Ein Bürger will der Stadt 200.000 Euro teure Skulpturen spendieren. Politiker wollen nur das Geld, nicht aber die Kunstwerke.

Wedel. Ein riesiges Loch im Haushalt. Gewerbesteuereinnahmen in Millionenhöhe brechen weg. Abgesagte Feiern, Kürzungen und Sparbemühungen. Die Zeit, in der sich die Stadt Wedel Luxusprobleme leisten konnte, scheint vorbei. Wenn es aber um Kunst und Kultur im öffentlichen Raum geht, dann liefern sich die Wedeler Politiker Debatten, von denen andere Städte im Kreis Pinneberg nur träumen können. Ein Schlagabtausch im aktuellen Kulturausschuss hat bewiesen, dass man sich in Wedel über Kunst ganz vortrefflich streiten kann. Gleich zwei geschenkte Denkmäler sorgten für Diskussionsstoff.

Im brisantesten Fall ging es um Rindviecher. Um genau zu sein, um drei Stück. Die möchte ein großzügiger Wedeler der Stadt schenken. Nach dem Vorbild der nordrhein-westfälischen Stadt Lünen sollen die in Bronze gegossenen Ochsen in Lebensgröße an den historischen Viehpfad erinnern, der durch die Rolandstadt führte. 200 000 Euro würden die tierische Skulpturen kosten, die ihren Platz vor dem Rathaus finden könnten, so die Idee des Stifters. Doch die Geschenkidee kam nicht wirklich gut an. Hornochsen in Rathausnähe? Den Standort hielten sowohl Bürgermeister Niels Schmidt als auch die Kommunalpolitiker für unglücklich.

Zudem hinterfragten einige den Sinn. Der Ausschussvorsitzende Erhard Felske (SPD) fragte: "Was kann man denn mit solchen Ochsen am Ende anfangen?" Er plädierte für ein erlebbares Kunstprojekt, bei dessen Entstehung zum Beispiel auch Jugendliche mitwirken könnten. Gertrud Borgmeyer von den Grünen hatte gleich einen Alternativvorschlag parat und möchte Holzhörner auf die Maritime Meile stellen. Renate Koschorrek (FDP) sind "die Viecher zu groß". Allerdings könnte sie sich mit kleinen Rindern auf der Maritimen Meile durchaus anfreunden.

Ausschussmitglied Sabine Lüchau hielt dagegen. "Mit Ochsen in jeglicher Form sind wir in Wedel schon genug gesegnet", sagte sie. Sabine Lüchau muss es wissen. Als Stadtpräsidentin kommt die Christdemokratin viel rum. Außerdem ist sie seit 34 Jahren in der Wedeler Kommunalpolitik aktiv.

Bernhard Schreiter vom Förderverein für Kunst und Kultur in Lünen im Landkreis Unna kommt die Rinderdebatte bekannt vor. Der Vorsitzende des Fördervereins, der die Lünener Ochsengruppe finanzierte, sagt: "Wir haben diese Diskussion auch geführt." Allerdings vor mehr als 20 Jahren. Damals initiierte der Verein die Skulpturenaktion. Heute haben sich die Ochsen des Künstlers Ernemann Sander in der Stadt ihren festen Platz erobert.

Schreiter berichtet, dass die Skulptur sehr beliebt sei: "Die Ochsen sind das Spielgerät in Lünen. Kinder turnen darauf herum. Wo kann man sonst so günstig ein lebensgroßes Rind reiten?"

In Wedel bleibt man skeptisch. Die Politiker gaben dem Bürgermeister den Auftrag, mit dem noblen Spender in spe das Gespräch zu suchen und mit ihm in "voller Dankbarkeit zu überlegen, ob es nicht eine sinnvollere Möglichkeit gebe, das Geld zu verwenden."

Während die bronzene Ochsengruppe so gut wie gekippt ist, bleibt der umstrittene Gedenkstein der Familie von Wedel im Ristgarten an der Schulauer Straße nun doch an seinem Platz stehen. Die SPD zog ihren Antrag aus finanziellen Gründen zurück, den Stein des Anstoßes entfernen zu lassen. Etwa 5000 Euro hätte der Abbau gekostet. Den Stein vermachte die Adelsfamilie von Wedel vor kurzem der Stadt zum 800. Geburtstag. Vom Geschenk und dem Standort wusste der Rathauschef, nicht aber die Politiker. Das sorgte für Ärger. Zudem beschwerten sich Anwohner, dass der Stein die Symmetrie des Gartens störe und nicht zu der Idee passe, an den Wedeler Pastor und Dichter Johann Rist zu erinnern.

Genau deshalb blieb Detlef Murphy (Die Linke) trotz der Kosten dabei: Der Stein müsse weg. "Das ist ein unbefriedigender Zustand, der durch ein unbefriedigendes Verfahren zustande gekommen ist. Ihn aus finanziellen Gründen zu dulden, ist ein Armutszeugnis für Wedel." Trotzdem war Vita von Wedel als Vertreterin der Stifterfamilie erleichtert, dass der Gedenkstein bleibt.

Was meinen Sie? Halten Sie es für sinnvoll, dass die Stadt Wedel eine 200 000-Euro-Spende für Kunst im öffentlichen Raum ablehnt? Schreiben Sie uns per E-Mail an pinneberg@abendblatt.de