Der Stadtwerke-Chef zieht die Notbremse für Wedels elektrische Leihräder. Das automatische Ausleihsystem wedelecs ist auf Eis gelegt.

Wedel. Erst warteten die Wedeler monatelang auf den ersehnten Förderbescheid für die Pedelecs, dann spielte das Wetter einfach nicht mit. Und jetzt setzt die Technik das ambitionierte Pilotprojekt schachmatt. Adam Krüppel, Geschäftsführer der Stadtwerke Wedel, spricht im Abendblatt-Interview über die Probleme mit dem vollautomatischen Ausleihsystem, hohe Erwartungen, geplatzte Hoffnungen und über die Zukunft des Projekts.

Hamburger Abendblatt: Herr Krüppel, vor zehn Monaten zum Start der Elektroräder priesen Ihre Stadtwerke das wedelecs-Verleihsystem als einzigartiges Projekt an. Jetzt müssen Sie zurückrudern, die automatischen Stationen werden sogar zurückgebaut. Was ist passiert?

Adam Krüppel: Wenn man ein neues System auf den Markt bringt, hat es Kinderkrankheiten. Damit habe ich gerechnet. Dafür hat man den Vorteil, die ersten zu sein. Das einzigartige vollautomatische Verleihsystem hatte viele solcher Kinderkrankheiten, die wir versucht haben in der Winterpause zu beheben. Zahlreiche Tests haben ergeben, dass es sich dabei aber nicht um Kinderkrankheiten, sondern um gravierende technische Probleme handelt. Wir haben bis zuletzt gehofft. Doch irgendwann muss man sich entscheiden. Wir haben nicht mehr geglaubt, dass es zu beheben ist.

Woran hat es gehapert?

Krüppel: Vor allem die Software und die automatischen Boxen funktionierten nicht. Die Akkus der E-Räder waren zum Beispiel nicht aufgeladen oder es öffnete sich eine leere Box, der Kunde stand ohne Leihfahrrad da. Man kann solch ein System eben nicht von der Stange kaufen. Auf die Ausschreibung hin hat sich damals nur ein Anbieter beworben, der das System auf Wedel zuschneiden sollte.

Noch vor einigen Wochen standen Sie den Wedeler Kommunalpolitikern Rede und Antwort, präsentierten ihnen eine Bilanz der ersten wedelecs-Monate. Damals war keine Rede von den schwerwiegenden technischen Problemen, die ja schon bekannt waren. Haben Sie das bewusst verschwiegen?

Krüppel: Nein. Wir hatten damals noch nicht die Entscheidung getroffen, das Geschäft mit dem Systemanbieter abzuwickeln. Erst danach fand eine Krisensitzung mit Projektbegleitern und Juristen unseres Hauses statt. Was hilft es, etwas zu sagen, das nicht feststeht?

Wie geht es mit dem Wedeler Verleihsystem weiter?

Krüppel: Weil es automatisch nicht funktioniert, setzen wir wieder auf das Prinzip von Mensch zu Mensch. Die zwei vollautomatischen Stationen am Bahnhof und in der Moorwegsiedlung werden zurückgebaut. Am Elbe1 und der Badebucht können Kunden gegen Vorlage eines Ausweises die E-Räder zu den jeweiligen Öffnungszeiten leihen. Für die stark frequentierte Station am Bahnhof arbeiten wir an einer Lösung. Ein Geschäft wurde angemietet. Dort entsteht eine Servicestation, die mit einem Mitarbeiter besetzt wird. Von Anfang Juni an können Kunden von Montag bis Sonntag 10 bis 20 Uhr dort wedelecs ausleihen. Zudem wollen wir Regenjacken und Helme anbieten.

Das Besondere an dem Projekt gerade im Vergleich zu anderen Städten war doch, dass man die Elektro-Räder an den automatischen Stationen rund um die Uhr ohne vorherige Anmeldung ausleihen und an anderer Stelle abgeben konnte. Davon ist nicht viel übrig geblieben. Die jetzige Angebot muss man doch als Notlösung bezeichnen, oder?

Krüppel:

Es ist nicht die Ideallösung. Wir haben uns vorgewagt, um etwas Innovatives zu machen, die Elektromobilität voranzubringen. Es ist sehr schade, wenn solch eine Technik am Ende dann nicht funktioniert. Auf lange Sicht ist es aber unser Ziel, ein automatisches Ausleihsystem einzuführen.

Was hat die Stadtwerke der Spaß mit der Einführung des Ausleihsystems denn am Ende gekostet?

Krüppel: Geld. Wir werden jetzt Ansprüche gegenüber dem Anbieter geltend machen. Es geht dabei um eine sechsstellige Summe.

Die Technikpanne ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker. Unter anderem bemängeln die Mitglieder des Wedeler Fahrradclubs, dass die wedelecs wenig genutzt werden und als ÖPNV-Mittel nichts taugen.

Krüppel: Die Frage ist doch immer, in welche Relation man das Projekt setzt. Heruntergerechnet auf 33.000 Einwohner kommen wir durchschnittlich auf mehr Ausleihen als Berlin. Im Vergleich zu Hamburg sind es dann wieder weniger, aber in der Hansestadt ist die erste halbe Stunde gratis. Das muss Hamburg mit einem hohen Zuschuss bezahlen. Die wedelecs sind vielleicht mehr für den Tourismus geeignet. Aber sie ergänzen auch das ÖPNV-Angebot.

Die Stadtwerke haben für das vollautomatische Ausleihsystem sogar einen Preis eingeheimst. Müssen Sie diesen E-Award jetzt zurückgeben?

Krüppel: Nein, wir haben den Preis für das Gesamtkonzept bekommen. Außerdem muss man einen Preis, den man einmal erhalten hat, nicht wieder zurückgeben.