Kicker von Union Tornesch spielen bald im Sportpark Großer Moorweg. Verein steuert dem Sieben-Millionen-Projekt zwei Millionen Euro Eigenanteil bei

Tornesch. "Dem hier weine ich keine Träne nach. Die Abrissbirne kann kommen", sagt Winfried Hamm und weist auf den Innenraum. Seit 13 Jahren, steht das Urgestein des FC Union Tornesch, 65 Jahre jung und 56 davon Vereinsmitglied, im Clubheim an der Friedlandstraße hinterm Tresen.

Über das Angebot an Getränken, die neben ihm in zwei riesigen Kühlschränken, die fast bis an die Decke reichen, lagern, kann niemand meckern. Doch wer es sich gemütlich machen will, der setzt sich auf geplatzte Polster und wackelige Hocker. Der Lampe über dem angestaubten Tischfußball-Gerät in der Ecke fehlen die Glühbirne und die Abdeckung. Hoffentlich gerät kein Finger in die Fassung. Der Fußboden mit seinen fleckigen Steinfliesen sah auch schon bessere Tage. Frisch und bunt wirken in diesem Gemäuer mit dem Charme der späten Nachkriegszeit allenfalls die Mannschaftsfotos an der Wand. Die hängen bald woanders.

Der FC Union mit seinen 280 erwachsenen und 350 jugendlichen Kickern zieht um. Vor einer Woche hat die Ratsversammlung mehrheitlich das Projekt Sportpark Großer Moorweg auf den Weg gebracht. Sieben Millionen Euro soll der Spaß kosten. Das Gelände an der Friedlandstraße steht dem gegenüber für 3,5 Millionen Euro zum Verkauf. Investoren zeigen starkes Interesse. Vermutlich entsteht Wohnraum. Das Clubhaus wird dem Erdboden gleich gemacht. Nach Vorleistungen der Stadt bleiben an den Tornescher Fußballern Kosten von 2,2, Millionen Euro hängen, die innerhalb von 19 Jahren zurückzuzahlen sind.

"Das schaffen wir", sagt Frank Mettal. Zwei Jahre lang hat sich der 48 Jahre alte A-Junioren-Coach, von Beruf Key-Account-Manager, in fast jeder freien Minute mit dem Projekt beschäftigt. "Lust auf soziales Engagement", gibt er als seine Triebfeder an. Nun drang er mit seinen Vorstellungen bei der Mehrzahl der Politiker, vor allem den großen Parteien, durch. Demnach soll die neue, 1,2 Millionen teure Soccer-Halle mit drei Spielfeldern, die auch zu einer großen Fläche verbunden werden können, dem Verein das notwendige Kleingeld in die Kasse spülen. "Im Winter wird das Interesse riesig sein, dort eine Zeit zu buchen", davon ist Mettal fest überzeugt. Er hat alles ganz genau durchgerechnet und kalkuliert. Im Sommer reichte schon eine minimale Auslastung, zumindest die Kosten zu decken. Peter Ehlers, der beim Nachbarn TSV Uetersen die erste Mannschaft trainiert, kann den ersten Spatenstich - vermutlich im Mai - gar nicht abwarten. "Diese tollen Möglichkeiten gleich um die Ecke nehmen wir an. Die gesamte Region freut sich darauf. Was sollen wir dann noch in die Verbandssport-Halle nach Jenfeld fahren?", fragt sich der frühere Profi von Rot-Weiss Essen.

Über die Trainingsmöglichkeiten auf zwei neuen Kunstrasen-Plätzen werden die anderen die Tornescher gerade bei Regenwetter beneiden - Land unter ist passé. Ein Feld mit Naturgrün darf trotzdem nicht fehlen. Eingebettet in den Komplex sind 136 Stellplätze, der Funktionstrakt mit acht Kabinen und Geschäftsstelle sowie die Gastronomie mit Vollküche, Clubraum und Terrassenbereich. Winfried Hamm wird die Arbeit dort einem Jüngeren überlassen und sich nach den Spielen der Super-Senioren selbst einmal bedienen lassen, allerdings weiterhin das Clubheim des TuS Esingen bewirtschaften. Bayern München hat die Säbener Straße und bürdete sich mit der längst nicht abbezahlen Allianz-Arena Schulden auf. Das Herz des FC Union schlägt bald am Großen Moorweg, dort wo sich neben Landwirtschaft bislang vor allem Industrie ansiedelte. "Zurzeit liegen wir noch abseits. In 20 Jahren sind wir vielleicht Zentrum, so rasch, wie Tornesch wächst", sagt Carsten Richter.

Dem Vorsitzenden des Vereins, 56, und seit 13 Jahren im Amt, ist feierlich zumute. Was sein Vorgänger Detlev Brüggemann einst andachte, wird nun Wirklichkeit. "Dies ist ein großartiger Tag", platzt es aus Richter heraus. Das liegt auch daran, dass sich bei der Bekanntgabe der Neuigkeiten etliche Gesichter von früher an der Friedlandstraße versammelt haben. Serge Haag ist dabei, der von Verletzungen gebeutelte Oberligaspieler des VfL Pinneberg. Martin Schwabe (SC Egenbüttel) und Daniel Arndt (SV Lieth) lauschen ebenfalls, was Mettal, Richter und der stellvertretende Vorsitzende Boje Feil zu erzählen haben. Die Pokerrunde bei Teamkapitän Florian Grosse gebar die Idee: "Lasst uns die Jungs, die beim FC Union groß geworden und dann abgewandert sind, ansprechen." Nun kehren auch Sebastian Hammer (VfL Pinneberg II), Jan-Hauke Fast (SV West-Eimsbüttel) und Max Bolte (Sportfreunde Uetersen) zu ihrem früheren Verein zurück. Mac Meyer und Alexander Haag sind motiviert, nach fußballerischer Pause von der Couch hoch zu kommen. Von den A-Junioren begeben sich Mark Zipp, Victor Scheuermann, Dominik Dabrowski, Finn Siemsen, Felix Kühl und Philipp Hege unter die Fittiche von Ligacoach Mirko Seitz. Der Fußball-verrückte Moorreger äußerte weitere Begehrlichkeiten: "Wir brauchen einen Betreuer und einen zusätzlichen Torwart." Carsten Richter ist wunschlos glücklich. "Mir kommen fast die Tränen, wenn ich euch alle sehe", begrüßt er die verlorenen Söhne.

Das gleicht sich dann wieder aus mit der Weigerung Winfried Hamms, den 58 Jahren des FC Union Tornesch an der Friedlandstraße nachzutrauern.