In Wedel entsteht eine Mehrzweckhalle für 5,7 Millionen Euro. In der Erde schlummert ein riesiges Hilfskrankenhaus

Wedel. Am Redder 8, neben dem Johann-Rist-Gymnasium, baut Wedel für die Zukunft. Für 5,7 Millionen Euro entsteht hier eine Mehrzweckhalle, die den zukünftigen Schülergenerationen als Aula, Mensa und Theaterraum dienen soll. Mitte des kommenden Jahres können hier bis zu 400 Essen an Schüler pro Tag rausgehen. Abends lässt sich der Speisesaal dann in Wedels größten Theatersaal verwandeln. Ob Umkleideräume für Schauspieler, ein Konversationsraum, ein Farbkonzept für Sehbehinderte, ein Lastenaufzug für die Waren des Mensabetreibers, eine spezielle Akustik für Menschen mit Hörschwierigkeiten, barrierefreie Zugänge, Fußbodenheizung, Panoramablick, eine mobile Trennwand, um den Speisesaal schnell in ein Theater zu verwandeln – es wurde für die Zukunft geplant.

Der Neubau verteuerte sich um mehr als 200.000 Euro

Während oben das fortschrittliche Projekt stetig Gestalt annimmt, schlummert unter ihm ein Relikt des Kalten Krieges: Deutschlands größtes unterirdisches Hilfskrankenhaus. Nur ein paar frisch betonierte Stufen trennen die beiden Welten voneinander. Grenzgänger Jens Zwicker vom Gebäudemanagement der Stadt Wedel kennt sich in beiden gut aus. Doch derzeit hat er vor allem das rege Bautreiben oberhalb der Erde im Blick. Kürzlich konnte Richtfest gefeiert werden. Der Rohbau steht, mit dem möglichen Mensabetreiber, dem Wedeler Unternehmer Daniel Frigoni, verhandelt die Stadtverwaltung über den Betreibervertrag.

Letzterer soll spätestens Ende des Jahres festgezurrt sein. Auch beim Bauwerk geht es voran, aber langsamer und teurer als gedacht. Denn ursprünglich sahen die Planungen so aus, dass die Mehrzweckhalle jetzt bereits fertig sein sollte. Veranschlagt waren auch keine 5,7 sondern 5,5 Millionen Euro für die Erweiterung des Johann-Rist-Gymnasiums. Dabei wurde schon an der Gestalt der Außenanlage gespart. 63.000 Euro weniger gibt es fürs neue Grün rund um den Erweiterungstrakt.

Warum die Schüler ein halbes Jahr länger auf die Einweihungsfeier warten müssen? Ein verspäteter Start durch Umplanungen und ein langer und harter Winter, sagt Zwicker. Und warum die Kosten für das Wedeler Großbauwerk um 275.000 Euro in die Höhe schnellten? „Es gab mehrere Gründe, die dazu geführt haben. Die höheren Kosten liegen aber im Wesentlichen an Ausschreibungsergebnissen, die höher ausfielen, als wir sie erwartet haben“, erklärt Zwicker.

Das Problem: gut gefüllte Auftragsbücher bei den auf Schulneubauten spezialisierten Firmen. Wenn die Stadt um Angebote zum Beispiel für den Einbau der Mensa-Küche bat, meldete sich entweder gar kein Unternehmen oder die Preise waren hoch. Laut Zwicker ist der Wettbewerb in der Region derzeit groß, weil gerade auch in Hamburg viel in den Bau neuer Mensen investiert wird.

Schwierig und damit teurer gestaltete sich der Bau auch wegen seines besonderen Untergrunds. Immerhin erstreckt sich unterhalb der Baustelle eine knapp 70.000 Quadratmeter große Bunkeranlage. „Wir haben wenig bis gar keine Pläne und wissen zum Beispiel nicht, wo Abwasserleitungen liegen“, so Zwicker.

Klar ist, dass der Bunker in zwei Abschnitten (1970 und 1974) entstand. Die Bundesregierung gab ihn und weitere 93 solcher Anlagen 1963 in Auftrag als unterirdische Zufluchtsstätte bei einem nuklearem, biologischen oder chemischen Waffeneinsatz. Die Kosten allein für den Wedeler Untergrundbau werden auf etwa 5,5 Millionen D-Mark beziffert. Die Ausstattung mit 1000 Krankenbetten, Decken, Operationsgegeräten und Geschirr verschlang eine weitere Million D-Mark. Genutzt wurde das alles nie. Auf die Bunkeranlage griff die Stadt nur einmal 1976 zurück, um Sturmflutopfer einzuquartieren. Seitdem brachte höchtens einmal der Verein Hamburger Unterwelten bei seinen Führungen Leben in die unterirdischen Räume. Allerdings fallen die auf Grund der Bauarbeiten derzeit aus.

Es gibt Überlegungen, weitere Teile der Bunkeranlage als Lager zu vermieten

Dafür haben Handwerker einen Bunkertrakt in Beschlag genommen. Denn einige der Räume werden umgebaut und als Lager-, Technik- und Kellerräume der neuen Mehrzweckhalle dienen. Zuvor musste aber mühsam ein Teil der 35 Zentimeter dicken Stahlbetondecke des Bunkers, die vor Kontamination schützen sollte, zerstört werden. Laut Zwicker gibt es Überlegungen Teile der leer stehenden riesigen Bunkeranlage als Lagerflächen zu vermieten, teilweise passiert das bereits jetzt schon.