Psychisch kranke Menschen können ihren Nachwuchs auf Zeit bei Gastfamilien in Pinneberg unterbringen. Projekt der Brücke Elmshorn.

Kreis Pinneberg. Montags wird es im Haus von Tanja Petersen (Name geändert) und ihrem Mann richtig voll. Zu den fünf eigenen Kindern im Alter zwischen drei und zehn Jahren gesellt sich weiterer Nachwuchs. Die Familie hat die Patenschaft für drei Kinder im Alter von fünf, acht und zehn Jahren übernommen, deren Eltern an psychischen Erkrankungen leiden.

Neun derartige Patenschaften bestehen derzeit kreisweit, alle sind von der Brücke Elmshorn im Rahmen eines 2008 gestarteten Projektes vermittelt worden. Um die betroffenen Kinder im Alter zwischen drei und 15 Jahren nicht zu stigmatisieren, werden keine Namen von Patenkindern und Paten veröffentlicht. Trotzdem lohnt es sich, über die Arbeit der Paten zu berichten, die ehrenamtlich Gutes tun.

Wie die 33-jährige Tanja Petersen. "Ich habe mit einem Patenkind angefangen. Das Ganze hat so gut funktioniert, dass zwei weitere dazugekommen sind." Einen Nachmittag pro Woche verbringen die Patenkinder in der Gastfamilie, außerdem übernachten sie einmal im Monat dort. Bei Bedarf, etwa wenn für die richtigen Eltern ein stationärer Klinikaufenthalt ansteht, kann das Verbleiben in der Gastfamilie auch länger dauern. "Wenn irgendetwas zu Hause los ist, dann wissen die Kinder, wie sie hinkönnen. Das ist für sie eine große Beruhigung", sagt die Patin.

Anfangs seien die Kinder zurückhaltend gewesen, als sie die Gastfamilie aufsuchten. "Es hat gedauert, bis sie angekommen sind", sagt die 33-Jährige. Auch bei den richtigen Eltern sei die Skepsis groß gewesen. "Aber mittlerweile funktioniert die Zusammenarbeit reibungslos. Die Eltern haben begriffen, dass ich keine Konkurrenz für sie bin, sondern eine Unterstützung."

Die neuen Teilzeit-Familienmitglieder wurden anfangs auch von den eigenen Kindern der Petersens kritisch beäugt. "Aber mittlerweile haben sich regelrechte Freundschaften entwickelt, wir haben eines der Patenkinder sogar mit in den Urlaub genommen", sagt Petersen. Sie habe mit ihren Kindern offen darüber gesprochen, dass die Eltern der Gastkinder krank sind, dass die Kinder es nicht so gut haben wie sie selbst.

"Meine Kinder haben auf diese Weise ihr eigenes Zuhause stärker wertschätzen gelernt." Das Fazit der Patin: "Am Anfang waren die Patenkinder auch eine Belastung. Inzwischen sind sie zu einer echten Bereicherung unserer Familie geworden."

Ein Resümee, das Angela Hildebrandt-Wehrmann und Anne Gödecke gern hören. Sie arbeiten für die Brücke Elmshorn, einem Verein, der Menschen mit psychischen Handicaps unterstützt. Sie sind verantwortlich für das Patenschaftsprojekt, das über das Präventionskonzept des Kreises Pinneberg finanziell gefördert wird. "Die Kinder haben durch die Patenschaft einen Ort gewonnen, zu dem sie gern gehen. So etwas wie einen sicheren Ort, einen Schutzraum", sagen die Mitarbeiterinnen der Brücke.

Die Erfahrungen aus dem Projekt seien sehr positiv. "Es hilft den Kindern in ihrer Entwicklung weiter. Sie lernen in der Patenfamilie eine Struktur kennen, die zu Hause meist nicht vorhanden ist." Bei vielen beteiligten Kinder seien die schulischen Leistungen besser geworden. "Das Projekt trägt auch zur Stabilität der betroffenen Eltern bei, denen bisher ein soziales Netz fehlte." So berichten Hildebrandt-Wehrmann und Gödecke von einer alleinerziehenden Mutter, die für lange Zeit einmal jährlich einen Klinikaufenthalt benötigte. "Dank des Projektes ist sie so entlastet, dass sie dieses Jahr erstmals darauf verzichten kann."

Die beiden Brücke-Mitarbeiterinnen laden die Paten regelmäßig zu Patenschaftstreffen ein, um sich auszutauschen. Wer als Pate Verantwortung übernimmt, bekommt natürlich auch eine Schulung. Sechs Paten, die eine Aufwandsentschädigung erhalten, sind derzeit für die Brücke tätig. Wer Interesse an einer derartigen Tätigkeit hat, kann sich unverbindlich unter 04121/29 10 78 40 informieren.