Die Herde von Volker Derbisz sorgt für nötige die Pflege im Landschaftsschutzgebiet. Seine Hütehunde unterstützen ihn dabei.

Holm . "Komm, komm, komm" hallt es durch die Holmer Sandberge. Wenn Volker Derbisz seinen Lockruf erklingen lässt, sind alle Schafe seiner Herde und ein paar Ziegen, die eben noch gemütlich an Birken und Heide knabberten oder zwischen den hohen Tannen im Landschaftsschutzgebiet vor sich hindösten, plötzlich hellwach - und etwa 550 mal vier Beine setzen sich in Bewegung. Was für Schäfer Derbisz, 47, ein gewohntes Bild ist, lässt Wanderer und Freizeitsportler erstaunt stehen bleiben. Alltäglich ist die Schafherde in den Holmer Sanddünen nicht.

Derbisz und seine Tiere sind auf Wunsch der Gemeinde hier, bezahlt wird der tierische Pflegeeinsatz durch Fördermittel des Landes. 6000 Euro kostet der zehn Tage währende Pflegeauftrag im Holmer Landschaftsschutzgebiet. Danach zieht Derbisz samt Herde ins Buttermoor weiter. Doch zuvor grasen sich die Vierbeiner durch die Dünen, kappen dabei unerwünschte Birken und stutzen die Heide, damit sie um so kräftiger wiederkommt. "Wir tragen für Lebensräume wie diesen eine Verantwortung", sagt Bernd-Ulrich Netz von der Integrierten Station Unterelbe in Haseldorf. Er koordiniert die Beweidungsaktion mit. Ohne diese Pflege verschwänden die Dünen, die einen wertvollen Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen darstellen. Derbisz macht es kürzer: "Das soll hier eben kein Urwald werden." Bis zu acht Stunden pro Tag ist der einstige Schlosser, der sich zum Schäfer umschulen ließ, unterwegs.

Seine beiden treuen Begleiter heißen Renzo und Anka. Die Hütehunde gehorchen aufs Wort. Der acht Jahre alte Schäferhund Renzo ist der erfahrenere, patrouilliert den Weg entlang, treibt die Herde zusammen. Die einjährige Hündin Anka lernt noch. Derbisz bildet die Hütehunde selbst aus. Das sei nicht so schwer, man müsse bloß ihren angeborenen Instinkt wecken, sagt er. Mit Hilfe seiner Assistenten auf vier Pfoten bewegt er die Herde durchs Landschaftsschutzgebiet.

Wie viele Quadratmeter die Schafe am Tag schaffen, kann Derbisz nicht beziffern. Je nach Wetter, Umgebung und Laune fressen sie sich unterschiedlich schnell voran. Abends kommen die Tiere in einen umzäunten Bereich. Derzeit ist das eine Fläche, die der Holmer Golfclub zur Verfügung stellt. Sind die Tiere dort, steigt Derbisz in den Wagen und fährt nach Hause.

Denn die Holmer Herde ist nicht seine einzige. Derbisz betreibt in den Vier- und Marschlanden auf der anderen Seite Hamburgs einen Betrieb mit 500 Hektar Land. Der finanziert sich zum einen durch die Aufzucht und den Verkauf von Schafen, zum anderen eben durch den Pflegeeinsatz seiner Herden. Die sind derzeit auf Deichen oder in den Boberger Dünen unterwegs. "Es gibt einen Bedarf für solche Pflegeeinsätze", sagt der Schäfer.

Eine der Grundeigenschaften, die er für diesen Beruf als sehr wichtig erachtet, ist Gelassenheit. Ob freilaufende Hunde, Dauerregen oder ein verletztes Schaf - Derbisz bringt so leicht nichts aus der Ruhe. Außer Verordnungen und Auflagen der Europäischen Union. Besonders die von ihm verlangte elektronische Kennzeichnung seiner Tiere ärgert ihn maßlos. "Schweine und Rinder, die im Stall rumstehen, brauchen das nicht, aber die Schafe, die ständig ihre Ohrmarken am Busch oder einem Zaun verlieren. Eigentlich müsste ich meine Tiere jeden Abend durch eine Sortieranlage treiben und schauen, ob jedes seine Kennzeichnung hat. Was für ein Irrsinn", so Derbisz.

Im Unterschied dazu reicht in der Schweinehaltung eine Bestandskennzeichnung aus. Gegen diese Auflage, die aus der Maul- und Klauenseuchenepidemie 2001 in Großbritannien resultiert und der Rückverfolgung von Tierbewegungen dienen soll, wehrt sich Derbisz zusammen mit anderen Schäfer in Form einer Sammelklage. Das ist eines von vielen bürokratischen Dinge außer Vergabeverfahren und Anträgen, die ihn abends noch beschäftigen - wenn seine Schafe schon längst schlafen.