Bilanz: Drostei-Kuratorin Stefanie Fricke setzt trotz knapper Mittel auf Qualität, mehr Musik und Angebote für Kinder.

Pinneberg. Die Ansprüche an Drostei-Kuratorin Stefanie Fricke, 42, sind hoch. Sie soll ein vielfältiges Kulturangebot gestalten, das für Menschen aller Altersstufen und Interessenlagen im Kreis Pinneberg attraktiv ist. Das sich selbstverständlich auf erstklassigem Niveau bewegt, aber gleichzeitig nicht elitär daherkommen darf. Das alles mit einem vergleichsweise schmalen Budget. 77.000 Euro pro Jahr dürfen ihre Projekte kosten. Geht das eigentlich?

Die studierte Flötistin und Musikpädagogin, seit Februar 2012 im Amt, antwortet mit einem Lächeln. "Natürlich wünscht man sich immer, dass es mehr Geld wäre", sagt sie. Man müsse eben Schwerpunkte setzen und seine Netzwerke nutzen. "Es ist ein Balanceakt." Ihren Schwerpunkt hat Stefanie Fricke in ihrer ersten Saison eindeutig darauf gesetzt, ihr Haus attraktiver für Kinder, Jugendliche und Familien zu machen. "Ich habe mich erst mal auf die Kinder- und Jugendarbeit gestürzt", sagt sie.

Die junge Zielgruppe liegt Stefanie Fricke. Schließlich hat sie genau das seit 2006 im Auftrag der Hamburger Symphoniker getan. Bereits im Mai holte sie das Klingende Museum, die kindgerechte Instrumentenschau der Hamburger Laeiszhalle, für ein Gastspiel in die Drostei. "Vier Grundschulklassen haben sich die Ausstellung angesehen. Wir haben Nachfragen, ob wir das wiederholen können", sagt die Kuratorin. Ansonsten gestaltet sich die angestrebte Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Schulen im Kreis bislang eher zäh. Auf der Habenseite kann Fricke bislang zwei größere Veranstaltungen verbuchen: die kreativen Portraits Friedrich II. von Jugendlichen der Pinneberger Comenius-Schule während des Barockfestivals und den Sieg der Pinneberger Brahms-Schüler beim letztjährigen Hamburger Tonali-Wettbewerb.

Es war die in der Hamburger Klassikszene gut vernetzte Stefanie Fricke, die den Kontakt zwischen Tonali-Juroren und Johannes-Brahms-Schule hergestellt hatte. Mit Erfolg: Die Pinneberger gewannen. Sie vermarkteten einen Nachwuchscellisten erfolgreicher als alle Konkurrenten. Eine Ausstellung der Elmshorner Raboisenschüler für 2013 ist in trockenen Tüchern. Auch der Poetry Slam im Herbst mit acht Nachwuchsautoren und sehr viel jungem Publikum sei als Erfolg auf diesem Gebiet zu verbuchen.

"Kultur muss hoch professionell und auf einem sehr guten Niveau gemacht sein, um Kinder und Jugendliche zu begeistern." Davon ist die künstlerische Leiterin überzeugt - und mit der neuen Reihe "Drostei-Kinder-Abo 2+1" setzt sie ihr Credo in die Tat um. Zum Auftakt am Sonntag, 16. Dezember, erkunden Pianistin Teri Wheeler-Pinzolas und Konzertpädagogin Birgit Aly mit Kindern ab fünf Jahren Weihnachtslieder und -bräuche aus aller Welt. Kindgerecht moderiert wird das Konzert unter dem Motto "Apfel, Nuss und Tastenklang" von Stefanie Fricke.

Heimlicher Star der beiden anderen Konzerte wird vermutlich der schrullige Drosteivogel Rüdiger werden. Am 3. Februar moderiert das freche Schnabeltier, gespielt von Handpuppen-Profi Heike Klockmeier, mit Fricke das Gastspiel des Streichtrios Prisma, das mit Geiger Benjamin Spillner vom renommierten Ensemble Resonanz, Bratschistin Annette Hartmann und Cellistin Pirkko Laner, ehemals Hamburger Symphoniker, hochkarätig besetzt ist. Zwei Wochen darauf spielt Prisma auch ein Konzert für Erwachsene in der Drostei. Am 2. Juni steht Musik für Querflöte und Klavier von Francois Poulenc auf dem Programm der Kinder-Matinee.

"Moderierte Konzerte liegen im Trend, nicht nur bei Kindern", sagt Fricke. Heute gehe es nicht mehr nur um die Musik, sondern die Zuhörer wollten den Menschen hinter der Kunst kennenlernen.

Deshalb hat sie für Erwachsene die sogenannten Gesprächskonzerte aus der Taufe gehoben und mit dem eloquenten Musikwissenschaftler Markus Fein, langjähriger Intendant der Niedersächsischen Musiktage und ab 2014 Intendant der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, einen absoluten Vollprofi als Moderator verpflichtet. Ähnlich wie bei der Reihe "Zweimal hören" der Hamburger Körber-Stiftung geht es bei den Gesprächskonzerten darum, gerade zeitgenössische Werke besser zu verstehen. Der Auftakt mit Komponistin Sofia Gubaidulina, dem als eher scheu geltenden Weltstar aus Appen, war vielversprechend.

Mit dem geplanten Kammerkonzert des Prisma-Trios im Februar 2013 beginnt Fricke ihren erklärten Anspruch einzulösen, die Drostei auch für Musik der klassischen und romantischen Epoche zu öffnen. "Barock und Moderne bleiben natürlich die Säulen des Programms", sagt sie.

Den Anspruch, als Kulturzentrum für das gesamte Kreisgebiet auch außerhalb der barocken Drosteimauern Präsenz zu zeigen - als "Drostei unterwegs" -, hat die neue Chefin zum ersten Mal während des Barockfestivals eingelöst. Das Marais Consort gastierte in der Uetersener Klosterkirche. "Wir hatten zwar kein größeres Publikum als in der Drostei, aber ein anderes", sagt Fricke. Geduld und Fingerspitzengefühl braucht die Kulturmanagerin bei einem anderen erklärten Ziel: Der Einbindung von Sponsoren. Abgesehen von der Stiftung der Sparkasse Südholstein, dem langjährigen Hauptsponsor, hält sich das Engagement regionaler Unternehmer in Grenzen. Einzig die Bürgerstiftung der VR Bank Pinneberg unterstützt die Kinder-Abo-Reihe.