Barmstedter Länderwochen zeigen Amerikas kulturelle Facetten. Den Auftakt bildet die Armin-Mühsam-Ausstellung. 25 von Mühsams großformatigen, leuchtenden Bildern auf der Schlossinsel.

Barmstedt. "Stars and Stripes" verbinden die Lebensläufe des deutsch-amerikanischen Künstlers Armin Mühsam und seines Kurators, dem Hamburger Kulturredakteur Claus Friede. Die US-Flagge wäre für beider Biografien ein passendes Symbol. Mühsam, vor 45 Jahren im rumänischen Klausenburg geboren, in München aufgewachsen und mittlerweile Shooting-Star der jungen amerikanischen Kunstszene, hat Deutschland einst der Arbeit wegen verlassen.

Er wählte die USA zum neuen Lebensmittelpunkt. Friedes Urgroßvater Julius ging vor knapp 100 Jahren den umgekehrten Weg. Er kehrte seiner amerikanischen Exilheimat den Rücken und kam wieder nach Europa zurück. "Meine Vorfahren waren galizische Juden, sie wanderten wegen des Pogroms nach Ohio aus. Doch dann ergab es sich, dass mein Urgroßvater in Breslau ein Bergwerk übernehmen konnte", erzählt Kunstkenner Friede.

Der Kurator kommt am 15. Juni nach Barmstedt, um in Karin Weißenbachers Galerie III zur Vernissage der Armin-Mühsam-Ausstellung "Anthroposcenes" zu sprechen. Denn die Ausstellungseröffnung um 15 Uhr mit dem Ersten Stadtrat Michael Schönfelder, der USA-Generalkonsulin Inmi Patterson sowie dem stellvertretenden Kreispräsidenten Dietrich Anders ist der offizielle Auftakt zu den diesjährigen Barmstedter Länderwochen mit dem Schwerpunkt Amerika. Galeristin Weißenbacher initiierte diese Reihe vor acht Jahren, ihr Wunsch war es seinerzeit, "den Menschen nicht nur die Kunst eines speziellen Landes, sondern auch Kultur und Landschaft nahe zu bringen. Etwas, das tiefer geht als eine reine Werkschau, das Menschen und Aktionen vernetzt."

In der Tat war es nie leichter, den großen Teich zu überwinden und Kunst, Kultur und Landschaften der USA kennenzulernen. Denn bis zum 21. Juli müssen Besucher dazu bestenfalls den Rantzauer See umrunden. 25 von Mühsams großformatigen, leuchtenden Bildern zeigt Weißenbacher auf der Schlossinsel. Zu sehen sind auf den ersten Blick nur weite bunte Landschaften, wie es sie in den ruralen Gebieten der USA oft gibt. Als habe ihr Schöpfer sich von seiner Heimat in Missouri, dem Bundesstaat mit dem Beinamen "Great Sky Country", verleiten lassen. Beim zweiten Blick ändert man als Betrachter seine Ansicht.

"Irgendetwas stimmt hier nicht, denkt man", beschreibt es Kurator Friede. Denn Mühsams Kunst meidet den Menschen. Seine Bilder wirken unbelebt, apokalyptisch. Sie zeigen nur Spuren menschlichen Lebens - Bauwerke, Container, Masten. Als hätte die Menschheit alles stehen und liegen lassen, um anderswo neu zu beginnen. Oder schlimmer noch - als rege sich kein Leben mehr. Doch so sprichwörtlich katastrophal, wie die Landschaften auf seinen Bildern es vermuten lassen, war die Übersiedlung nach Amerika für den jungen deutschstämmigen Künstler offenbar nicht. Der 45-Jährige unterrichtet inzwischen als Professor an der Northwest Missouri University, leitet das dortige renommierte Institut für Malerei.

Dass die Bilder des hoch angesehenen Mühsam nun passend zu Barmstedts Länderschwerpunkt Amerika im Kreis Pinneberg zu sehen sein werden, verdankt Initiatorin Weißenbacher wiederum Claus Friede. Während der Ausstellungsreihe "The Beijing View", die 2010 in Elmshorn, Pinneberg und Barmstedt junge chinesische Kunst zeigte, lernte sie den Journalisten kennen.

Der hatte wiederum vor kurzem einen Katalog zur Münchner Mühsam-Ausstellung "Historical Inevitability" verfasst und wusste, dass 40 Mühsam-Bilder von München nach Hamburg gekommen waren, wo das Kunstforum Markert sie gezeigt hatte. Damit waren die hochkarätigen Arbeiten nur 38 Kilometer von Barmstedt entfernt, statt der 7197 Kilometer, die den Kreis Pinneberg von Maryville im Bundesstaat Missouri trennen, wo Mühsam lebt und arbeitet. Der Rest ergab sich über Friedes Kontakte zum Kunstforum.

Das "Land of milk and honey" lässt sich vom 17. Juni an auch in einer gleichnamigen Ausstellung in der kommunalen Halle des Rathauses erleben. In Kooperation mit dem Hamburger Auswanderermuseum "BallinStadt" sind dort Dokumente zu sehen, die das Leben der Emigranten widerspiegeln, ähnlich wie die Tagebücher, die Friede einst von seinen Urgroßeltern erbte. Deren Namen hatte er noch vor der Eröffnung des Museums auf der Veddel mithilfe eines Archivars in Chicago auf einer historischen Schiffliste entdeckt.

"Wenn man solche Aufzeichnungen liest, wird einem klar, dass Auswanderer durchaus nicht überall mit offenen Armen empfangen wurden", sagt der Enkel. Ohne Kontakte, ganz auf sich selbst gestellt, mögen sie Amerika so verödet und irritierend empfunden haben, wie Armin Mühsam es in Acryl und Öl darstellt.