Enkel früherer Bewohner ersteigert die Ruine auf dem Filetgrundstück an der Torfstraße samt Grundstück: „Dubioses“ Versteigerungsverfahren.

Quickborn. Kommt jetzt Quickborns größter Schandfleck endlich weg? Am Mittwoch ist das 1630 Quadratmeter große Grundstück an der Torfstraße 20 zum dritten Mal vor dem Amtsgericht Pinneberg mitsamt der Ruine und des abgängigen Schuppens zwangsversteigert worden. Ersteigert hat das Objekt mit dem Verkehrswert von 240.000 Euro Gerd-Werner Lortz, dessen Großeltern bis Anfang der 1970er-Jahre hier mitten in der Stadt genau gegenüber dem Rathaus gelebt haben.

Als diese dann starben, entspann sich ein heilloser Streit unter den Erbenfamilien, sodass es im Mai 2008 zur ersten Zwangsversteigerung der Immobilie kam. Während die Baracke immer weiter verfällt und niemand weiß, was sich alles unter dem von einer blauen Plane notdürftig geschützten Bretterverschlag befindet, von einer alten Kaminsammlung und einem alten VW Käfer ist die Rede, entwickelte sich ein Versteigerungsverfahren, das Vertreter der Stadt Quickborn als "dubios" bezeichnen und die Rechtspflegerin Stefanie Mann am Mittwoch als "rechtsmissbräuchlich" darstellte.

Die Stadt Quickborn hat ein starkes Interesse daran, dass dieses Filetgrundstück mitten in der Stadt endlich neu bebaut und der "Riesen-Schandfleck" endlich abgerissen wird. Ein Nachbar der Ruine in der Torfstraße, der die Versteigerung passiv mitverfolgte, ist da allerdings anderer Meinung: "Das ist kein Schandfleck. Für uns Nachbarn ist das ein schönes Biotop."

Bürgermeister Thomas Köppl war selbst beim jüngsten Versteigerungstermin vor Ort und bot auch bis 185.000 Euro mit. "Wenn bis Ende des Jahres dort nichts passiert, werden wir den Kreis Pinneberg auffordern, eine Abrissverfügung zu erlassen", kündigte Quickborns Verwaltungschef an. Diese hatte der Leiter der Bauaufsichtsbehörde, Günter Zuschlag, bereits im Mai 2008 für spätestens 2009 angekündigt. Doch offenbar schreckte der Kreis vor der Durchsetzung dieser Anordnung zurück. Zu undurchsichtig schienen die Eigentumsverhältnisse. So drohte dem Kreis, auf den Abriss- und Entsorgungskosten des Mülls sitzen zu bleiben.

2008 hatte einer der Erben, dessen Familie sich nach Gerd-Werner Lortz' Angaben gegen den freien Verkauf der Immobilie sträubte, das Objekt für 195.000 und einen Euro ersteigert. Er erhielt den Zuschlag, indem er immer wieder das Angebot seines Neffen um einen Euro übertrumpfte. Doch zur Auszahlung des Kaufpreises kam es nie. Stattdessen erhielt eine Magdeburger Immobilien Consult-Firma durch Eintragung einer Grundschuld Zugriff auf das Objekt. Nun begann das, was Erbe Gerd-Werner Lortz als "Katastrophe in Perfektion" bezeichnet.

Das weitere Verfahren wurde um ein paar Jahre verzögert. Im September 2012 wurde die Immobilie dann erneut vor dem Amtsgericht Pinneberg zwangsversteigert. Dieses Mal ersteigerten sie Reiner G. und Raimund B. für 258.000 Euro. Sie hinterlegten zwar die geforderte zehnprozentige Sicherheit des Verkehrswertes, also 24.000 Euro, bei Gericht. Doch auch sie zahlten den genannten Ersteigerungspreis nicht.

Mittwochmorgen wehrte sich nun Reiner G. mit Händen und Füßen sowie einer Flut von Anträgen gegen die bevorstehende Zwangsversteigerung. Das hatte zum Teil skurrile Züge, wenn der Mann, der angeblich in Schwerin einen Hilfeverein für Zwangsversteigerungsopfer betreiben soll, aus Gesetzen zitierte, die noch aus dem Kaiserreich stammen sollten. Der Rechtspflegerin warf er vor, sie beschneide sein Recht, sei parteiisch und befangen. Als diese alle seine Anträge ablehnte, weil diese rechtsmissbräuchlich das Verfahren nur noch unnötig weiter verschleppen sollten, verließ er wütend den Gerichtssaal und beschwerte sich bei der Amtsgerichts-Präsidentin.

Dann nahm die Versteigerung endlich ihren normalen Lauf. Gerd-Werner Lortz, der die Immobilie im Namen seiner Hamburger Firma GWL ersteigerte, eröffnete mit 170.000 Euro und erhielt dann nach einer halben Stunde bei 190.000 Euro den Zuschlag. Dass dies nun das letzte Wort in dieser schier endlosen Geschichte ist, mag Lortz selbst kaum glauben.

Er rechnet damit, dass der Beschluss des Amtsgerichts von Reiner G. und Co. vor dem Landgericht Itzehoe angefochten wird. "Dieser Fall zeigt, wie dringend notwendig eine Novellierung des Zwangsversteigerungsrechts durch das Bundesjustizministerium ist", sagt Lortz. Es könne doch nicht sein, dass jemand, der ein Objekt ersteigere, es aber nie bezahle, in das Grundbuch eingetragen wird.

Falls er aber nun doch Eigentümer des Grundstücks werden sollte, würde er dort vielleicht drei Reihenhäuser oder ein Vierfamilienhaus errichten wollen, sagt Lortz. "Hauptsache, das Ding ist jetzt endlich vom Tisch."