An der Taubenstraße müssen kommende Woche alle 35 Kastanien gefällt werden, weil sie von einem Pilz befallen sind

Rellingen. 25 Häuser, 67 Bewohner und viel Grün: Die Taubenstraße in Rellingen ist eine schöne, ruhige Wohnstraße. Die Kastanien am Rande der Fahrbahn vermitteln einen Alleecharakter - noch. Ab der nächsten Woche beginnt ein in Rellingen noch nie dagewesener Kahlschlag: Alle 35 Kastanien werden auf einen Schlag gefällt. "Die Bäume sind von einer Pilzart befallen und leider nicht mehr zu retten", sagt Bürgermeisterin Anja Radtke.

Dass es Probleme mit den Kastanien gibt, wurde vor zwei Jahren erstmals offenbar. Anwohner berichteten der Gemeinde von zunehmend kahlen Stellen, von Rissen in den Stämmen und auffälligen, blutenden Stellen. Mehrere Untersuchungen folgten. Vorigen Montag ging nun ein Gutachten eines Gartenbauingenieurs bei der Gemeinde ein. Der Experte kommt zu dem Schluss, dass die Kastanien unter einer bakteriellen Rindenkrankheit sowie einer Schleimflusskrankheit leiden. "Er sieht keine Möglichkeit einer Regeneration", sagt Andrea Reichert, stellvertretende Fachbereichsleiterin Bauwesen.

Laut der Expertise sind sechs der 35 Bäume bereits gänzlich abgestorben. Weitere 26 sind von dem Erreger befallen. Ihr Austrieb ist verhalten, die Baumkrone weist bereits kahle Stellen auf. Die Folge: Diese Kastanien werden über kurz oder lang absterben. Lediglich drei der Bäume sind noch intakt. Allerdings ist das Risiko, dass sie ebenfalls von dem Erreger befallen werden, sehr hoch. Der Experte empfiehlt daher, alle 35 Kastanien schnellstmöglich fällen zu lassen.

Dieses wird nun bereits in der nächsten Woche erfolgen. "Wir werden am Wochenende alle Anwohner schriftlich über diesen Schritt informieren", sagt Bürgermeisterin Radtke. Sie wirbt um Verständnis. Auch wenn viele der Bäume auf den ersten Blick noch gesund wirken, spreche das Gutachten des Sachverständigen eine deutliche Sprache. Radtke: "Ein toter Baum macht keine Allee mehr." Seit Donnerstag liegt der Gemeinde eine Ausnahmegenehmigung der zuständigen Kreisbehörde vor, die den Kahlschlag auch außerhalb der üblichen Fällzeit, die erst im Oktober beginnt, absegnet.

Die Maßnahme erfolgt jetzt, weil ohnehin gerade in der Taubenstraße gebaut wird. Dort werden auf der gesamten Länge der Straße von 230 Metern sämtliche Regenwasser- und Trinkwasserleitungen erneuert. "Wir legen die Tiefbaumaßnahme und die Baumfällung zusammen", sagt Christopher Huhs, der in der Verwaltung für Tiefbau zuständig ist. Das Vorhaben soll Ende September abgeschlossen werden.

Dann wird es in der Straße - ohne die Kastanien - ganz anders aussehen. "Wir werden langfristig Ersatzpflanzungen vornehmen", verspricht die Bürgermeisterin. Zunächst müsse jedoch analysiert werden, wie man dem Erreger Herr werden kann. Er befindet sich offenbar im Boden und würde aller Wahrscheinlichkeit die neu angepflanzten Bäume ebenfalls angreifen und zerstören. "Die Frage ist, ob wir den Boden behandeln können oder ihn im Extremfall austauschen müssen. Aber das müssen uns Fachleute sagen. Noch stehen wir ganz am Anfang der Planungen", so Radtke weiter. Bei den neuen Bäumen werde die Gemeinde nicht auf Kastanien zurückgreifen. Genaueres werde zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Aktuell stehen für Ersatzanpflanzungen auch keine Haushaltsmittel bereit.

Die Anwohner werden also etwas länger mit dem Bild der abgeholzten Baumstümpfe leben müssen. Sie bleiben zumindest auf der rechten Straßenseite stehen. "Unter den dortigen Bäumen liegen die Asbestzementwasserleitung und die Telefonkabel. Wenn wir die Bäume und die Wurzeln komplett entfernen, würden wir eventuell die Leitungen beschädigen", sagt Huhs. Daher bleiben Baumstumpf und Wurzeln zunächst stehen. Die Stümpfe sollen zu einem späteren Zeitpunkt so abgefräst werden, dass sie nicht mehr zu sehen sind. Die kranken Bäume sind etwa 30 Jahre alt und nicht durch das Baumkataster geschützt. Sie stehen auf öffentlichem Grund und gehören der Gemeinde. Der ihr entstandene Schaden wird auf 20.000 Euro geschätzt.