Das Flughafen-Projekt in Kaltenkirchen wird wohl zu den Akten gelegt. In Barmstedt und Lutzhorn wird das begrüßt

Barmstedt/Lutzhorn/Kaltenkirchen. Das Thema tauchte so regelmäßig in den politischen Diskussionen auf wie das Ungeheuer von Loch Ness in den Nachrichten. Doch nun scheint der Bau eines Verkehrsflughafens bei Kaltenkirchen endgültig begraben zu sein. Die norddeutschen Verkehrsminister haben sich jetzt darauf verständigt, dieses Projekt endgültig fallen zu lassen. Dabei stützen sie sich auf ein 200-seitiges Gutachten, das die Realisierung eines neuen internationalen Verkehrsflughafens in Kaltenkirchen "nicht zu empfehlen" vermag. Zudem schlagen die Gutachter vor, die 2200 Hektar Land, die der Flughafen Hamburg seit vier Jahrzehnten vorhält - darunter ein Drittel des Gemeindegebiets von Lutzhorn und Teile Barmstedts - zu verkaufen.

In Lutzhorn wird dieser Abgesang auf das Flughafen-Projekt Kaltenkirchen dennoch skeptisch betrachtet. "Ich kann mir vorstellen, dass das wieder hochkocht, wenn es erforderlich sein sollte", sagt Bürgermeister Hans-Jürgen Kublun. Zumal der Flughafen Hamburg diese Flächen inzwischen als zusammenhängendes Gebiet besitze. "Wenn es politisch gewünscht wird, hat Schleswig-Holstein ohnehin nichts zu sagen", sagt Kublun. Denn seine Anteile an Fuhlsbüttel habe das Land ja verkauft. Ein Argument, das dafür spräche, ist die Aussage eines Flughafensprechers: "Die 2200 Hektar bleiben in Flughafen-Hand."

Rückblick: Am 20. März 1957 wartete das Hamburger Abendblatt mit einer kleinen Sensation auf: "Düsen-Flughafen für Lentföhrden?" lautete die Schlagzeile auf der Seite 3. Damals hatte das Kieler Verkehrsministerium den Bau eines Flughafens für "Düsenmaschinen" an der Bundesstraße 4 angeregt. "Etwa in Höhe des Dorfes Lentföhrden will man zwei Startbahnen anlegen, die für die modernsten Düsenflugzeuge ausreichen", hieß es. Die Gedankenspiele der Kieler Planer erreichtenschon sehr bald in ein konkretes Stadium: Die 2200 Hektar kaufte die Flughafen Hamburg GmbH sukzessive auf. Die Stadt Hamburg hält heute 51 Prozent der Anteile, die Essener Hochtief Airport, eine Tochtergesellschaft des internationalen Baukonzerns Hochtief, 49 Prozent seit 2000.

Hamburgs Bürgermeister Paul Nevermann und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Kai-Uwe von Hassel hatten 1962 eine Vision: Sie wollten den "größten Zivilflughafen der Welt" bauen. Bundesverkehrsminister Seebohm kündigte 1962 während der Lübecker Verkehrskonferenz an, der Airport Kaltenkirchen werde als "Luftkreuz des Nordens" 1970 eingeweiht.

Nichts ist daraus geworden. Im Entwurf für das Norddeutsche Luftverkehrskonzept wird das Projekt nicht mehr verfolgt. Noch in diesem Jahr soll der Entwurf unterschriftsreif sein.

Schon am Tag nach Bekanntwerden der Länderplanungen reagierte der CDU-Landtagsabgeordnete Volker Dornquast mit dem verkehrspolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Hans-Jörn Arp. Beide forderten, die Option für den Flughafen Kaltenkirchen nicht zu begraben. Sie sollte elementarer Bestandteil eines tragfähigen gemeinsamen norddeutschen Luftverkehrskonzeptes bleiben.

Dieser Auffassung ist auch Eberhard von Lany, der 300 Fluglärm-Gegner rund um Quickborn in der Interessengemeinschaft Flugschneise Nord vertritt. In München sei schließlich auch irgendwann der Flughafen aus der Stadt in die Außenregionen verlagert worden. Dies könnte auch für Hamburg eine Option sein, wenn dort 2025 die Kapazitätsgrenzen erreicht sei oder ein unvorhergesehenes Unglück passieren sollte.

Ganz anders die Meinung in Barmstedt. "Ich halte es für vernünftig, dass der Flughafen Kaltenkirche jetzt endgültig aufgegeben werden soll", sagt Barmstedts Erster Stadtrat Michael Schönfelder. "Ich habe aber auch nie daran geglaubt." Für Barmstedt hatten die Flughafenpläne in Kaltenkirchen gravierende Auswirkungen. Die kleinste Stadt im Kreis Pinneberg durfte sich nicht mehr in Richtung Norden entwickeln, weil dieses Gebiet in der künftigen Einflugschneise gelegen hätte. So mussten die Schulen und Sporthallen südlich am Heederbrook gebaut werden. "Das hatte gewaltigen Einfluss auf die Stadtentwicklung Barmstedts", erinnert Schönfelder. "Die Ländereien, die dem Flughafen gehören, werden wohl nun dem Naturschutz belassen."

Begrüßt wird die Aufgabe der Flughafen-Pläne auch von Ines Strehlau, Grünen-Abgeordnete aus Halstenbek. "Ein neuer Großflughafen wäre doch ein Irrsinn. Diese Steinzeitplanung in den Landesentwicklungsplan aufzunehmen, wäre eine Rolle rückwärts der Verkehrspolitik und der Gau für die Region gewesen."