Viele tote Schaufenster in Pinneberg zeugen von Tristesse. In der Fußgängerzone steht jeder achte Laden leer. Magnetanbieter soll Fahltskamp stärken.

Pinneberg. Der erste Eindruck zählt. Wenn diese Weisheit gilt, dann lächelt die Pinneberger City als Antlitz der Kreisstadt den Besucher mit reichlich Lücken an. 15 Ladenlokale, gezählt nur im Bereich der Fußgängerzone, stehen leer. Verhängte Schaufenster und Zu-vermieten-Schilder sind seit Längerem prägende Bilder in der Einkaufsstadt Pinneberg. 15 Leerstände im Stadtkern - das bedeutet, dass 12,6 Prozent aller Geschäftsräume, die Wirtschaftsförderer Stefan Krappa in einer aktuellen Statistik aufgeführt hat, nicht belegt sind. Oder, anders gerechnet: Wer in der City bummelt, läuft auf einer Stecke von mehr als 120 Metern an toten Läden vorbei.

Bürgermeisterin Urte Steinberg sprach jüngst sogar von annähernd 20 Prozent Leerstand. Tatsächlich verschlechtert sich die Bilanz aus Pinneberger Sicht, rechnet man die noch leer stehenden Geschäfte hinzu, in denen Plakate von Verbesserung künden. Allen voran das Ladenlokal Fahltskamp 4, wo demnächst ein Kompakt-Kaufhaus der Kette Woolworth eröffnet wird. Über die Fußgängerzone hinaus geblickt, sieht es sogar noch übler aus: Sehr viele Leerstände gibt es auch entlang der Bahnhofstraße im Osten und an der Kleinen Elmshorner Straße im Westen. Bürgermeisterin Steinberg setzt in Sachen Innenstadt vor allem auf die Großprojekte von Edeka-Kaufmann Meyer und der VR Bank Pinneberg. Meyer will bis 2014 auf dem früheren Sparkassengelände an der Friedrich-Ebert-Straße einen neuen Frischemarkt bauen, die VR Bank plant den Bau einer neuen Einkaufspassage auf dem Areal ihres jetzigen Kundenparkplatzes an der Bismarckstraße.

Gekümmert hatte sich bis vor kurzem vor allem der städtische Wirtschaftsförderer Krappa ums Leerstandsmanagement. "Die Leerstände sind zu zahlreich und nicht hinnehmbar", sagt Krappa. Der Wirtschaftsförderer ergänzt aber: "Die nackte Zahl von Läden sagt nichts aus. Was wir brauchen, ist Vielfalt des Angebots." Die Kunden fragten vor allem immer wieder nach einem Elektronik- und nach einem Porzellangeschäft.

Pinneberg stehe mit seinem Problem nicht allein, in mehreren vergleichbaren Städten gebe es ähnliche Leerstände. Die Kreisstadt sei eingezwängt zwischen Nachbarorten mit Shopping-Centern auf der grünen Wiese. "Keiner hat ein Patentrezept", sagt Krappa. Für den Weggang der 600 Kreisverwaltungsmitarbeiter als Innenstadtkunden im Herbst 2011 habe es keine Kompensation gegeben.

Nach Meinung des Wirtschaftsförderers muss in viele Gebäude in der City investiert weden, um größere, modernere Verkaufsflächen und barrierefreie Zugänge zu schaffen. Die Schar der Eigentümer aber sei sehr heterogen. Sie reiche von Privatleuten bis hin zu Fonds-Gesellschaften mit Sitz im Ausland. Mehr als 100 unterschiedliche Grund- und Hauseigentümer sollen Objekte in der Pinneberger City besitzen. "Es bringt nichts, pauschal auf die Eigentümer zu schimpfen", so Krappa.

Auffällig viele Leerstände gibt es am Fahltskamp zwischen Lindenplatz und Bahnhofstraße. "An den Enden von Fußgängerzonen oder Einkaufszentren braucht man möglichst einen Magneten, sonst dünnt es dort stark aus", sagt Fachmann Krappa. Einen solchen Magnetanbieter kann voraussichtlich demnächst Immobilienverwalter Jan Christoph Kersig aus Kiel den Pinnebergern präsentieren. Kersig sagte am Montag im Gespräch mit dem Abendblatt, er sei in konkreten Verhandlungen mit einem namhaften Mieter, der die Fläche des Supermarktes am Fahltskamp übernehmen könnte, wenn Edeka-Meyer dort wie angekündigt im Frühling 2014 auszieht. Um wen es sich konkret handelt, wollte Kersig noch nicht verraten. Er glaubt aber an eine Initialzündung im Bereich Fahltskamp: "So wie die Konkretisierung der Pläne von Jörg Meyer ein Startschuss für andere war, werden wir Entwicklungen am Fahltskamp auslösen. Das folgt einer inneren Logik." Die Pläne, das frühere Karstadt-Kaufhaus am Lindenplatz umzubauen, sind indes laut Kersig vom Tisch. "Mir ist um Pinneberg nicht bange", sagt der Kieler, "es gibt hier eine eingeführte Fußgängerzone und eine gewachsene Struktur."

Ebenfalls von Amts wegen mit dem Thema Leerstände beschäftigt sich inzwischen City-Manager Dirk Matthiessen, der seit August 2012 im Amt ist. "Die Lage ist ernst, es besteht konkreter Handlungsbedarf", sagt Matthiessen. "Die Leerstände sind ein atmosphärisches Problem." Um die Atmosphäre zu verbessern, hatten Matthiessen und Mitstreiter vor kurzem erstmals leere Verkaufsflächen buchstäblich bespielen lassen: Jazz-Musiker gaben aus einem freien Geschäft heraus ein Konzert. Beim Publikum kam das gut an. An anderer Stelle sollen Bilder von Künstlern leere Geschäfte zieren. Dem Citymanager schwebt eine sogenannte Leerstands-Taskforce vor. An dieser Eingreiftruppe sollten sich auch jene Kaufleute beteiligen, deren Geschäfte gut laufen. "Eine Belebung ist im Interesse aller", so Matthiessen. Zusammen mit der Stadtverwaltung wolle das Stadtmarketing zudem eine Art Einzelhandels-Atlas für Pinneberg entwickeln. Der Nutzer soll im Internet einen Überblick über bestehende Geschäfte, Mietpreise, Parkmöglichkeiten und über verfügbare Läden bekommen.

Bürgervorsteherin Natalina Boenigk sieht die Vermieter in der City - und außerdem alle Pinneberger gefragt. "Die Immobilienbesitzer müssen sich mehr Gedanken machen, ob es hilfreich ist, wenn wir den siebten Bäcker oder noch mehr Friseurläden bekommen", sagt die Erste Bürgerin. "Aber wir alle müssen uns als Kunden an die eigene Nase fassen. Wer Branchenvielfalt will, muss eben auch seinen eigenen Bedarf vor Ort decken."