Zum Jahreswechsel übernimmt der Stadtrat das Bürgermeisteramt in Elmshorn. Ein Interview mit dem neuen Verwaltungschef und seiner Vorgängerin

Elmshorn. Am heutigen Montag verabschiedet sich Brigitte Fronzek nach 18 Jahren aus dem Amt als Bürgermeisterin mit einer Feier im Kollegiumssaal des Rathauses von Wegbegleitern. Den Elmshornern schenkt sie zum Abschied eine Bronzeskulptur. „Die Taucherin“ der norddeutschen Künstlerin Anke Bunt soll künftig an der Wedenkampbrücke stehen. Das Abendblatt in Pinneberg traf Brigitte Fronzek und ihren Nachfolger Volker Hatje zum Doppelinterview.

Hamburger Abendblatt:

Als Brigitte Fronzek erklärte, sie werde sich nicht mehr zur Wahl stellen, sagte sie, jemand mit neuen Ideen soll das Ruder übernehmen. Herr Hatje, mit welchen neuen Ideen übernehmen Sie das Bürgermeisteramt?

Volker Hatje:

Wir werden die Ideen, die wir in den letzten zwei Jahren entwickelt haben, fortführen und umsetzen. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn ich mit völlig neuen Ideen antreten würde. Wir haben gemeinsam an der Umgestaltung der Innenstadt gearbeitet. Ich werde weiter an der Revitalisierung der Innenstadtbrachen arbeiten.

Welchen Rat geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg?

Brigitte Fronzek:

Er braucht keinen.

Sie selbst haben das Bürgermeisteramt vor 18 Jahren als Quereinsteigerin übernommen. Wie war das damals für Sie?

Fronzek:

Schon etwas beängstigend. Von außen verkennt man die komplexen Prozesse einer Verwaltung, die so geregelt werden wollen, das sie effizient und bürgernah ablaufen. Das war eine Herausforderung.

Damals waren nicht viele Frauen Bürgermeisterin. Wurden Sie unterschätzt?

Fronzek:

Mit Sicherheit. Ich bin nicht die klassische Businessfrau im Hosenanzug und relativ klein von Gestalt. Das war mir vorher nicht so aufgefallen. Ich war Anwältin, bewegte mich in einem geschlossenen Kosmos. Die Leute haben nie gesagt, wie sie mich einschätzen. Aber als ich dann Bürgermeisterin wurde, haben ganz viele Bürger gesagt: ,Sind sie nicht unsere Bürgermeisterin. Also ein bisschen größer hätte ich Sie mir jetzt doch vorgestellt’. Dass ich so klein, ein wenig behindert und eine Frau bin, hat dazu geführt, dass man mich auf Kongressen häufig in die Kategorie ehrenamtliche Bürgermeisterin einsortiert hat. Oft wurde ich gefragt, wie groß meine Gemeinde sei. Wenn ich sagte, knapp 50.000 Einwohner, war die Überraschung sehr groß.

Wie haben Sie sich behaupten können?

Fronzek:

Ich habe keine Gedanken darauf verschwendet, wie ich mich behaupte. Ich habe die Arbeit erledigt.

Sie hatten viele Ehrenämter inne, zwei Kinder und den Vollzeitjob als Bürgermeisterin. Wie haben Sie alles unter einen Hut gebracht?

Fronzek:

Ich hatte meine Schwiegereltern und Eltern, die die Kinder betreut haben. Ohne sie wäre es nicht gegangen, weil mein Mann auch viel arbeitet. Die zeitliche Belastung ist mit den Jahren auch größer geworden. Zu Beginn gab es noch ehrenamtliche Dezernenten, die dem Bürgermeister gleichgestellt waren. Rechtlich hatte ich nicht die alleinige Verantwortung. Das hat die ersten zwei Jahre erleichtert. Es gab nicht so viele Abend- und Repräsentationstermine, weil wir uns das teilen konnten. 1998 wurde die Kommunalverfassung geändert und die Dezernenten abgeschafft. Rückwärts betrachtet hätte ich gern mehr Zeit mit meiner Familie gehabt. Aber auf der Strecke geblieben bin ich mit meinen Bedürfnissen. Das ist das letzte, was man erledigt. Aber ich habe jetzt Zeit, das nachzuholen.

Was war Ihre erste Amtshandlung?

Fronzek:

Ich habe eine Amtsleiterrunde geleitet. Und alle haben mir erklärt, dass sie viel zu wenig Personal haben. Damals dachte ich, das wird ein hartes Stück Arbeit. Sag jetzt bloß nicht, dass das Ziel ist, Personal abzubauen.

Herr Hatje, was wird Ihre sein?

Hatje:

Ich werde die Mitarbeiter in meiner neuen Funktion begrüßen und ihnen ein schönes neues Jahr wünschen.

Welche Ziele möchten Sie neben der Umgestaltung der Innenstadt erreichen?

Hatje:

Ich möchte uns im Bereich Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter voranbringen und Elmshorn als Wirtschaftsstandort aufstellen, um Arbeitsplätze in der Stadt zu schaffen.

Haben Sie auch private Ziele für 2014?

Hatje:

Mein jüngstes Kind ist 15 Jahre alt und verlässt langsam das Nest. Aber natürlich ist es wichtig, sich auch Zeit für Kinder und Ehefrau zu nehmen und die alten Freundschaften zu pflegen.

Sie waren ein eingespieltes Team. Gibt es trotzdem etwas, das Sie anders machen würden als Frau Fronzek?

Hatje:

Wir ticken ähnlich und unsere Ziele sind identisch. Nach außen hin haben wir eine Sprache gesprochen. Manchmal sind wir im Vorgehen anders. Frau Fronzek geht juristisch an eine Sache ran. Ich bin Verwaltungsmensch und pragmatisch, habe die Lösung im Blick. Künftig werde ich mehr Unternehmensbesuche machen und versuchen, Kontakte aufzubauen.

Worin sehen Sie Frau Fronzeks größten Erfolg?

Hatje:

Oft wird ein Bürgermeister an seinen Bauten gemessen. Das würde ich nicht machen. Sie hat es geschafft, aus der Verwaltung ein modernes Dienstleistungsunternehmen zu formen. Die Mitarbeiter sind motiviert und die Verwaltungsstrukturen gut aufgebaut. Es gibt kleine Hierarchieebenen, kurze Entscheidungsprozesse, keine Machtkämpfe zwischen den Ämtern, sondern den Willen, sich gemeinsam für die Stadt zu engagieren. Das hat Frau Fronzek hervorragend hinbekommen.

Frau Fronzek, möchten Sie ergänzen?

Fronzek:

Das würde ich auch so sehen. Alles andere sind Gemeinschaftsprojekte. Es geht darum, nicht immer Bedenken zu äußern, sondern Sachen zu ermöglichen. Diese Haltung generiert mehr ehrenamtliches Engagement.

Gibt es etwas, was Sie rückblickend hätten anders machen wollen?

Fronzek:

Ohne ins Detail gehen zu wollen, muss ich ganz selbstkritisch sagen, im Personalbereich ist mir nicht alles gelungen. Insgesamt ist da die höchste Fehlerquote gewesen.

Wird es Ihnen schwer fallen, sich aus der Politik herauszuziehen?

Fronzek:

Ich ziehe mich nicht aus der Politik zurück, nur in die Kommunalpolitik der Stadt werde ich mich nicht mehr einmischen. In der SPD mache ich weiter. Es gibt dort eine Reihe von Betätigungsfeldern, die sich auftun.

Welche wären das?

Fronzek:

Ich bin noch am verhandeln. Aber ich mache seit langem Weiterbildungen für Kommunalpolitiker. Das lässt sich ausbauen. Wenn Fraktionen in Stadtparlamenten Beratungsbedarf haben, kann ich direkt vor Ort helfen.

Sie sind Seglerin. Haben Sie sich da auch etwas vorgenommen?

Fronzek:

Ich würde gern die Ostsee umsegeln, aber mein Mann arbeitet noch fünf Jahre. Also sind unsere Sommerurlaube begrenzt. Aber ich werde mehr segeln. Sonst hatte ich maximal vier Wochenenden frei neben dem Urlaub. Das wird jetzt anders. Wenn ich daran denke, sprudelt unbändige Freude hoch.

Ihr Sohn lebt in Georgien und ihre Tochter macht ihren Master in Australien. Werden Sie ihre Kinder besuchen?

Fronzek:

Natürlich, wenn ich jetzt schon die Zeit habe.

Sie sind sehr sportlich: machen Bergsteigen, fahren Rad, schwimmen. Herr Hatje, was halten Sie dagegen?

Hatje:

Ich bin Leistungsschwimmer gewesen. Jetzt schwimme ich selten, gehe aber joggen und fahre auch Rad.

Frau Fronzek, mit welchen drei Worten würden Sie Herrn Hatje beschreiben?

Fronzek:

Kollegial, kompetent und zugewandt.

Welche drei Eigenschaften beschreiben Frau Fronzek am besten?

Hatje:

Kompetent, sozial, den-Menschen-im-Mittelpunkt-ihres-Tuns

Herr Hatje, was macht einen guten Bürgermeister aus?

Hatje:

Er muss den Menschen und dem Wohle der Stadt verpflichtet sein.

Frau Fronzek, möchten Sie ergänzen?

Fronzek:

Ja. Er muss ein Bild im Kopf davon haben, wo es mit der Stadt hingehen soll. Deswegen freue ich mich so, dass Herr Hatje meine Nachfolge antritt, weil er als alter Elmshorner die Stadt nicht nur verwaltet, sondern weiß, wie sie aussehen soll, wenn er aufhört. Das unterscheidet einen guten von einem sehr guten Bürgermeister.