Am 25. und 26. Mai rollen die Oldtimer wieder nach Pinneberg. 150 Oldtimer kommen zu “Pinneberg Mobil“ und “Pinneberg Pionier“ in die Stadt.

Pinneberg . Das Altern ist ein schleichender Prozess. Er bleibt weitgehend unbemerkt, solange die äußerlichen Anzeichen nur konsequent ignoriert oder bekämpft werden. Aber wenn Autos plötzlich Oldtimer heißen, in denen man vor gefühlt gar nicht so vielen Jahren noch gefahren ist, prescht es ungebremst voran. Das Gefühl, bei einem selbst könnte auch ein wenig der sprichwörtliche Lack ab sein.

Ob am Sonntag, 26. Mai, diese Wahrheit manchen trifft, der zum Start der 14. Veteranenfahrt "Pinneberg Mobil" zur Drosteiwiese kommt? Ab 8.30 Uhr stehen dort alte Bekannte aus Blech und erinnern an frühere Zeiten. Das jüngste Modell ist ein Golf I, Baujahr 1982, jener Kleinwagen, den Autor Florian Illies zur Ikone einer ganzen Generation erhoben hat. Dazu ein Audi 80, der im Vergleich zu den heute wuchtigen Modellen fast grazil wirkt.

Nur zehn Jahre mehr hat der orangefarbene VW Käfer 1200 Standard auf dem stilprägend runden Buckel. Doch es ist unwahrscheinlich, dass die Schau eine brutale Konfrontation mit den Zeichen der Zeit wird, davon ist Klaus-Jürgen Bahrke überzeugt. Gemeinsam mit einem harten Kern ehrenamtlicher Helfer organisiert der passionierte Oldtimer-Fan jedes Jahr am Sonntag nach Pfingsten die inzwischen unter Kennern renommierte Veranstaltung. Er hat festgestellt: An Automodellen die eigene Vergangenheit vorgeführt zu bekommen, finden inzwischen viele Vertreter jüngerer Generationen sogar kultig. "Die Besitzer des Käfers pflegen bewusst das Auto von Opa, als Kindheitserinnerung. Und das tun immer mehr", sagt Bahrke.

Der Kult beginnt pünktlich um 10 Uhr: Dann rollt das erste Gefährt von der Drosteiwiese, nachdem Bürgermeisterin Urte Steinberg die Strecke freigegeben hat. Im 30-Sekunden-Takt starten dann nacheinander weit mehr als 100 Autos zur etwa 80 Kilometer langen Tour.

Der Rasenplatz verwaist aber nicht, sobald der letzte Teilnehmer um die Ecke gebogen ist. Autofreunde können dort unterdessen viele weitere Oldtimer bestaunen. Zum Beispiel Enten streicheln, wenn auch nicht über Gefieder sondern über das Blech. Etliche Citroen 2CV aller Baujahre versammeln sich parallel zur "Pinneberg mobil" in der Kreisstadt. Bahrke erwartet auch viele BMW-, Trabant- und Wartburgmodelle. Außerdem gibt es rare Original-Ersatzteile zu kaufen.

Wer nicht nur gucken will, sondern derweil selbst am Steuer sitzt und die Pinneberg-Mobil-Tour im eigenen "Oldie" bestreitet, wird in diesem Jahr mit gemütlichen 30 Stundenkilometern Durchschnittstempo über Appen durch Feldmark und Marsch nach Wedel tuckern. Dort stoppt der Konvoi am Heimatmuseum, wo die Fahrer laut Bahrke von den Mitgliedern des Heimatvereins begrüßt werden. Und deren Trachten dürften sogar noch eine längere Geschichte haben als die Mobile auf ihrer großen Fahrt. Über Appen-Etz mit Stopp auf dem Schäferhof rollt das motorisierte Museum zurück nach Pinneberg, wo der "Asia Palast" zur Mittagszeit mit chinesischen Köstlichkeiten für die Fahrer aufwartet. Wer unterwegs eifrig Quizfragen beantwortet und sich auch ansonsten gut geschlagen hat, darf einen Pokal mit nach Hause nehmen. Nächster Halt am Nachmittag ist das deutsche Baumschulmuseum am Halstenbeker Weg. Für 15 Uhr werden die Pkw und Motorräder in der Seniorenresidenz Gut Thesdorf erwartet, wo es Kaffee und Kuchen gibt. "Für die Bewohner ist es das größte Fest des Jahres. Getreu dem Motto 'Alte Autos und alte Menschen gehören zusammen'", schwärmt Bahrke. Anschließend geht es zurück zur Drostei.

In dieser Garde der Oldtimer sind zumindest die "jüngeren Alten" wie Golf I und Käfer vielen "Pinneberg Mobil"-Besuchern wenigstens von Fotos aus dem Familienalbum geläufig. Anders könnte das am Vortag, Sonnabend, 25. Mai, sein. Dann begeben sich Fahrzeuge Jahrgang 1945 und älter auf die vierte "Pinneberg Pionier"-Ausfahrt. Mit dabei sind auch Gefährte aller Altersklassen, unter deren Blech ein ILO-Motor wummert. Der Verein Veteranen Fahrzeug Verband, weitere kleine Vereine und Verbände sowie die Gemeinschaft "Pinneberg Pionier" - ebenfalls unter Regie des Initiators - organisieren alle zwei Jahre dieses nostalgische Highlight, nach Bahrkes Worten sein "liebstes Kind". Weil der Pinneberger selbst 45 Motoren der ILO-Werke besitzt. Weil er nach der Schließung der Fabrik vor 23 Jahren einen Großteil des geschichtsträchtigen Bestands für die Nachwelt rettete. Und weil Bahrkes Herz für die Dinosaurier der Ingenieurskunst schlägt, er selbst besitzt zwölf Oldtimer - von denen allerdings die Hälfte noch zusammengebaut werden muss.

Bislang haben sich 33 Besitzer von "hochbetagten" oder ILO-ausgestatteten Motorrädern, Pkw und Lkw angemeldet, darunter Raritäten wie der luxuriöse Lagonda Zwölfzylinder, Baujahr 1938, Ford Ts aus den goldenen zwanziger Jahren, ein "Wanderer"-Motorrad, das seit 110 Jahren läuft und etliche mehr. Die Pionierparade führt ab 11 Uhr von der Drostei über Barmstedt nach Schmalfeld, wo am Gemeindezentrum Mittagessen bereit steht, weiter nach Kaltenkirchen und Alveslohe. Dann geht es nach Quickborn, wo die Teilnehmer das Treckermuseum besuchen, und wieder zurück gen Kreisstadt. Besonders freut sich Bahrke auf den krönenden Abschluss des Sonnabends, ein Abendessen in den Hallen der ILO. "Da kommt der historische Aspekt schön zum Tragen", sagt er.

Zu spät darf es an diesem Abend für die Oldtimer-Enthusiasten beim Schwelgen in Erinnerungen allerdings nicht werden. Pinneberg wird am Sonntagmorgen schließlich schon früh wieder mobil. Und das, so wünscht es sich Bahrke, gilt hoffentlich nicht nur für die alten und jüngeren Gefährte. Sondern auch für alle Generationen von Technik- und Auto-Freunden.

Schließlich ist es durchaus sehenswert, wie sich das Altern mit liebevoller Pflege aufhalten lässt. Zumindest, wenn es um Rost am Unterboden, stotternde Zweizylinder und rissige Ledersitze geht.