Denise Schwidlinski und Andrea Haverland sind Vollblutbetreuerinnen. Rund um die Uhr sind die Wedelerinnen im Dienst

Wedel. Ein Hauch Volksfeststimmung weht an diesem Tag durch das Gewerbegebiet in Wedel. Auf der Hüpfburg toben Kinder, am Schminkstand werden Gesichter bunt verziert, Clown Pauli ist gleich mit seinem knalligen Wohnmobil angerückt. Für die Eltern gibt es ein Zelt zum Klönen und Wurst vom Grill. Denise Schwidlinski und Andrea Haverland haben einen Parkplatz in eine Partyzone verwandelt. Die beiden engagierten Tagesmütter wollten zum einen ihren Kindern, die sie jetzt in Richtung Schule verlassen, einen gebührenden Abschied bereiten.

Zum anderen wollten sie einmal feiern, dass sie schon so lange im Dienst sind. Immerhin bringen es beide zusammen auf 22 Jahre Tagesmutterkompetenz. Die 38 Jahre alte Denise Schwidlinski ist seit zehn Jahren dabei. Nachbarin und Kollegin Haverland kann sogar noch zwei Jahre mehr vorweisen. Beide gehören zu den derzeit 255 Tagesmüttern der Familienbildungen im Kreis Pinneberg. Weitere werden gesucht, die Ausbildung wird sogar vom Kreis bezuschusst.

Denise Schwidlinski und Andrea Haverland sind mit Herz und Seele bei der Sache. Bei ihnen gibt es so gut wie keine Schließzeiten. 24 Stunden am Tag, an Wochenenden und mit Übernachtungen sind sie für die Eltern und Kinder da. Ihr Zuhause haben sie dafür in Mini-Kitas umgewandelt. Spielgeräte stapeln sich im Garten. Im Haus sind die Treppenaufgänge gesichert, Ecken entschärft, Schlafmöglichkeiten geschaffen worden. Bis zu fünf Kinder darf eine Tagesmutter gleichzeitig betreuen. Zudem haben beide selbst noch Kinder: Schwidlinski vier eigene im Alter von 15 Monaten bis 16 Jahre und Haverland ein Kind. "Da ist Zuhause immer etwas los", sagt Schwidlinski. Ohne die Tagesmütter, bei denen ein Großteil der Krippenkinder betreut wird, könnte der Kreis die angepeilte 30-Prozent-Betreuungsquote mit Stichtag zum 1. August nicht erreichen. 34,4 Prozent aller annähernd 7500 Kinder der fraglichen Altersgruppe hatten im Kreisgebiet bei der Zahlenerhebung Ende Juni einen Betreuungsplatz. Kreisweit gibt es 1247 Krippenplätze und 1263 Plätze in der Tagesbetreuung.

Eine von denen, die auf eine Tagesmutter angewiesen sind, ist Jessica Dölle. "Dank Denise kann ich meinen Beruf ausüben", sagt die 25 Jahre alte Wedelerin. Sie ist Krankenschwester. Ihre kleine Lilly kam vor 15 Monaten zur Welt. Im Mai fing Dölle dank der Tagesmutter wieder an zu arbeiten. Zuvor hatte sie lange und verzweifelt nach einer Betreuungsmöglichkeit gesucht. Denn sie ist alleinerziehend und finanziell besonders auf die Nachtschichtenzuschläge angewiesen. Doch nicht einmal der betriebseigene Kindergarten deckte die Nachtschichten ab. "Ich habe von Kitas nur Absagen bekommen und war schon kurz davor meinen Beruf hinzuschmeißen", so die 25-Jährige.

Heute ist Lilly je nach Dienstplan auch über Nacht bei Denise Schwidlinski. Denn die ist da ganz flexibel. "Das längste waren 15 Tage am Stück, die Lilly bei Denise war", sagt Dölle. Für ihren 30-Stunden-Vertrag zahlt sie 580 Euro pro Monat, wobei in Wedel anders als andersorts auch Zuschüsse gewährt werden. Obwohl Döllejetzt eine Zusage für einen Betreuungsplatz in der Kita hat, will sie nicht mehr wechseln. "Ich möchte Lilly bis zur Schule bei der Tagesmutter lassen."

Auch der alleinerziehenden Diana Westfehling ergeht es ähnlich. Die 21-Jährige, die für eine Ausbildung wieder nach Wedel zog, fand für den eineinhalb Jahre alten Marlon keine passende Betreuung, die ihre Arbeitszeiten inklusive des einstündigen Fahrweges abdecken konnte. "Ich habe zwar viel Unterstützung durch meine Mutter, aber sie ist selbstständig und hat nicht immer Zeit. Ausbildung und Kita waren schwer zu managen", so Westfehling, die sich zur Erzieherin fortbilden lässt.

Immer im Einsatz. Notfalls einzuspringen, wenn der Dienstplan der Eltern sich ändert. Und das auch am Wochenende und nachts - nicht alle Tagesmütter haben so ausgedehnte Betreuungszeiten wie Haverland und Schwidlinski. "Das geht auch nur, wenn die Familie mitspielt", betont Schwidlinski. Die Familien von Haverland und Schwidlinski stehen voll hinter den Tagesmüttern. Bester Beweis: Ihre berufstätigen Ehemänner besuchen den Qualifizierungskursus für Tagesmütter mit, der Anfang 2014 startet. Dann können sie notfalls einspringen, wenn ihre Frauen einmal krank sein sollten.