Borstel-Hohenraden versucht, auf einer Veranstaltung Bewerber zu finden. Bokholt-Hanredder machte es erfolgreich vor

Borstel-Hohenraden/Bokholt-Hanredder. In Pinnebergs Nachbargemeinde Borstel-Hohenraden droht die Kommunalwahl am 26. Mai auszufallen. SPD und CDU, die zurzeit neun beziehungsweise acht der 17 Gemeinderäte stellen, suchen händeringend nach Kandidaten. Darum sind alle erwachsenen Bürger, die das passive Wahlrecht besitzen, aufgerufen, am Dienstag, 12. Februar, in die Pausenhalle der Grundschule zu kommen. Dort wollen die beiden Parteien von 20 Uhr an um aktive Mitarbeit werben.

Bürgermeister Werner Moeller, SPD, sieht schwarz: "Sofern sich nicht genügend Kandidaten zur Wahl stellen, wird es am 26. Mai in Borstel-Hohenraden keine Kommunalwahl geben und unsere Gemeinde könnte letztlich ihre Eigenständigkeit verlieren." Das Horror-Szenario ist indes ein wenig übertrieben. Wenn sich nicht bis 48 Tage vor der Wahl genügend Kandidaten finden sollten - in Borstel-Hohenraden müssten es mindestens 13 sein - wird die Gemeindewahl verschoben, sagt Thomas Giebeler, Sprecher des Innenministeriums in Kiel. Den neuen Termin, spätestens drei Monate danach, lege der Kreis als Kommunalaufsicht fest. Bürgermeister und Gemeinderat scheiden automatisch zum 31. Mai aus ihren Ämtern. Ihre Aufgaben übernimmt ein Beauftragter, den ebenfalls die Kommunalaufsicht benennt. Ein Ersatz-Bürgermeister müsste somit vom Kreis zum 1. Juni bestellt werden. "Dass ein Staatskommissar eingesetzt werden musste, weil kein Gemeinderat gewählt werden konnte, gab es in Schleswig-Holstein noch nie", so Giebeler.

Dennoch ist die Politik in Borstel-Hohenraden alarmiert. CDU-Vorsitzende Jutta Heppner sagt: "Wir können ja niemanden zwingen, sich zur Wahl zu stellen. Freizeit ist heute ein sehr hohes Gut." Diese aufzugeben, um sich mit Haushaltsrecht zu befassen, die Verantwortung für Steuergelder zu übernehmen und an Fraktions- und Ausschusssitzungen teilzunehmen, wollen immer weniger. Heppner: "Der Wähler verliert die Wahlmöglichkeit."

Beide Parteien müssen jeweils 13 bis 15 Menschen benennen, die bereit sind, bis 2018 aktive Kommunalpolitik zu betreiben, sagt SPD-Gemeindevertreter Joachim Becker. Sonst bekämen die Parteien Probleme, alle Ausschüsse zu besetzen und später Nachrücker zu bestellen. Dies war zum Beispiel in Barmstedt und Tangstedt 2012 der Fall.

Bokholt-Hanredder stand vor dem gleichen Problem wie jetzt Borstel-Hohenraden - und Bürgermeister Renke Eschner, CDU, fand eine innovative Lösung. Er setzte eine Einwohnerversammlung an, zu der am 30. Januar immerhin 60 von 1289 Bürgern der Gemeinde kamen. "Ich habe ganz deutlich gemacht, was es für uns bedeuten würde, wenn wir keine Gemeindevertretung und damit auch keinen Bürgermeister haben", so Eschner weiter.

Der Appell verfehlte nicht seine Wirkung. "Wir haben eine Liste herumgehen lassen, in die sich elf Personen eingetragen haben, die Interesse an einer Kandidatur haben", sagt der Bürgermeister. Diese Personen würden nun persönlich angeschrieben und über die Termine zur Kandidatenaufstellung informiert.

In Bokholt-Hanredder mit 13 Gemeindevertretern versuchen die CDU und die Freie Wählergemeinschaft, Listen für die Wahl aufzustellen. Beide müssen jeweils sieben Direkt- und sechs Listenkandidaten finden, eine Mitgliedschaft bei der CDU oder den Freien Wählern ist nicht zwangsläufig notwendig. Die SPD tritt nach dem überraschenden Tod von Wulf Brinkmann im Jahr 2012 nicht wieder an.

Die CDU wählt ihre Kandidaten am 27. Februar, die Freie Wählergemeinschaft am 1. März. Sicherheitshalber lässt Eschner die Termine per Hauswurfsendung an alle Haushalte verteilen. "Mir müssen alles unternehmen, damit die Gemeinde aus eigener Kraft handlungsfähig bleibt. Eine Fremdverwaltung kann nicht in unserem Interesse liegen."