Barmstedter sammeln 600 Unterschriften gegen Lärm, Abgase der 100 Milchlaster, die jeden Tag durch die Mühlenstraße fahren.

Barmstedt. Der mit 100 Mitarbeitern größte private Arbeitgeber der Stadt Barmstedt, die Meierei, sorgt mal wieder für Ärger bei den Anwohnern der Mühlenstraße. Sie nerven der Lärm und die Abgase der täglich rund 100 Lkw, die den Betrieb mit Rohmilch beliefern und den Käse und die fertige Milch abtransportieren. "Die ortsunkundigen Fernfahrer, die zum Teil aus Osteuropa kommen, brausen durch die Innenstadt und halten sich oft nicht an die Geschwindigkeitsregeln", kritisiert Anwohner Julius Röber, der jetzt die Protest-Initiative "Mut zur Vernunft" gegründet hat. Diese formulierte einen Forderungskatalog an die Stadt, den bereits 600 Barmstedter Bürger unterschrieben haben.

"Am schlimmsten ist der permanente Lkw-Verkehr", sagt Röber, der vor fünf Jahren mit seiner Familie aus Niedersachsen in die "grüne Stadt am See" gezogen ist, wie sich die frühere Schusterstadt in Imagekampagnen gern beschreibt. Doch schnell musste er feststellen, dass die Wohngebiete immer dichter an den Industriebetrieb Meierei heranwachsen, der 2002 aus der Innenstadt nördlich der Bahnlinie auf das Gelände einer stillgelegten Konservenfabrik umgesiedelt wurde.

Die größte Butterei Schleswig-Holsteins - die Meierei macht aus 600.000 Tonnen Rohmilch jedes Jahr 20.000 Tonnen Butter, 30.000 Tonnen Käse und 70.000 Tonnen Milchkonzentrat - wuchs und erweiterte ihr Geschäftsfeld. "So nehmen Lärm- und Feinstaubemissionen ständig zu, ohne dass sich die Anwohner dagegen wehren können", kritisiert Röber. Er und seine Mitstreiter setzen ihre Hoffnung auf die bevorstehende Bürgermeisterwahl am 26. Mai. "Der Kandidat, der uns verspricht, die Verkehrsprobleme Barmstedts zu lösen, wird sofort gewählt."

Aber auch die Parteien sind es zunehmend leid, dass die Meierei ein öffentliches Ärgernis bleibt. Ein Behördengespräch im Rathaus, an dem Vertreter des staatlichen Umweltamtes aus Itzehoe teilnahmen, brachte aus Sicht der Anwohner keine Verbesserungen. So darf die Meierei zwischen 4.30 und 22 Uhr von bis zu 130 Lkw angefahren werden. Nach 22 Uhr muss Ruhe herrschen, eine Kette den Hofplatz versperren, die Fenster zu den Produktionshallen müssen geschlossen sein. "Daran halten wir uns", versichert Meierei-Chef Dirk Rowedder. Nur in Ausnahmefällen, vor allem witterungsbedingt im Winter, kämen auch mal bis 22.30 Uhr die Milchlaster. Die müssten aber dann an der Mühlenstraße stehen, weil sie ja nicht aufs Gelände dürften. "Egal, was wir machen, wir machen es verkehrt", sagt Rowedder und betont: "Wir sind mit der Stadt permanent im Gespräch."

Doch das reicht vielen Bürgern und Politikern nicht mehr. "Der eindeutige und alleinige Verursacher für diesen Ärger ist die Meierei", sagt SPD-Parteichef Hans-Christian Hansen und fordert, die Anlieferung und den Abtransport an die Öffnungszeiten der Meierei anzupassen. CDU-Fraktionschef und Bürgermeister-Kandidat Ortwin Schmidt unterstützt die Forderung der Anwohner nach einem festen Tempo-Blitzgerät an der Mühlenstraße. Aus seiner Erfahrung als Verkehrspolizist wisse er, dass dies die Akzeptanz von Tempolimits bei den Autofahrern erhöhe. Und Helmut Welk, BALL, will sogar die Meierei an den Kosten für Geschwindigkeitsmessungen und den Bau von Flüsterasphalt beteiligen.

Nur FWB-Fraktionschef Michael Schönfelder zeigt Verständnis für den größten Betrieb der Stadt. "Damals waren wir alle froh, dass wir die Meierei in der Stadt halten konnten und dass das einzige Industriegebiet, das wir haben, kein Wohngebiet wird. Das kann man doch heute nicht einfach vom Tisch wischen." Dazu Anwohner Julius Röber: "Mir würde schon reichen, wenn sich die Meierei an die Regeln hält. Das wäre fair und erfüllbar."