonders positiv sei das niedrigschwellige Beratungsangebot für Eltern. Dies sollte weiter ausgebaut werden.

Auch in der Ganztagsbetreuung von unter Dreijährigen konnte ein Kompromiss gefunden werden. Scholz betonte, dass es für die Kleinkinder enorm wichtig sei, den ganzen Tag die gleiche Bezugsperson zu haben. Da bei verlängerten Öffnungszeiten in Kindertagesstätten dies nur im Schichtdienst zu bewältigen sei, sei dies kaum möglich.

Hier könnten künftig Tageseltern stärker eingebunden werden. Scholz regte an, diese künftig noch besser auszubilden und stärker in die Betreuung von Krippenkindern einzubinden. Ein Vorschlag war, die Erzieherinnen, die aus ihrem Job ausgestiegen sind, weil sie zum Beispiel selbst Kinder bekommen haben, gezielt anzusprechen und ihnen so die Möglichkeit zu eröffnen, von zu Hause aus zu arbeiten. Damit hätten auch die Kleinen, deren Eltern lange arbeiten, eine feste Bezugsperson.