Appelle des Bürgermeisters bleiben ungehört. Politiker streiten über Finanzstrategie

Wedel . Lange Zeit wirkte Wedel wie die Insel der Glückseeligen. Sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen bescherten der Stadt viele Annehmlichkeiten. In der Kommunalpolitik herrschte zumeist eine gemäßigte Streitkultur vor. Allerspätestens seit Donnerstagabend ist klar: Die Zeiten haben sich geändert. Fast bis Mitternacht tagte der Wedeler Stadtrat. Es wurde über die Postenverteilung und die richtige Finanzstrategie gestritten. Mit den Ergebnissen, dass Renate Palm trotz Abwahlantrag der Grünen die alte und auch die neue Stadtpräsidentin ist, die Ausschüsse bei 13 Mitgliedern bleiben und Wedel haushaltslos ins neue Jahr starten wird.

Dabei hatte Bürgermeisters Niels Schmidt an die Kommunalpolitiker eindringlich appelliert: „Es liegen viele Aufgaben für 2014 an. Mein Wunsch ist, dass Sie heute einen ausgeglichenen Haushalt verabschieden. Das ist ein wichtiges Signal für die Handlungsfähigkeit dieser Stadt.“ Denn ohne Haushalt liegen zahlreiche Projekte auf Eis. Die Stadt darf jetzt nur agieren, wenn sie dazu rechtlich und vertraglich verpflichtet ist. Neue Bauprojekte können beispielsweise nicht angeschoben werden. Freiwillige Zahlungen wie Konzertzuschüsse für den Kammerchor oder die Kirchengemeinde müssen warten. Die Bestellung der nötigen Möbel, die in den Anbau des Johannes-Rist-Gymnasiums sollen, bleibt liegen – und zwar solange bis die Kommunalpolitiker im Januar oder Februar einen Kompromiss finden und das Innenministerium den genehmigungspflichtigen Haushalt absegnet. Letzteres könne bis zu sechs Wochen dauern, so Volkmar Scholz. Doch der Rathausmitarbeiter aus dem Fachbereich Finanzen und Wirtschaft hofft, dass es schneller geht.

Bis Montag sah es noch anders aus. Das von den Politikern selbst geschnürte Haushaltspaket für 2014, das nur sehr mühsam in den Plusbereich manövriert werden konnte, wurde von einer breiten Front an Wedeler Kommunalpolitikern getragen. Doch derzeit haben Mehrheiten in Wedel kein langes Haltbarkeitsdatum. Am Donnerstag waren die zahlreichen Unterstützer futsch. Die CDU, die die mit dem Haushalt verbundenen Steuererhöhungen nur schweren Herzens mitragen wollte, verlangte von den anderen Fraktionen ein Bekenntnis, 2015 nicht wieder an der Steuerschraube zu drehen. Gab es bis Montag von den anderen Fraktionen noch positive Signale, war davon Donnerstag keine Rede mehr. SPD und Grüne lehnten es ab, sich Denkverbote für die nächsten Sparrunden erteilen zu lassen. Denn die werden kommen. Wedel hat ein strukturellen Defizit von 1,5 Millionen Euro, das es zu bekämpfen gilt.

Die CDU will sicherstellen, dass es nicht erneut die Unternehmer trifft, die nach derzeitigem Plan ein Gewerbesteuersatz von 380 statt 360 erwartet. Das könnte Firmen wie Medac, die auch in Tornesch ansässig ist, langfristig in die Flucht schlagen, fürchten die Christdemokraten. „Wenn wir die Steuern anheben, kann es dazu führen, dass am Ende die Einnahmen viel geringer ausfallen“, warnte CDU-Fraktionschef Michael Kissig eindringlich. Auch die SPD hatte Bedenken gegen die Steurerhöhungen, allerdings gegen die der Grundsteuer. Das würde sich auf die Mieten, die ohnehin in Wedel hoch seien, auswirken und alle treffen, argumentieren die Sozialdemokraten.

Obwohl die FDP verzweifelt zu vermitteln versuchte, wurde der Haushalt mit 17 zu 13 Stimmen abgelehnt. „Man hat den Eindruck, dass das Befassen mit eigenen Problemen über das wichtige Thema der Finanzen gestellt wird“, geißelte Waldemar Herrmann (FDP) auch mit Blick auf die ständigen Störfeuer zwischen SPD und den abgespalteten Mitgliedern, die sich als WSI am Donnerstag neben den Christdemokraten in der Ratsversammlung eingeordnet hatten. Hermann dazu: „Die Lage ist ernst. Wir müssen zusammenstehen.“