Monatelange Diskussionen. Pinneberger gründen neue Werkstatt für Behinderte im Alleingang. Schenefelds Lebenshilfewerk wird abgewickelt.

Schenefeld/Pinneberg. Sie wollten zusammen ein starkes Bündnis schmieden, gemeinsam eine neue Werkstatt für Menschen mit Behinderung gründen. Doch die geplante Allianz der einstmals so verfeindeten Lebenshilfen in Pinneberg und Schenefeld ist gescheitert. Monatelang hatten die beiden Ortsgruppen um ein Konzept für eine Beschäftigungsstätte gerungen. Das neue gemeinnützige Unternehmen sollte die Nachfolge des insolventen Schenefelder Lebenshilfewerks antreten und den 63 hier Betreuten einen neuen Arbeitsplatz garantieren. Doch nach einem kurzfristig anberaumten Krisengipfel aller Beteiligten in der Pinneberger Kreisverwaltung ist klar, dass es keinen gemeinsamen Weg geben wird. Die Auffassungen und Interessen der beiden Ortsgruppen mit gleichem Namen und unter einem Dachverband waren zu unterschiedlich.

So unterschiedlich, dass die Pinneberger jetzt lieber auf eigene Faust eine Werkstatt in Schenefeld gründen wollen. "Wir möchten eine Außenstelle einrichten", bestätigte Geschäftsführer Michael Behrens am Dienstag auf Abendblatt-Nachfrage. Allerdings werden dort nicht alle 63 Betreuten unterkommen. Etwa 40 von ihnen kommen aufgrund ihrer Behinderung dafür überhaupt in Frage. Sie beziehungsweise ihre Eltern haben jetzt die Wahl, ob sie dieses Angebot annehmen oder eine andere Werkstatt zum Beispiel in Hamburg ansteuern wollen. 18 Betreute, die derzeit in Fördergruppen untergebracht sind, bleiben unter der Federführung der Lebenshilfe Schenefeld.

Woran die angepriesene Partnerschaft am Ende genau scheiterte? Dazu wollen sich sowohl Christine Heins, Vereinschefin der Lebenshilfe Schenefeld, als auch ihr einst erwählter Kooperationspartner Behrens nicht weiter äußern. Behrens sagt dazu nur so viel: "Die Allianz ist nicht zustande gekommen, weil wir unterschiedliche Wünsche hatten." Laut Abendblatt-Informationen legte Geschäftsführer Behrens den Fokus vor allem auf die Wirtschaftlichkeit des neuen Unternehmens, während die Schenefelder versuchten, soziale Errungenschaften der insolventen Einrichtung ins neue Unternehmen hinüberzuretten.

Denn die insolvente gemeinnützige GmbH, zu dem die Gärtnerei an der Blankeneser Chaussee, die Keramikwerkstatt am Hasselbinnen und der Anzuchtbetrieb am Gremsbargen zählt, war eben keine Werkstatt, sondern firmierte unter dem Begriff sonstige Betriebsstätte. Während eine Werkstatt einen Betreuungsschlüssel von eins zu zwölf hat, kümmerten sich im Lebenshilfewerk deutlich mehr Angestellte um die Behinderten. Allerdings gingen damit auch hohe Personal- und Sozialabgaben einher, die jahrelang der Lebenshilfeverein als Haupteigentümer auffing, bis der Verein selbst finanzielle Probleme bekam. Allein die Sozialabgaben für die Mitarbeiter mit Behinderung kosteten den Verein 220.000 Euro pro Jahr, wie Werner Hatje vorrechnet.

Hatje übernahm im Sommer vergangenen Jahres die Geschäftsführung des Lebenshilfewerks, das im Oktober 2012 Insolvenz anmelden musste.

Den Job macht er ehrenamtlich. Hatje ist selbst betroffen, seine Tochter arbeitet für das Lebenshilfewerk, er ist seit mehr als 20 Jahren Vereinsmitglied. Als er den Job übernahm, hätte er sich nicht träumen lassen, dass er einmal vor einem Scherbenhaufen sitzen würde. Sein Ziel war es, so viel wie möglich von der Idee der Gründereltern und den Arbeitsfeldern des Lebenshilfewerks zu retten. Geschafft hat er das nicht.

Das Unternehmen wird abgewickelt. Der Gartenmarkt an der Blankeneser Chaussee ist seit Ostern dicht. Die wenigen verbliebenen Mitarbeiter räumen die fast schon leeren Hallen aus. Von den mehr als 100 Mitarbeitern sind noch 13 da, viele von ihnen bekamen in den vergangenen Wochen ihre Kündigung. Verkauft werden die Pflanzen jetzt direkt bei der Anzuchtstelle Gremsbargen. Doch auch damit dürfte Ende April Schluss sein. Denn dann läuft die letzte Gnadenfrist der Pinneberger Kreisverwaltung aus, die für die Betreuung der Menschen mit Behinderung verantwortlich ist und auch die Zuschüsse zahlt.

Ob und wie es an den drei Standorten weitergeht? Hatje weiß es nicht. "Es gibt keine konkreten Pläne", sagt er. Heins spricht von vielen Optionen, will aber nichts Konkretes sagen. Sowohl auf dem Areal an der Blankeneser Chaussee als auch am Gremsbargen handelt es sich um den Außenbereich, spricht kein Bauland. Klar ist auch, dass obwohl die Räume leer stehen die Pinneberger Lebenshilfe mit ihrer geplanten Werkstatt hier nicht einziehen will. "Wir suchen uns Räumlichkeiten im Industrie- oder Gewerbegebiet, die wir anmieten", erklärt Behrens.