Das Stadttheater Elmshorn setzt erfolgreich auf einen Mix zwischen anspruchsvollen und populären Produktionen

Elmshorn. Sie heißen Mathias Richling, Stefan Gwildis oder Judy Winter. Sie sind so verschieden wie ihre mitreißende Musik, ihre packende Bühnenkunst oder ihr scharfzüngiges Kabarett, das sie in ganz Deutschland zu Publikumsmagneten macht. Aber für alle gilt: Wenn sie im Elmshorner Stadttheater gastieren wollen, kommen sie an Peter Thomsen nicht vorbei. Fast auf den Tag genau seit 16 Jahren, seit dem 1. Oktober 1997, gestaltet der promovierte Historiker, 53, als Geschäftsführer der Theatergemeinschaft Elmshorn das Programm des größten Theaters im Kreis Pinneberg. Durchschnittlich 130 Veranstaltungen bietet das Theater alljährlich zwischen Oktober und Mai. Die Palette reicht von Pop bis Plattdeutsch, von Fallada bis Froschkönig, von Salut Salon bis Michy Reincke.

Jetzt, zum Start in die neue Spielzeit, lohnt sich nicht nur ein Blick auf die Höhepunkte der kommenden Monate, sondern auch darauf, wie sich die Programmschwerpunkte in Thomsens Amtszeit verlagert haben. Und darauf, in welche Richtung er das Haus, das in jüngster Zeit nicht nur durch sein vielfältiges Angebot, sondern auch durch handfeste Probleme mit der sanierungsbedürftigen Bausubstanz Schlagzeilen gemacht hat, künftig steuern will.

Die nackten Zahlen belegen, dass Thomsen, der auch die kaufmännische Seite und die Verwaltung des Theaters verantwortet, einen guten Job macht. Die 439 Plätze sind im Schnitt zu fast 80 Prozent ausgelastet, annähernd 70 Prozent des Budgets spielt der Verein selbst ein. 265000 Euro schießt die Stadtkasse zu. „Seit zehn Jahren ist unser Zuschussbedarf unverändert“, sagt Thomsen. In seinem Geschäft, dem grundsätzlich defizitären Kulturbetrieb, kann er darauf zu Recht stolz sein.

Der Erfolg beruht nicht zuletzt darauf, dass der Quereinsteiger Thomsen als erster hauptamtlicher Geschäftsführer das Erbe seines berühmten Vorgängers Boje Steffen, der das Theater nach dem Krieg aufbaute und ehrenamtlich fast 50 Jahre lang leitete, inhaltlich so behutsam wie gründlich modernisiert hat. „Schauspiel hat nach wie vor einen hohen Stellenwert, aber heute kommt ein anderes Publikum ins Theater als in den 80er- und 90er-Jahren“, sagt er. Er baute die Kabarettschiene aus und holte den populären Bereich Comedy ins Programm. Dia-Abende sind Vergangenheit, die Zahl der niederdeutschen Stücke sinkt. „Der Bereich ist problematisch, selbst wenn das Ohnsorg-Theater kommt“, sagt Thomsen vorsichtig. „Das Plattdeutsche hat in den Familien einfach nicht mehr den Stellenwert früherer Tage.“

Ausgebaut haben Thomsen und seine Mitstreiter die musikalische Seite des Programms. Statt Operettenseligkeit und rustikaler Volksmusik, die vor 30 Jahren beim Publikum ankamen, stehen heute allerdings Pop, Swing und Chansons im Vordergrund. Gustav Peter Wöhler, Stefan Gwildis, Gitte Haenning, Klaus Lage, Hannes Wader und Joja Wendt beispielsweise werden in dieser Saison singen. Selbstironische Schlagerrevuen und Musical-Shows bedienen die leichtere Schiene. Ziel sei es, ein jüngeres Klientel anzusprechen, sagt der Geschäftsführer.

Richtet sich die Programmgestaltung also vor allem nach dem Geschmack einer zahlungskräftigen Masse? „Nein, wir haben einen klaren kulturellen Anspruch und als subventioniertes Theater auch einen gesellschaftlichen Auftrag“, sagt Thomsen. Deshalb stehe die Sparte Schauspiel weiterhin klar im Fokus. Thomsen setzt auf anspruchsvolle, hochkarätig besetzte Produktionen großstädtischer Bühnen, darunter die Hamburger Kammerspiele, das Ernst-Deutsch-Theater, das Berliner Theater am Kurfürstendamm, die Komödie Bayrischer Hof mit Sitz in München.

„Wir zeigen hier kein Provinztheater, sondern großstädtische Produktionen“, sagt der Schauspielfan, der sich jede einzelne der von ihm gebuchten Veranstaltungen auch anschaut. „Für eine Stunde gehe ich immer hinein, damit ich auf jeden Fall einen Eindruck davon habe.“ Persönlich freue er sich in den kommenden Wochen besonders auf die Stücke „Frau Müller muss weg“, „Der Ghetto Swinger“ und „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“.

Auch der jüngste Coup des Bühnen-Managers, eine Kooperation mit dem Thalia Theater, geht in Richtung Großstadtkost. Voraussichtlich in der Saison 2014/15 soll das Stück „Tschick“ nach dem Erfolgsroman von Wolfgang Herrndorf nach Elmshorn kommen. Allerdings sei Schauspiel bei aller Begeisterung für die Inhalte mit seinen fünfstelligen Produktionskosten eben immer auch ein Zuschussgeschäft. „Kabarett, Comedy und Musik stopfen die Löcher, die das Schauspiel reißt.“

Apropos Löcher: Die bereiten den Theaterbetreibern auch ganz praktisch Kopfzerbrechen. Zwar wurde der Holzbock, der den Dachstuhl des annähernd 100 Jahre alten städtischen Gebäudes am Klostersande befallen hat, erfolgreich bekämpft. Doch in den deutlich sichtbaren Rissen in den Außenwänden sammelt sich Feuchtigkeit. „Die Situation ist prekär“, sagt Thomsen. Rund 850000 Euro soll allein die Dachsanierung kosten, die in einem ersten Schritt im kommenden Jahr in Angriff genommen werden soll. 500000 Euro davon stiftete der Förderverein des Theaters, den Rest muss die Stadt als Eigentümerin des Gebäudes stemmen. Die Ausschreibung läuft. Im zweiten Schritt ist die Fassade dran, anschließend soll das Innenleben saniert werden, alles bei laufendem Spielbetrieb und in den Sommerpausen. „An dem Haus ist seit 40 Jahren kaum etwas gemacht worden, da hat sich ein ganz schöner Sanierungsstau gebildet“, sagt Thomsen. Er schätzt die Gesamtkosten auf zwei bis drei Millionen Euro und hofft, dass bis 2016 alles fertig ist. „Wenn wir es dann komplett einweihen könnten, wäre das schön.“