Musikzug Rellingen sorgt bei seinen Auftritten überall für gute Laune. Manchmal wird auch nachts geprobt

Kerstin Hatje, 36, ist ein lebensfroher Mensch. Sie unterhält sich gern - nicht nur mit Worten. "Wenn wir spielen, dann ist das wie ein Gespräch mit guten Freunden. Musik ist eine schöne Form der Kommunikation", sagt die Vorsitzende des Musikzuges Rellingen. In dem Verein, den Hatje seit 2004 leitet, geht es nicht um Tore und Punkte, sondern um die gemeinsame Freude an der schier unerschöpflichen Welt der Töne.

Dabei zeichnet den Musikzug Rellingen außer der klassischen Spielmannszugbesetzung mit Trommeln, Flöten und Becken aus, dass er zusätzlich mit Blasinstrumenten wie Saxophon, Trompete, Konzertflöte und einer Tuba musiziert.

Insgesamt kommen bis zu 15 Instrumente zum Einsatz, wenn das Repertoire von bis zu 50 Liedern die Zuschauer erfreut. Dieses ist sehr vielfältig. Ob "Biene Maya", "Pink Panther", "It`s Raining Main", "Mambo" oder "Surfing USA", ob Pop, Evergreens oder Marschmusik - der Musikzug Rellingen hat fast für jeden Anlass etwas in petto.

Und Anlässe gibt es reichlich. Umzüge, Firmenjubiläen, Empfänge, Geburtstage und Veranstaltungen oder Erntedankfest in Waldenau und Rellinger Apfelfest: Wo die Rellinger aufspielen, ist Leben in der Bude. Geführt wird der Musikzug bei Open-Air-Veranstaltungen meistens von Rainer Grosz, der als Ehrenvorsitzender und Gründungsmitglied den Zug als Stabführer dirigiert und gute Laune versprüht. Er teilt sich den Dirigentenstab mit dem musikalischen Leiter Holger Schlitte, 42, der bei Konzertveranstaltungen den Takt angibt. "Überhaupt bin ich für alles zuständig, was mit Musik zu tun hat. Das ist bei uns natürlich eine Menge", sagt er fröhlich.

Schlitte wählt gemeinsam mit dem musikalischen Berater Wolfgang Arndt und den Mitgliedern nach dem Trichterprinzip die Stücke aus, die auf dem jährlichen Übungswochenende in Heide und bei den wöchentlichen Proben eingeübt werden sollen. Dabei muss einiges beachtet werden. "Vor allem muss das Stück zur vorhandenen Besetzung passen und natürlich auch den Mitgliedern gefallen. Es braucht oft zwei bis drei Sitzungen, bis wir uns festlegen", sagt Schlitte.

Grundsätzlich vertritt er wie Hatje einen sehr offenen Ansatz. "Im Prinzip kann jeder ein Instrument lernen, wenn er sich dafür interessiert. Aber wir sind hier nicht beim Militär. Wenn es gar nicht geht, probiert man halt was anderes." Oder das eigene Repertoire wird erweitert, so wie bei Jonas Zorn, 21, der bereits die Trompete gut beherrscht, nun aber mit großer Begeisterung in die Tuba bläst. Er ist einer von mehreren Supertalenten des Vereins.

Im Zug mitmachen darf übrigens, wer nach dem Absolvieren des Anfängerkurses erfolgreich vorgespielt hat. Dann kann der Kurs gewechselt und die eigene Uniform in Empfang genommen werden. Wenn schließlich fertig geprobt ist, folgen die Auftritte. Wie dieses Jahr beim traditionellen Karnevalsumzug in Düsseldorf, als der Musikzug Rellingen mit der Startnummer null geehrt wurde und so mit den Umzug anführen durfte. Oder beim Schützenfest im sauerländischen Hemer, das der Verein seit 36 Jahren besucht. "Da haben wir zuletzt vor 2000 Leuten das Festzelt gerockt. Auf einmal konnten wir alles spielen", sagt Hatje. Aber auch die kleinen Anlässe bringen oft genug Freude. "Ich mag es besonders, wenn wir auf einem Geburtstag ein Ständchen spielen", sagt Saxophonistin Franziska Schenck. "Wenn zum Beispiel eine 90 Jahre alte Oma vor Freude weint, ist das schon bewegend."

Oft genug kommen die Musiker auch auf ungewöhnliche Ideen. Beim jüngsten Übungswochenende in der Jugendherberge in Heide kam die Truppe aus einer Bierlaune heraus auf die Idee, in einem Proberaum eine späte Konzertprobe zu geben - um ein Uhr nachts.

"Zuerst hat der Heimleiter Ralf Piel gemeckert. Am nächsten Tag, als ich mich entschuldigen wollte, sagte er mir dann, das sei das Lustigste, was er je erlebt habe", sagt Hatje.

Den Spaß, so Saxophonistin Franziska Schenck, hätten dabei Jung und Alt zusammen, da die Struktur des Clubs gemischt sei, was nicht zuletzt an der guten Jugendarbeit liege. Besonders hoch im Kurs stehe bei den vielen Aktivitäten das jährliche Zeltlager in der ersten Sommerferienwoche.

Wer also Spiel, Spaß und Freude und ein gutes Gespräch unter Freunden mit dem Mittel der Musik erleben will, der sollte beim Musikzug Rellingen unbedingt einmal vorbeischauen.