Bahn-Kapazitäten im Kreis sind am Ende. Aber neue Triebwagen und Fahrpläne sollen Nahverkehr verbessern. Blick in die Zukunft bereitet dem Bahnmanager jedoch gewisse Sorgen.

Tornesch/Kiel. Die Kritik wurmt Bernhard Wewers - zumindest ein wenig. Denn der Geschäftsführer der Landesweiten Verkehrsservicegesellschaft Schleswig-Holstein mbH (LVS) steht als Buhmann da, weil er nicht unendlich viele Züge durch die Landkreise fahren lassen kann. Und weil er nicht Bahnhöfe so bauen lässt, wie es die Bürgermeister gerne hätten. Wewers kann sich trotz der Kritik ein Schmunzeln nicht verkneifen. Er weiß: Er befindet sich in guter Gesellschaft.

Auch Hartmut Mehdorn und Rüdiger Grube wurden als Chefs der Deutschen Bahn regelmäßig und gerne kritisiert. Stuttgart 21, der Berliner Hauptbahnhof, die Verspätungen im Fernverkehr, die Preispolitik für Vielfahrer - die Liste der Kritik bei der Bahn ist beinahe endlos. Es gehört wohl einfach dazu, als Bahn-Manager in Deutschland kritisiert zu werden.

Wewers lächelt gütig. "Ich kann die Menschen ja verstehen", sagt er ruhig im Abendblatt-Gespräch. "Jeder will mehr Züge, bessere Bahnhöfe und einen Sitzplatz. Das Problem ist nur: Ich kann an der Situation nichts ändern, solange es kein drittes Bahngleis zwischen Pinneberg und Elmshorn gibt. Und ein neues Gleis wird nicht kommen." Dies, weil im Bundesverkehrsministerium seit Jahrzehnten von einer dringend notwendigen Stärkung der Schiene gesprochen wird, um die Hinterlandanbindung der Häfen und eine Entlastung der Fernverkehrsstraßen zu erreichen, das Geld aber lieber in Straßenbauprojekte investiert wird. So wie etwa in den Ausbau der A 1 und der A 7.

Die seit Jahrzehnten geforderte Y-Trasse in Niedersachsen sei für die hochtrabenden Ankündigungen, denen kein Handeln folgt, ein genauso gutes Beispiel, wie das fehlende dritte Gleis von Neumünster gen Hamburg. "Die Flächen sind nicht das Problem für den Bau eines weiteren Bahngleises. Das Problem ist, dass wir kein Geld dafür bekommen", sagt er. Das einzige, was die LVS somit betreiben könne, sei ein Krisenmanagement von ungewisser Dauer auf den bestehenden Gleisen. Und auf diesen drängeln ICE, Intercity, Regionalexpress, Stadtexpress und Güterzüge um die Wette.

Seit die Verkehrsservicegesellschaft einen neuen Fahrplan für das Jahr 2014 angekündigt hat, um bestehende Engpässe im Schienenverkehr halbwegs zu beseitigen, steht sie in der Kritik. Die Entwürfe seien verfehlt, heißt es. Der Kreis Pinneberg fürchtet etwa, bei der Entwicklung der Bahninfrastruktur vom Rest des Landes abgehängt zu werden, der viel bessere und mehr Anbindungen erhalte. Und Tornesch will einen Bahnsteig mit zwei gleich langen Bahnsteigen, damit für die Zukunft Entwicklungspotenzial da ist - etwa für einen ICE-Halt. Zugleich fordern Tornesch und der Kreis mehr Zughalte angesichts des bevorstehenden Umbaus der A 7, um ein befürchtetes Verkehrschaos zu verhindern.

Für die LVS geht ein guter Teil der Kritik ins Leere. "Die Wahrnehmung im Kreis stimmt nicht mit der Realität überein", sagt auch LVS-Sprecher Dennis Fiedel. Die Verkehrssituation habe sich bei der Bahn in Schleswig-Holstein generell verbessert. "Einige haben stärker profitiert als andere. Somit gibt es eine gefühlte Verschlechterung. Dadurch entsteht der Eindruck, an den Verbesserungen nicht Teil zu haben", sagt Fiedel.

Mit dem neuen Fahrplanentwurf gebe es täglich 17 zusätzliche Züge, die nach Hamburg fahren werden. "In Tornesch halten künftig statt 15 sogar 32 Züge, und die Passagierkapazitäten werden mit den neuen Flirt-Triebwagen nochmals erhöht. Insofern ist die Kritik, dass Tornesch mehr Zughalte brauche, wenig nachvollziehbar", sagt Fiedel. Die Fahrtzeit zum Hamburger Hauptbahnhof werde zugleich um sechs Minuten verkürzt. "Ich finde, das kann sich sehen lassen. Viel mehr geht auf der Strecke einfach nicht", sagt Wewers. Das Ende der Kapazitäten auf der Strecke sei erreicht.

Der Blick in die Zukunft bereitet dem Bahnmanager daher gewisse Sorgen. "Die Achse Pinneberg-Elmshorn wächst enorm weiter. Das ist uns völlig bewusst. Wenn der Kreis und Torneschs Bürgermeister meinen, wir ignorieren die Entwicklungen hier, dann stimmt das nicht", sagt er. Denn für die Suche nach einer Lösung müsse auch über die Grenzen des Kreises geschaut werden. "Wir müssen die Menschen dazu bringen, schon in Kiel oder Neumünster in die für sie passende Bahn umzusteigen, nicht erst in Pinneberg", sagt Wewers. Dann gebe es auch eine Entlastung. Das funktioniere nur, wenn die Bürger sich auf Neues einlassen würden.

Die LVS arbeite daran, den Menschen die Neuerungen zu erklären, wie etwa die künftige Sitzplatzreservierung, die genauso wie bei Airlines vom Heimcomputer oder Mobiltelefon aus funktionieren soll. Aber es brauche Zeit und einen Willen zum Dialog von beiden Seiten, damit die Vorteile der Neuerungen auch verstanden werden, sagt Fiedel. Wewers will daher in die Offensive gehen und Bürgerinformationsveranstaltungen anbieten. Die sollen nach den Sommerferien kommen.